Blog #27a, Marlene (Mai 2023, Pakistan Teil I)

Von den Emiraten nach Pakistan in Kürze

Ziel ist es nun innerhalb von ca. 7 Tagen von Sharja (VAE) via Iran die Pakistanische Grenze in Taftan zu erreichen. Wir benötigen dazu ein Fährticket für den Unimog und Passagierfährtickets. Das 7 Tage Transitvisa für den Iran haben wir nach längeren hin und her doch noch bekommen. Wegen Danis Eintrag dürfen wir den Iran nur begleitet mit Guide durchqueren. 

 

 

Da die Passagierfähre nun doch nicht fährt, buchen wir kurzfristig einen Flug nach Bandar Abbas. Bei solchen Planungen muss man flexibel sein. Nach sechs Stunden am Hafen in Bandar Abbas bekommen wir endlich den Schlüssel, das Carnet de Passage und den Unimog ausgehändigt. Todmüde und überglücklich treffen wir uns mit Masoud unserem Guide. Er führt uns innerhalb von sechs Tagen von Bandar Abbas, via Kerman, Bam nach Zahedan an die pakistanische Grenze.


Pakistan ein paar Fakten

Islamische Republik Pakistan ist ein Staat in Südasien. Er grenzt an Iran, Afghanistan, Indien und China. Eine langjährige Freundschaft liegt zwischen China und Pakistan aber mit Indien ist die Regierung arg verfeindet. 1947 wurde der mehrheitlich muslimische Teil aus Britisch-Indien zu Pakistan. Pakistan kennen wir aus den Medien vor allem wegen den Konflikten in der Kaschmir Region und den Kidnappings in Beluschistan. Pakistan wird von chronischer Instabilität geplagt und ethnisch-, religiöse Konflikte, Terrorismus und Korruption sind Probleme des Landes. Diskriminierung der Frau, Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen und Armut prägen dieses herrliche Land.

 

Es ist eines der ärmsten und wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Staaten Asiens. Gleichzeitig, was für ein Wiederspruch, verfügt Pakistan über die sechstgrösste Armee der Welt und verfügt über Atomwaffen. Der K2 mit seinen 8611 Meter ist der höchste Berg Pakistans und zugleich zweithöchste der Welt. Im Norden treffen mit dem Hindukusch, dem Karakorum und dem Himalaya die drei höchsten Gebirge der Erde zusammen. Die Temperaturen können Höchstwerte von bis zu 50 Grad im Sommer (also bald) erreichen. Es leben rund 233 Millionen Menschen auf einer Fläche von 796.095km2. Diese Fläche ist 2x so gross wie Deutschland und Österreich zusammen. Mehr als 96 Prozent der Menschen sind muslimischen Glaubens.

Die Grenze der vielen dicken Bücher

Wir sind nun nicht mehr unter Zeitdruck und können die Einreise entspannt angehen. Aufs herzlichste werden wir willkommen geheissen und bekommen herrlich kühles Wasser serviert. Im ersten Gebäude werden unsere Pässe fotografiert, unsere Namen in ein grosses Buch eingetragen und Small Talk geführt. Dani leert seine PET Flasche in einem Zuge und fragt, wo er sie entsorgen kann. Der junge Beamte öffnet das Fenster und schwungvoll wird die Flasche hinausgeworfen. Schwups, und weg ist die Plastikflasche. Aus den Augen aus dem Sinn.  

 

Kaum wieder in der Hitze werden wir von einem weiteren Mitarbeiter mit stahlblauen Augen und freundlichem Gesicht empfangen, ins nächste Gebäude begleitet und gebeten Platz zu nehmen. Pässe abgestempeln, erneut fotografieren und diverse Papiere werden ausgefüllt. Alle Dokumente (Iran und Pakistanvisa, Pässe, CdP und alle anderen notwendigen Unterlagen) werden immer und immer wieder fotografiert. Alle Daten werden in ein grosses, dickes Buch eingetragen. Es hat sogar ein Arbeitsplatz mit einem ca. zehn Jahre alten PC. Hier wird nicht nur auf digitale Infrastruktur vertraut, dicke Bücher als Backup sind unersetzlich. 

 

Wir müssen nun mit dem Auto zum Ausgangsgate fahren. Dort werden unsere Dokumente wieder abfotografiert, geplaudert und lauwarmes Cola getrunken, denn wir müssen hier auf den Polizeischutz warten. Die Levis, wie unser Begleitschutz heisst, ist eine Paramilitärische Einheit die zum Schutze der Touristen an der Grenze stationiert ist.

 

 

Der Levi kommt auf seinem Motorrad angebraust, wir folgen ihm. Im Zollgebäude werden wir erwartet und mit offenen Armen empfangen. Wiederum wird uns ein Formular und Kugelschreiber in die Hand gedrückt. Im Büro, in dem wir sitzen, hat es etwa 500 blaue Ordner und hunderttausende Unterlagen liegen in Regalen rum die unter der Last zusammenbrechen drohen. Die Zeit ist hier stehen geblieben und das digitale Zeitalter noch in weiter Ferne. Es wird alles von Hand ausgefüllt und auch hier in dicke Bücher übertragen. Die Computer sind aus dem letzten Jahrhundert und die Pulte/Bürostühle in desolatem Zustand. Aber das ist so egal, denn die Herzlichkeit überstrahlt einfach alles. Nun müssen wir noch ins Büro vom Carnet de Passage Chefbeamten. Ihr ahnt was folgt, es wird wieder alles abfotografiert, dann bekommen wir das gelbe wichtige Dokument gestempelt retour in die Hand gedrückt.


Lunch mit dem Head of Customs Office

Der Head of Customs Office betritt den Raum, es ist Lunchtime. Er lädt uns zu ihnen in die Zollkantine zum Mittagessen ein. Habt ihr schon mal am Zoll gegessen? Wie immer werden wir nach unserem Glauben, Zivilstand und Anzahl Kindern gefragt. Mit nur einem Kind werden wir oft etwas mitleidig angesehen und sie können sich ein Leben ohne Grossfamilie nicht vorstellen. Doch, mir ist es wohl mit einem Sohn und ich bin dankbar haben wir die Chance bekommen, einen tollen jungen Mann ins Leben entlassen zu haben. 

Das Koch Team aus Bangladesch wird uns vorgestellt und wir geniessen leckerstes Essen in witziger Gesellschaft der Beamten. Sie erzählen uns, dass es hier in Belutschistan Goldminen gibt diese aber in Kanadischen und Chinesischen Händen befinden und sich diverse andere Länder an ihren Bodenschätzen bereichern. Sie versichern uns auch, dass die Region absolut sicher ist und vieles nur schlechte Propaganda sei. Etwa 100km von hier wurde ein Schweizerpaar vor 12 Jahren gekidnappt und für viele Wochen gefangen gehalten, bevor sie fliehen konnten. Aktuell gibt es immer wieder Scharmützel und Bombenanschläge verursacht durch die Taliban. Vor einigen Tagen gab es ein Attentat auf Polizisten, welche Polioimpfungen verabreicht haben. Die Taliban sind gegen die Impfung da sie befürchten, dass die Menschen dadurch unfruchtbar werden. Leider ist Kinderlähmung hier immer noch verbreitet und die Fälle nehmen gerade aktuell wieder zu.

 

Die Beamten arbeiten, so erfahren wir, 2 Monate am Stück an der Grenze Taftan und haben danach wohlverdienten 10 Tage Kurzurlaub. Diese nutzen sie um ihre Frauen, riesigen Kinderscharen und Verwandten zu besuchen die alle quer übers Land verteilt wohnen.

 

Mit den vollständigen Dokumenten in der Hand und dicken vollen Bäuchen, werden wir draussen wiederum von einem Levi empfangen. Wir kurven hinter einem Motorrad durch das Dörfchen in die Polizeistation. Wir verbringen die Nacht hier. Ich bin froh, dass wir im Auto schlafen können. Der angebotene Teppich in einer Baracke sieht nicht sehr einladend aus. Morgen in aller Früh soll unsere Eskorte losfahren in Richtung Quetta. Wir schauen dem nächsten Tag entspannt entgegen und sind guter Dinge. 


Tag 1 mit den Levies

Um 07:00h werden wir geweckt und pünktlich um 07:30h verlassen wir eskortiert die Polizeistation. Einige Strassenkreuzungen später treffen wir den Rest der Gruppe die mit uns ins 650km entfernte Quetta fahren. Es ist eine Gruppe von Engländern mit pakistanischen Wurzeln. Sie sprechen perfekt Urdu, was sehr hilft. Wir sind nun vier Fahrzeuge, zwei Range Rover ein Bentley und wir. Wir erwähnen, dass wir nicht schneller als 90km/h fahren können. Der Bentleyfahrer bestätigt mit einem Daumen hoch.

 

Nun gut, das erste Mal links Verkehr, schlechte enge Strassen und teilweise happige Sandstürme machen die Fahrt nicht gerade einfach. In unterschiedlichen Abständen folgenden nun unzählige Check Points. An jedem werden unsere Namen erneut in dicke Bücher eingetragen. Zudem bekommen wir jeweils eine neue Ablösung, die uns begleitet, wenn sie dann bereit ist. Es ist ein Glücksfall, dass wir die coolen Jungs aus London dabeihaben. Wenn unsere Levi-Ablösungstruppe noch nicht anwesend ist, so machen sie Druck und wir können teilweise alleine los, um nicht wertvolle Zeit zu verlieren. Ist das Begleitfahrzeug an der nächsten Ablösung nicht sofort zu Stelle, wird manchmal der Uniformierte in den Bentley geladen und los geht’s. Die pragmatischen Lösungen gefallen uns  – den Levies offensichtlich auch.

 

Kurz vor Quetta entlassen uns die Levies aus ihrer Obhut und wir quälen uns nach 13 Stunden Fahrt, endlich alleine, durch die engen Gassen der Grossstadt. Die unbefestigten «Strassen» ohne Beleuchtung teilen wir mit Fahrrädern, gefühlten 3000 Motorradfahrern, Autos und Rikschas und nicht endenden Menschenmenge. Wir pflügen uns durch das bunte, laute und chaotische Treiben in den immer enger werdenden Gassen. Die Fahrzeuge haben oft kein Licht was es nicht einfacher macht. Am Ende sind wir einfach nur dankbar haben wir keine Marktstände, Fussgänger oder sonstiges umgefahren oder mitgenommen. 

 

Wir kommen verschwitzt, erschöpft und hungrig im Hotel Bloom Star an. Jeder Tourist wird aus Sicherheitsgründen in diesem Hotel einquartiert. Dani begutachtet die Einfahrt ins Hotel. Optisch scheint das Tor ein paar Zentimeter zu niedrig zu sein. Das Messen mit den Doppelmeter bestätigt unser Gefühl. Es sind 15 Zentimeter. Ich bin den Tränen nahe und fuchtle hilflos mit den Händen rum. Bin gerade nicht brauchbar und einfach nur noch erschöpft. Dani mit seiner Ruhe und Energiereserven meint, wir können versuchen die Luft aus den Reifen lassen. 

 

 

Mit praktisch platten Reifen fahre ich im Schneckentempo in die Hoteleinfahrt. Die Strasse ist schmal und wir blockieren den ganzen Verkehr, was zu einem Hupkonzert führt und es für uns nicht entspannter macht. Das Dümmste was wir machen können, ist stressen. Dann passiert uns mit Sicherheit ein Fehler, also tief atmen und das Ding zwischen den Ohren nochmals hochfahren. Dani stellt sich auf die herausklappbaren Treppenstufen die aufs Dach führen. So kann er genau sehen ob es passt. Dabei muss er aufpassen, dass er an den Betonverstrebungen nicht noch seinen Kopf anstösst. Gefühlt 50 Männer schauen uns dabei zu, rufen und winken mit den Händen. Mein linkes Bein zittert auf der Kupplung heftig vor lauter Anspannung oder Müdigkeit. So ruckle ich langsam unter dem Dach durch. Wir schaffen es in den Innenhof und es gab «nur» einen Kratzer am Fensterrahmen. Wir sind am Limit und unsere Batterien komplett leer. Noch schnell was Essen und ab ins Bett. Wir können im Camper schlafen. So mental und körperlich erschöpft war ich noch selten in meinem Leben. Vielleicht macht sich da auch das Alter bemerkbar, dass wir nach so einen Tag echt total erledigt sind. Normalerweise wird die Stecke von Taftan nach Quetta in 2 Etappen gemacht und wir wissen nun auch weshalb.


Im Hotel eingesperrt

Die nächsten zwei Tage verbringen wir geschützt im Hotel, welches wir ohne Levis nicht verlassen dürfen. Am Wochenende geht hier in der Stadt nix und wir müssen bis am Montag warten bis wir begleitet durch Levis unsere Bewilligung zur Weiterfahrt beantragen können. Wir sind gerade sehr froh über die Pause und geniessen die Ruhe im Garten (das einzige Geräusch sind Männer die ihren Rotz aus der Lunge in den Mund befördern und ausspucken). Eklig und befremdet aber hier wohl eine normale Entsorgung des Schleims. Jungs, weniger Rauchen könnte helfen. Zu unserer Freude hat es vier kleine Kätzchen, welche um uns herumstreichen. Klar, sie wissen, dass es Futter gibt.

 

Heute Abend kaum im Bett knallt es laut. Eine Detonation in unmittelbarer Nähe. Einige Zeit später heulen Sirenen am Hotel vorbei. Dani kriecht nochmals aus dem Bett und erkundigt sich was passiert ist. Eine Gasflasche ist offenbar explodiert und ein Mensch ist verletzt worden. Beruhigt fallen wir in einen komatösen erholsamen Schlaf.

Pünktlich um Neun stehe ich in der Lobby. Der Besitzer des Hotels ruft die Levis an welche uns heute in die Stadt begleiten. Wir müssen eine Bewilligung für die Weiterreise einholen und das nächste Ziel angeben. SIM Karten besorgen und an den Geldautomaten. Wir hoffen, dass wir heute unser «Gefängnis» hinter uns lassen und am Nachmittag Quetta verlassen. Den Levis sind unsere Anliegen egal und sie lassen auf sich warten. Erst als wir an der Rezeption mitteilen, dass 3h warten nun reicht und wir eine Rikscha nehmen, kommen sie angebraust. Nach weiteren 3 Stunden sind wir wieder retour und an eine Weiterreise ist nicht mehr zu denken.

 

 

Widererwartend pünktlich stehen die Levis heute Morgen vor der Einfahrt. Wir lassen wieder Luft aus den Pneus und ich rolle kontrolliert und langsam aus der Einfahrt. Wir nehmen etwas Gips von der Decke mit aber unserem Autodach ist nix passiert. Nach einigen Minuten Fahrt, landen wir wieder im Büro von gestern. Wir benötigen offenbar weitere Dokumente. Wir müssen den Ablauf ja nicht verstehen und uns dem einfach hingeben. Wir können es weder beschleunigen noch ändern.


Weiter mit den Levies

Nun endlich geht es endlich weiter! im Schneckentempo verlassen wir die laute, dreckige und farbenfrohe Stadt Quetta von der wir nur einen Bruchteil gesehen haben. Es liegen 590 Kilometer vor uns und in diesem Tempo werden es lange mühsame Kilometer. 

 

Ich fasse die eskortierten 2 Tage zusammen, denn letztendlich haben wir zweimal dasselbe erlebt. Es sind mühsame, anstrengende Tage, in denen wir oft in Gewehrläufe blicken und nicht wissen, ob das nun sicherer ist als alleine zu Reisen. Wir lernen etwa 60 verschiedene (gefühlt waren es tausende!!)  Levi und Polizeiablösungen und Stationen kennen. Das Prozedere ist immer exakt gleich und ich verstehe nicht, wieso sie dies nicht digital an alle Stationen mailen können. Sie kennen ja die genau Route die wie zu fahren haben. Das digitale Zeitalter hat die Polizeistationen, die oft aus Hütten bestehen, noch nicht erreicht. Eigentlich ja sehr sympathisch und genau das wir ja auch erleben möchten. Aber gerade wäre ich einfach froh, es würde etwas schnell gehen und die Wechsel wären organisierter, schneller und professioneller. Dani verliert vielleicht 2 bis 3x die Nerven und ich ein duzendmal mehr.

 

Ich bin auch nach 3 Jahren Reisen leider immer noch nicht immer in der Lage solche Situation gelassen hinzunehmen. Liegt es an meiner mentalen Stärke, an meinen italienischen Genen, dass mir die Gelassenheit teilweise fehlt? Ich werde weiter an meiner Gelassenheit arbeiten und versuchen die Ruhe eines Buddhas zu erreichen oder wenigstens die souveräne Art von Dani welcher zwar auch Ausraster hat aber weniger als ich.

 

Als wir dann nach Stunden und zig Ablösungen mit 25 km/h hinter einem Jeep über die Landstrasse schleichen hat es mir alle Sicherungen rausgehauen. Ich bitte Dani anzuhalten und steige aus dem Auto. Sie drehen um, als sie bemerken, dass wie stehen geblieben sind. Ich versuche den Lewis klar zu machen, dass das nicht akzeptabel ist. Entweder ein schnelleres Auto kommt oder einer steigt ins Auto rein und wir fahren zügig los. Der Levi möchte nicht einsteigen, denn er weiss nicht wie er dann retour kommt. Er darf gerne auf seinen Kumpel warten der mit 25 km/h irgendwann an der nächsten Station ankommt. Nach einigen hitzigen Diskussionen sitze ich hinten in der Kabine und es geht weiter.

 

Wir sind jeweils mehr als 10 Stunden unterwegs gewesen. Schlafen mussten wir erneut in Polizeistationen, was sich schlimmer anhört als es ist. Wir stehen im grünen Garten und können beruhigt Schlafen. Die ganze Eskorte ist für uns kostenlos und wir sind extrem dankbar dafür. Es ist aber einfach auch ultraanstrengend immer so langsam zu fahren und so oft einfach nur in der Hitze zu warten bis die Ablösung kommt. Sollten ihr je dieselbe Prozedur absolvieren, so seid reichlich mit Essen und Getränken ausgestattet. So können die Pausen doch wenigstens für dies sinnvoll genutzt werden.

 

Leider hatten wir keine Gelegenheit die ersten Eindrücke des Landes zu fotografieren. Die Bilder aus dem Auto werden einfach nicht so gut. In Belutschistan sind die Frauen komplett in sehr farbenfrohe Kleider gehüllt, Ihre Augen blicken durch einen geknüpften Garn Vorhang und es ist keine Haut sichtbar. Sie tragen oft riesige silberne Schalen oder in Tücher eingewickelte Gegenstände auf dem Kopf. Die Felder werden von Hand oder mithilfe von Wasserbüffeln bestellt. Wir sehen Mais, Reis und Sonnenblumenfelder. Aprikosen, Mango und Apfelplantagen und sonstiges Grün wird kultiviert. Kinderarbeit und Armut sind gut sichtbar und etliche bettelnde Menschen säumen die Strassen. Wir müssen schnell einen Weg finden diese Bilder mental verarbeiten zu können. Wie, wissen wir noch nicht aber wenn wir dies nicht können, müssen wir erst gar nicht nach Indien. Da wir bisher noch nicht gross in Kontakt mit de Bevölkerung kamen, wissen wir noch nicht wie wir das managen. Kommt Zeit kommt Rat. Die Strassen sind oft in miserablen Zuständen, die Löcher so tief wie Badewannen. Jeder Strassenteilnehmer würgt sich in jede Lücke rein und es wird gehupt, gedrängelt und überholt egal ob man was sieht oder nicht. Allah wird’s schon richten. Dani passt sich dem Fahrstiel unglaublich souverän an. Ich habe keine Chance hier zu fahren und fast die ganze Strecke bleibt auf Danis Schulter hängen.

 

Ein grosser Moment ist die Überquerung des Indus. Die schmale Brücke über den braunen breiten Fluss teilen wir uns mit so unglaublich vielen Fahrzeugen. Die bunten Lastwagen sind komplett überladen mit Steinen, Holz oder Tieren und es stehen viele Tonnen auf der maroden Brücke. Wir quälen uns unerträglich langsam über das brüchige Teil. Zwischenzeitlich blicke ich durch quere Risse auf die Stahlverstrebung und direkt in den Fluss. Es ist eine Frage der Zeit bis das Bauwerk mit all den bunten, klingelnden Fahrzeugen in die Tiefe stürzt. 

 

 

Auf der Schnellstrasse, ich habe mich das erste Mal ans Steuer gewagt. Die Eskorte, welche wir immer noch am Hals haben, überholt und das Tempo angegeben. So konnten wir die letzten 190 Kilometer in unserem Reisetempo zurücklegen. Auf unsere Fragen wie lange sie uns noch begleiten, kriegen wir immer ganz viele unterschiedliche Antworten und so hoffen wir jedes Mal aufs Neue, dass es die letzte sein wird. Aber weitgefehlt, die neue Eskorte wartet winkend immer bei der neuen Autobahneinfahrt.


Hussain unser Kontakt in Sheikhupura

Kurz vor dem heutigen Ziel Sheikhupura, wo unser Reiseagent Hussein lebt, möchten sie in einer Raststätte noch Einkaufen gehen. Wir nutzen den Halt um einen Fahrerwechsel vorzunehmen und teilen ihnen mit, dass wir nicht warten und düsen ab. Wir sind das erst mal ohne Polizei oder Levi unterwegs. Wir lange wohl? Wir mussten für das pakistanische Visum eine Agentur beauftragen die uns eine Einladung sendet. Hussain ist unser Partner und wir werden von ihm und seiner Familie erwartet. Kurz vor seinem Haus noch schnell auf den Stuhl stehen und mit dem Besen das Kabel anheben und schon stehen wir in seinem Garten. Er hat hier einen grossen Parkplatz vor seinem Haus der rege von Overlander genutzt wird die wie wir, eine Pause brauchen. Nach einer Dusche einem feinen scharfen Daal geht’s ab in die Heia. Wir hoffen, dass wir ab morgen allein Reisen können, denn Belutschistan liegt hinter uns und wir sind in der Punjab Region, welche als sicher gilt. 

 

Leider ist Hussain heute abwesend. Ein italienscher Motorradfahrer hatte einen Unfall und hat beide Hände gebrochen. Er organisiert den Transport vom Patienten und Motorrad nach Islamabad, in die Hauptstadt. Leider ist auch hier in de Region Lahore, wo wir gerade sind, ein brasilianisches Paar ebenfalls mit dem Motorrad verunglückt. Auch hier unterstützt er die Verlegung von einem öffentlichen in ein privates Spital und bespricht mit dem Arzt die vorzunehmenden Operationen und organsiert alles für die Betroffenen. Motorradfahren ist grundsätzlich gefährlich auch in Europa. Hier in Pakistan ist das Risiko mit einem Zweirad zu verunglücken nochmals massiv höher.

 

Wir besprechen am Abend zusammen mit Hussain unsere Weiterfahrt in den Norden. Wenn wir mit Pakistanis über die Sicherheit im Land sprechen, versichern uns die meisten, dass es sehr sicher ist im Land. Wenn man dann nach dem geeigneten Weg fragt, kommt oft ein Hinweis zu Strecken die man aus Sicherheitsgründen besser nicht befahren sollte.  

Treffen mit Adeel dem Mogfather

Mittlerweile sind wir bei Adeel, einem smarten Unimog Besitzer und Restaurator alter Fahrzeuge, in Lahore eingetroffen. Deedee wie ihn Freunde nennen, hat im deutschsprachigen Raum der Overlander, Berühmtheit erlangt durch einen Bericht über ihn im deutschen Explorer Magazin.  Dani und Adeel sind seit Jahren Instagram «Freunde». Social Media hat auch seine guten Seiten. Er ist der pakistanische «Mogfather», so beschrieben im Explorer Magazin. Er führt uns abends in die lahorische scharfe aber sehr leckere Küche ein. Wir geniessen feinsten Street Food und lauschen seinen spannenden Geschichten über Pakistan. Wir dürfen sein Haus mitbenützen als wären wir alte Freunde und ich darf netterweise in seiner Küche kochen.

 

Ein Birchermüsli gibt es heute anschliessend an ein hartes und vielfältiges Krafttraining im lokalen Fitnesscenter. Ein Center von dieser Grösse und der Anzahl Geräten habe ich noch nie gesehen. Es ist ein UFA Center und ein Traum für jeden Kampfsportler. Lucas Herz (er macht seit vielen Jahren Kampfsport) schlägt höher als wir ihm die Fotos senden. Ob wir morgen noch Laufen können? Spannend ist auch, dass ich mit den Jungs zusammen trainieren kann obwohl es einen abgegrenzten separaten Trainingsraum nur für Frauen gibt.

 

Abends eine Rösti mit Spiegelei und frische Chaunsa Mangos zum Dessert. Es ist gerade Mango Saison und wir haben noch nie so viele verschiedene Sorten gesehen noch gegessen. Ultralecker und so reif, dass der Saft bei schälen nur so durch die Finger tropft. Es gibt auch ganz Kleine die man in Eiswasser legt, danach fest knetet bis sie weich sind. Die Haut wird danach eingeritzt und der Saft direkt in den Mund gedrückt. Wir essen gerade so viele der gelborangen Früchte, dass wir sie wohl am Ende zu den Ohren rauskommen.

 

Dani hat in der Zwischenzeit einen lokalen Bergführer kontaktiert. Wir möchten eine mehrtägige Tour in die hohen Bergen Pakistans absolvieren. Die Offerte ist uns aber leider zu teuer und würde unser Budget zu sehr belasten, wir sagen ab. Kaum ist die Message per WhatsApp weg fragt er, was wir dann bezahlen würden. Wir reagieren nicht unmittelbar und warten ab.  Die neue Offerte am nächsten Tag beträgt noch die Hälfte, pakistanischer Bazar. Ein guter Preis aber wir warten dennoch mal ab. Nichts überstürzen haben uns die letzten Monate gelernt. 


Lahore, kulinarisch und historisch eine Reise wert

Am Sonntagmorgen um sieben starten wir zu dritt unsere Lahore Stadtbesichtigung. Adeels Familie weilt zurzeit im Urlaub. In Lahore leben rund 10 Millionen Menschen. Erstaunlicherweise hält sich die Verkehrsdichte in Grenzen. Nicht jeder besitzt ein Auto. Nach einer Stunde Fahrt, erreichen wir den alten Stadtteil, in dem es das beste Lassi geben soll. Dani und Adeel stehen über 30 Minuten an um das ganz offenbar heissbegehrte Getränk zu erhalten. Vor dem beliebtesten Lassi Stand starren uns die wartenden Kunden neugierig an. Hierhin, mitten in die schmalen Gassen verirren sich wohl selten Touristen. Das Roti (Fladenbrot) mit dickem Jogurt, dass wir zuerst geniessen sieht etwas komisch aus, schmeckt aber ultralecker. Bin gespannt, ob das Lassi da mithalten kann. Es kann und wie! Das Warten hat sich gelohnt. Lassi ist ein probiotischer Jogurt Drink der gerne im Sommer getrunken wird. Oft werden etwas Zucker sowie Kardamom, Safran und Rosenwasser zugefügt. In der nördlichen Region Punjab, wo wir uns aktuell aufhalten, wird der beste Lassi hergestellt. Nun, so geht es den ganzen Tag weiter und wir kauen permanent irgendetwas leckeres.

 

 

Weiter geht’s mit den Sehenswürdigkeiten Lahores. Das Lahore Fort ist eine kunstvolle Festung aus der Mogulzeit mit etlichen verzierten Palästen und Pavillons. Gleich daneben steht die wunderschöne imposante rötliche Badshahi-Moschee. Die aus rötlichen Sandsteinen erbaute Moschee ist gut besucht. Am Eingang, wie in jeder Moschee, müssen wir die Schuhe ausziehen und abgeben. Nun wird es eine heisse Angelegenheit, denn der Boden ist von der Sonne so stark aufgeheizt, dass man sich fast die Fusssohle verbrennt. Wir folgen zügig den hellen Stellen am Boden und den teilweise verlegten Teppichen. Nach dem intensiven Tag und ohne Abendessen, verziehen wir uns in unsere Box. Eine Netflix Serie verkürz uns den Abend. Allerdings hat der heutige Tag Spuren hinterlassen und alsbald fallen uns die Augen zu.  


Aufwiedersehen Deedee

Am nächsten Morgen, es ist unser Abreisetag, lesen wir im Tagi einen Artikel über klimafreundliches Anbauen von Reis in Pakistan. Helvetas, eine Entwicklungsorganisation aus der Schweiz, begleitet das Projekt. Wir erwähnen dies hier, da wir später auf das Thema nochmal zurückkommen. Reispflanzen werden normalerweise in mühseliger Arbeit in der prallen Sonne kauernd von Hand eingepflanzt. Helvetas schult die Bauern im Umgang mit Pestiziden, Traktoren und leert sie eine wasserärmere und energieschonendere Anbauweise. Zum Artikel: Link

 

Wir verabschieden uns heute von unserem neu gewonnenen Freund. Der Abschied ist temporär, denn wir vereinbaren uns bei der Ausreise nach Indien nochmals zu treffen. 

Die schönsten Brummis der Welt

Wir bestaunen die wunderschönen geschmückten und sehr buntbemalten Lastwagen, die hier das Strassenbild prägen. Die rollenden Kunstwerke sind eines der wohl meist fotografierten Sujet Pakistans. Es sind die schönsten Brummis die ich je gesehen habe.

 

Die knallbunten Lastwagen sind mit Blumen, Augen, Gesichtern und /oder Tiermotiven bemalt und reichlich mit Glocken, Kettchen und sonstigem geschmückt. Der angesehene Beruf des Lastwagen-Malers hat einen hohen Stellenwert. Wer mag es nicht, wenn die LKWs klingen und leuchten. Gerne würde ich eines der Symbole auf unserem LKW anbringen. Ist allerdings nicht erlaubt – Dani streikt.

 

Egal welches Fahrzeug hier über die Strasse rollt ist überbeladen. Auf dem Motorrad sitzen 6-köpfige Familien. Das Baby liegt bei irgendjemanden auf den Beinen und er Vater kurvt die Familie wo hin auch immer. In allen Dimensionen sind die fahrbaren Teile überladen. Geht nicht, gibt es nicht! ob das auch unser Motto sein sollte, was meint ihr?

 

 

Auch ein noch nie erlebtes Phänomen sind die mehrmals täglichen längeren Stromunterbrüche. Dani ist heute im Restaurant im WC im stockdunkeln gesessen und musste dort ausharren. Das Handy hatte er auf dem Tisch gelassen, was soll er auch auf dem Klo damit. Die Bevölkerung nimmt diese Unterbrüche sehr gelassen und ist vorbereitet.


Eine unruhige Nacht mit versöhnlichem Abschluss

Auf unserem Weg in den Norden haben wir eine Nacht auf einem bewachtem Autobahnrastplatz verbracht. Eine denkbar schlechte Idee. Es ist während der ganzen Nacht Betrieb hier an der «Raststätte». Es parken etliche Lastwagen hier. Einige Fahrer «schlafen» auf dem Fahrersitz, andere auf oder neben der Ladung, wieder andere fahren hupend oder mindestens mit lauter Musik an der geparkten LKW-Kolone vorbei. Vereinzelte Fahrer diskutieren lautstark miteinander. Rücksicht auf die Rastenden? Fehlanzeige! Es scheint sich allerding ausser uns niemand zu echauffieren.  

 

 

Am Morgen, müde und mit kleinen Augen starten wir unseren Dieselmotor. Wir sind in einem kleinen Dorf zum Frühstück eingeladen. Walid, den wir gestern auf dem Rastplatz kennengelernt hatten, lebt hier mit seiner Oma, welche in der spartanischen Kochnische ein leckeres Zmorge auf die Teller zaubert. Die Dorfbewohner bestaunen uns, als ob wir vom Mond kommen würden. Einige von ihnen sehen vermutlich zum ersten Mal einen Weissen live. Wir schlendern in Ruhe durch die engen Gassen und werden den Bewohnern vorgestellt. Wir beäugen, Tabak, Reis und Zuckerrohrfelder und die riesige Herde Wasserbüffel und lernen den Frisör kennen. Sein «Salon» befindet sich im Eselstall und er stutzt gerade einem Kunden den Bart zurecht. Auch wir staunen Bauklötze über die Dinge die wir hier zum ersten Mal live sehen.


Himalaya Salzmine

Nach einer sehr herzlichen Verabschiedung geht’s für uns weiter zur Khewra Salz Mine. Es heisst, es ist die grösste Himalaya Salz Mine der Welt. Hier werden wir von Niwa empfangen. Er ist ein Freund von Adeel und handelt für uns den Eintrittspreis aus. Wir starten den Rundgang in einer alten elektrischen Stollenbahn und begeben uns tief in den Berg. Nach einigen Minuten Fahrt sind wir vom rosaschimmernden Salz umgeben.

 

Der gesamte Tunnel besteht aus Salz. Selbst die Luft ist salzhaltig, welches sich an der eigenen Haut festsetzt. Die Mine besteht aus 11 Etagen welche tief unter der Erde liegen. Im vierten Mienenschacht ist eine Asthmaklinik eingerichtet. Asthmapatienten können hier eine 10-tägige Kur absolvieren. Die Kranken verbringen täglich mindestens 10 Stunden im Tunnel und atmen die salzhaltige bakterienfreie Luft ein. Ein beklemmendes Gefühl so tief unter der Erde so viel Zeit zu verbringen. Im Souvenir Shop decken wir uns mit den rosafarbigen Salzsteinen ein. Wir könnten hier hübsche Salzlampen und sonstige Deko kaufen. Wir haben kein Platz also lassen wir es. Das Salz ist hier sehr preiswert so Nahe an der Quelle und unser Vorrat ist wieder für einige Zeit abgedeckt. 

 

 

Kaum draussen, kommt Niwa angebraust begleitet von seiner Familie. Er kommt mit einer riesigen Früchteschale auf uns zu und möchte uns noch zum Lunch einladen. Wir beissen herzhaft in die köstlichen Früchte aber Mittagessen lehnen wir dankend ab.


Es ist uns zu heiss

Heute würden wir noch gerne bis nach Islamabad kommen. Der Weg über die Hügel zieht sich in die Länge, denn die Strassen sind von den langen Wintern und dem vielen Wasser gezeichnet und in einem entsprechend miesen Zustand. Durch die engen Dörfer hupen wir uns den Weg frei und geniessen den ergiebigen Regen. Wir hatten schon so lange keinen Regen mehr gesehen, gefühlt oder gerochen. Die Strassen werden innert kurzer Zeit überflutet und braune Bäche fliessen uns entgegen. In Islamabad stellen wir uns in einen öffentlichen Park und schlafen ungestört. Die Stadtbesichtigung lassen wir weg, obwohl wir nur gutes gehört haben. Ist einfach viel zu heiss. Die kühlen Berge im Norden rufen uns laut.

 

Nach einer Yogasession geht die Fahrt ausgeruht weiter in den Norden über den Babusar Pass (4’173m) in die Berge. Wir rollen langsam, Meter für Meter durch die schlechten Strassen und freuen uns über die kühleren Temperaturen, den Schnee und folgen dem reissenden braunen Kunhar River der durchs Tal fliesst. Regelmässig fahren wir im Schneckentempo durch Schafherden, durchqueren Sturzbäche und fahren im Zickzack um Hindernisse. In den von einheimischen Touristen überlaufenen Dörfchen Balakot und Kawai herrscht reger Betreib. Bei einer Tasse Cay in Kawai, die uns ein fremder Pakistani bezahlt, beobachten wir das lebendige Treiben und die bunten Jeeps, die die Touristen auf die grüne Alp (Meadow) kutschieren. 

 

Einen Nachtplatz zu finden stellt sich als eine kleine Herausforderung heraus. Die Bergstrasse ist so eng, dass sich keine Parkmöglichkeit ergibt und die Dörfchen zu vollgestopft. Wir haben Glück, in einer Jungendherberge in Batakundi dürfen wir im Garten, mit Blick auf die schneebedeckten Berge, frei parken. Die Leiter der Herberge, wollen uns interviewen. Wir sind sehr müde und verschieben das Gespräch auf den nächsten Tag. In Pakistan sprechen bzw. schauen wir immer wieder in Mikrofone bzw. Handys und beantworten die üblichen Fragen und posieren zu Fotos. Es scheint jeder hier ein YouTube Kanal zu haben. 

 

Pakistan, du begeisterst uns aber du verlangst uns bisher auch einiges ab. Wir möchten aber gerade nirgendwo anders sein. Wir fühlen uns auch sicher und es ist schade, dass ein solch wunderschönes Land mit vielen Bodenschätzen und fruchtbarem Boden es wirtschaftlich nicht auf die Reihe kriegt. Bedingt durch die schwierige Nachbarschaft, z.B. mit Afghanistan wird das Land durch die sporadischen Terroranschläge für den Tourismus subjektiv uninteressant. Misswirtschaft und insbesondre die Korruption als Bestandteil der pakistanischen Kultur, helfen nicht das Land wirtschaftlich voran zu treiben. 


Über den Babusar Pass nach Gilgit

Als wir loswollen, lokalisiert Dani ein Zischen unter der Motorhaube. Ein Luftschlauch ist undicht und muss demnächst ersetzt werden. Eilt aber gemäss Dani nicht. Wir bremsen und hupen zum Beispiel mit dem Luftdruck im System. Wenn die Hupe nicht funktioniert OK, aber wenn die Bremsen versagen, dann gute Nacht. Trotzdem scheinen wir während der Fahrt genügend Druck zu erzeugen, sodass wir problemlos weiterfahren können.

 

Die hart arbeitenden Bauern in den Bergen strahlen eine Gelassenheit und innere Ruhe aus. Auf ihren Schultern balancieren sie schwerste Ware finden aber trotzdem Zeit stehen zu bleiben und uns zu zuwinken. Die Ochsen sind eingespannt, die Hacke steht bereit. Die Felder sind in den steilen Hängen terrassenförmig angelegt und wunderschön anzusehen.

 

Unser Unimog «kämpft» sich um die letzten Kurven hoch zum Babusar Pass. Der erste 4’000-er ist geschafft. Es stimmt uns für die nächsten Herausforderungen Karakoram Highway (4’714m) und die Pässe in Ladak in Indien (über 5’400m) optimistisch, dass der 26 Jahre alte Motor die Höhe ohne Murren erklommen hat. Der Pakistani fährt waghalsig, zu schnell und überholt immer, egal ob er Sicht hat oder nicht. Sollte es dann doch sehr eng werden, dann wird gehupt. Ich weiss dann nie ob der Entgegenkommende glaubt, wir können uns in Luft auflösen. Meist muss dann jemand zurücksetzen, selten wir.

 

Müde aber glücklich von den vielen Eindrücken stoppen wir in Gilgit. Die Hauptstadt der Region liegt mitten in den Bergen auf ca. 1’500m. In der Gilgit-Region kommen die drei mächtigen Gebirgsketten Himalaya, Karakorum und Hindukusch zusammen. Wir verweilen einige Zeit hier und wollen unsere Batterien aufladen. Dani möchte eine zusätzliche SIM Karte kaufen, da unsere Karte in dieser Region nicht mehr funktioniert. Wir finden in den endloslangen Gassen irgendwann den Mobil-Shop. Wir müssen zuerst den Pass und Visum kopieren lassen. Also den nächsten Copy-Shop suchen und zurück zum Mobil-Shop. Der Herr teilt uns nun mit, dass es erst ab Morgen 9 Uhr wieder SIM-Karten gibt.

 

Also erneut einen Schlafplatz suchen. Am Ende der Stadt, es wird grüner und das Verkehrschaos nimmt ab, halten wir an einem tosenden Fluss, der durchs Dorf rauscht an. Die Schulkinder die um uns herumstehen, zeigen auf eine schmale Brücke die weiter oben sichtbar ist. Wir begleiten sie auf einen Spaziergang und entdecken ein wunderschönes idyllisches Restaurant, direkt am Fluss. Der Besitzer lädt uns spontan ein hier zu stehen. Kaum sitzen wir unter den Bäumen, gesellen sich einige Einheimische zu uns und laden uns zum BBQ ein. Es wird eine lange Nacht mit guten Gesprächen und viel Essen. Spontan gesellt sich Benjamin aus Berlin dazu. Wir kennen ihn aus Georgien und haben ihn in Dubai kurz getroffen. Wir beschliessen im Garten Eden noch einen Ruhetag einzubauen. Endlich nichts mehr machen und nur sein. Ich bin recht KO vom vielen langen anspruchsvollen Fahrten und dem Strassenlärm dem bunten Treiben auf den Strassen. Mein Hirn braucht einen Moment um einzuordnen und verarbeiten und mein Körper schreit nach Yoga. 


An die Grenze zu China

Nach zwei Tagen sind unsere Batterien wieder voll und fahren in die Hunza Region. Der Karakorum Highway schlängelt sich dem Hunza Fluss entlang. Am steilen Berghang erblicken wir kleine, bunte Dörfchen. In mühseliger Arbeit haben Bauern hunderte Parzellen planiert, Steine entfernt und Felder angelegt. Inmitten der Getreidefelder schneiden Frauen kniend die Halme von Hand, bündeln sie und legen sie zum Trocknen in die Sonne. Auch hier, ein wunderschöner Anblick aber ein hartes Leben das sich uns da zeigt. Aber alles geht ruhig und ohne Hektik von statten. Stress kennt man hier nicht.

 

Weiter geht’s die Serpentinen hoch und schon bald werden wir mit einem ersten Blick auf den ersten 7000er belohnt. Unseren Kopf legen wir in den Nacken und da sehen wir ihn, majestätisch und schneebedeckt, den Rakaposhi (7’788m). Ich bin tief beeindruckend und ich empfinde gerade eine grosse Demut und Dankbarkeit, dass ich das erleben darf. Er steht schon sein Millionen Jahren da und auch noch unserem Ableben wird er noch viele Tausende Jahre in den Himmel ragen.

 

Der höchste Punkt der Strecke wird mit 4693 m am Khunjerab-Pass erreicht, der auch die Grenze zwischen Pakistan und China markiert. Der Karakorum Highway  gehört somit zu den höchstgelegenen Fernstrassen der Welt. Der Karakorum Highway wurde gemeinsam von China und Pakistan innerhalb von circa 20 Jahren erbaut und 1978 fertiggestellt.

 

Den pakistanischen Teil bauten chinesische Organisationen und die Frontier Works Organisation der pakistanischen Armee. Der Bau stellte aufgrund der häufigen Erdrutsche an teilweise schroffen Berghängen und der Höhe eine große Herausforderung dar. Offiziell kamen bei den Bauarbeiten 810 pakistanische und 82 chinesische Arbeiter ums Leben. Seit 1986 ist die Straße auch für den Tourismus geöffnet. Die pakistanische Seite ist von Einheimischen gut besucht.

 

Es scheint aber so, dass die Grenze geschlossen ist oder nur gegen Anmeldung öffnet, denn auf der Chinesischen Seite ist gähnende Leere. Es scheint also eher eine Touristenattraktion zu sein als wirklich ein Übergang. So wirklich hat es nicht gelohnt das alles hoch zu kurven aber wer weiss, ob wir China je wieder so Nahe kommen. Wir schiessen ein paar Erinnerungsfotos und flüchten ins Auto. Wir werden von den Menschen belagert und sollten gefühlt auf alle Fotos. 


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