Blog #21a Marlene,  (März/April 2022, Iran)

Risikoland Iran?

Ihr reist in den Iran? Wie könnt ihr nur, ist doch viel zu gefährlich! Wie oft haben wir das im Vorfeld gehört? Man hört und liest immer wieder negative Berichte über das Land. Beachtet man die Empfehlungen vom Auswärtigen Amt in Deutschland, will man nicht in das Land einreisen. Für Touristen, die wie wir das Land mit dem eigenen Fahrzeug über mehrere Monate hinweg bereisen, besteht schon ein gewisses Risiko. Das grösste Risiko ist die staatliche Willkür und deren, vermutlich berechtige Angst, durch eine fremde Macht ausspioniert zu werden. Als unbedachter Tourist kann man schnell in dieses Muster fallen, wenn man zum Beispiel unüberlegt Fotos von staatlichen Einrichtungen, z.B. Brücken oder anderer staatlicher Infrastruktur schiesst.

 

An der Küste am Kaspischen Meer hat Dani am Strand das Treiben der Fischer mit ihren Booten und Netzen gefilmt und fotografiert, kommt ein junger Mann auf ihn zu und informiert ihn, er dürfe die Fischer nicht fotografisch dokumentieren. Wie die meisten Lebensmittel produzierenden Firmen, sind auch diese staatlich und dürfen somit nicht abgelichtet werden.

 

Vorsicht ist ebenfalls geboten, wenn man die falschen Beiträge in sozialen Medien teilt oder liked. Zudem sind Tagebücher oder solche Blogs Grund genug für eine Strafverfolgung. Von der iranischen Bevölkerung selber geht absolut kein Risiko aus. Die Kriminalität ist sehr gering. Das grösste Risiko besteht, darin man eingeladen wird und wieder schwer wegkommt. Aber liest selber.

Die Einreise

Wir erhalten das negative Covid-19 Resultat vom kurdischen Labor 4 Stunden später nach dem Test und reihen uns in der kurzen Autoschlange ein. Die kurdische Abwicklung der Ausreise ist genauso chaotisch aber äusserst nett wie bei der Einreise. Wir werden erneut von einem hilfsbereiten Grenzpolizisten begleitet und bereits nach 2 Stunden stehen wir im Niemandsland.

 

Auf der iranischen Seite ist alles gut beschriftet und es ist keine grosse Sache unsere Pässe abstempeln zu lassen. Den Eintrittsstempel lassen wir uns allerdings ins Visa machen, denn wir wissen nicht, wo wir noch überall hinreisen möchten. Nun müssen wir «nur noch» den Unimog administrativ einreisen lassen. Dazu benötigen wir im Iran das Carnet de Passage (CdP), welches wir zuvor beim TCS beantragt hatten. Dani hat sich im Vorfeld schlau gemacht, so konnte er dem Beamten zeigen wo dieser was hinschreiben soll und wo abgestempelt werden muss. Nicht so schnell! Zuerst werden die Fahrzeugdaten handschriftlich in ein riesiges Buch (A3 Quer) eingetragen. Es gilt nun die Angaben zum Fahrzeug, wie Gewicht, Jahrgang, Hubraum, Nummernschild, Chassis Nummer, usw. in das Buch zu übertragen. Das klingt einfacher als es ist. Welche dieser vielen Nummern und Buchstaben im Fahrzeugausweis und CdP müssen nun in welches Feld des riesigen Buchs übertragen werden? Mit Handzeichen und Google Übersetzer, bei extrem schlechten Empfang eine grosse Herausforderung. Nach einer gefühlten Stunde, gelingt es uns schlussendlich. Offenbar genügt der Eintrag ins riesige Buch nicht. Nun muss alles noch elektronisch im PC eingegeben werden. Die dazu notwendige Applikation lässt sich allerdings nicht starten. Das Netzwerk funktioniert nicht. Dani schaut sich das abenteuerlich verlegte Netzwerkkabel an. Es ist ein Wunder, dass dies jemals funktioniert hatte. Der Zollbeamte zeigt auf die Uhr und deutet an, wir sollen uns in den Warteraum setzen. Wir warten, warten und warten also. Es ist mittlerweile 19:00 Uhr. Das Customs Office schliesst und wir gehen zurück ins Fahrzeug und machen uns bereit für die Nacht auf dem Zollgelände. Um 09:00 Uhr soll es weitergehen. 

 

Am nächsten Morgen ging das Warten weiter. Endlich, es ist schon Mittag, konnten die Daten erfasst werden und unter Anweisungen von Dani bekommt das CdP die benötigten Stempel. Der Beamte hält uns ein Dokument in Englisch unter die Nase, welches erklärt, dass wir iranische Nummernschilder benötigen. Dani versucht zu erklären, dass dies nicht notwendig ist, da wir mittels CdP ein internationales Zollpapier in den Händen haben, welches die Immatrikulation im Iran unnötig, ja unsinnig macht. Zudem ist im CdP die Schweizer Nummer referenziert und nicht die iranische. Es nützt alles nichts. Nach weiteren drei Stunden sind die neuen Schilder montiert und wir können den Zoll nach insgesamt über 20 Stunden passieren – kopfschüttelnd. Hinweis: Bei obiger Beschreibung handelt es sich um eine stark vereinfachte und verkürzte Version.

Salam Iran

Yuppie, das Abendteuer Iran kann beginnen in einem Land, dass 2,5 Stunden Zeitverschiebung zu der Schweiz hat und ca. 621 Jahre hinter unserer Zeit liegt. Der Jahreswechsel zum Jahr 1401 nach Mohammed feiern die Iraner Mitte März. Wir befinden uns also im 15. Jahrhundert.

 

Einen toller Nachtplatz ist schnell gefunden und wir sind happy aber sehr müde. Leider haben wir in der Zwischenzeit noch gelesen, dass Gestern in Erbil eine Rakete in der US-Botschaft eingeschlagen ist. Die Welt spinnt und es brodelt überall. Wir hoffen sehr, dass sich die Konflikte in der Ukraine bald beruhigen und nicht ausweiteten.

 

Das Reisen hier ist anstrengender als wir es uns gewohnt sind. Die Polizeiposten entpuppen sich als extrem mühsam. So kann es sein, dass wir 1 Stunde lang in einem stickigen, heissen Kabäuschen Fragen beantworten müssen. Ich dann immer mit voller, obligatorischer Montur mit Kopftuch und bedecktem Körper. Es läuft alles sehr freundlich ab, ist aber echt anstrengen und mühsam. Ich bin gerade etwas genervt und könnte den Polizisten etwas Schütteln. OMMM Marlene, tief atmen es geht vorüber.

 

Wir haben in unserer ReiseApp iOverlander auf unserer Route eine Warnung gelesen, dass ein sehr genauer, mühsamer Checkpoint liegt. Da wird offenbar die ganze Küche, Kühlschrank, etc. durchwühlt. Wir umgehen den Posten in dem wir über holprige Wege entlang eines Flusses fahren. Einige Kilometer später, nach dem Checkpoint, mündet der Weg wieder in die Hauptstrasse. Wir kommen um die letzte Kurve und da steht ein Polizeiauto, der Puls steigt, offenbar kennen sie wohl den Schleichweg. Bevor sie uns sehen hupt Dani zweimal, wir winken höflich und fahren zügig an ihnen vorbei. Sie sind so verdattert, dass keine Zeit bleibt, uns zu stoppen. Wir feiern uns gerade selber und klopfen uns auf die Schulter. Gut gemacht und wir haben eine neue Taktik wie wir gut durch Checkpoints kommen.

 

iPhone Reparatur im Iran?

In Kermanscha, die erste grössere Stadt die wir anfahren, müssen wir Danis iPhone reparieren lassen, denn es ist ihm runtergefallen. Apple Produkte sind auf Grund des Handelsembargos im Iran offiziell nicht erhältlich. Allerdings gibt es hier für alles eine Lösung. Ali, einen Kontakt denn wir bekommen haben, ist sehr hilfsbereit. Der Screen kann für 150 USD in 4 Stunden ersetzt werden – kein Problem. Ein SIM Karte müssen die Beiden (Dani & Ali) noch besorgen. Wir können die Reparatur hier nur machen lassen weil keine Drohnenaufnahmen und freizügige Bilder gespeichert sind, ansonsten wäre das für uns zu gefährlich, denn es werden immer wieder willkürlich Touristen aufgrund solcher Bilder verhaftet.

 

Ich warte im Unimog, da unser Gefährt nicht ideal geparkt ist. Es ist unvorstellbar was ich in dieser Zeit alles erlebe. Ich kaufe ums Eck Gemüse in einem kleinen «Tante Emma» Laden ein. Die Peperoni (Paprika) in den Händen haltend und prüfend ob ich sie einpacken soll, lege ich diese wieder in Regal zurück. Kaum im Auto zurück klopft es und ein junges Paar streckt mir die Peperoni entgegen. Ein Geschenk, sie haben mich im Laden beobachtet. Kaum haben wir unsere Kontakte ausgetauscht steht ein weiteres junges Pärchen an der Türe und beschenkt mich mit einer riesigen Schachtel iranischen Pralinen. Ich bin tief berührt und beschämt. Dieses Gefühl wird sich auf der Reise immer wieder einstellen. Kaum im Auto steht eine Familie vor mir die mich zum Cay einladen möchte. Ich erkläre ihnen, dass Dani dann nicht weiss wo ich bin. Dass sei kein Problem, denn alle im angrenzenden Haus wissen wer wir sind und irgendjemand sieht ihn dann schon. Also gut, so werde ich mit selbstgemachtem Rüeblikuchen (Karottenkuchen) und Tee verwöhnt und Dani rennt mit Ali in der Stadt herum. Tatsächlich einige Zeit später steht Dani im Wohnzimmer geführt von den Nachbarn. Ich muss denn Tee unterbrechen, denn inzwischen ist Alis Familie eingetroffen, die uns auch noch sehen möchten. Die Bevölkerung ist unglaublich herzlich, gastfreundlich und neugierig. Die Leute hupen, winken oder rennen uns hinterher. Sie fahren neben uns her, hängen aus dem Auto raus und halten die Daumen hoch. Fühlen sich so Rockstars?

 

Wir verlassen die Stadt und lehnen alle Einladungen ab, ansonsten kommen wir hier nicht mehr weg. Wir lernen Nein zu sagen. Unsere Dialoge laufen immer in etwa nach dem gleichen Muster ab. Wir werden auf Farsi angesprochen und antworten unser auswendig gelerntes Sätzchen «man farsi suhbat nemy kunma». Das wird dann ignoriert und sie reden einfach weiter. Da wir es halt immer noch nicht verstehen sprechen sie lauter und langsamer. Wir zucken mit den Achseln.

 

Wir suchen uns einen Stellplatz in der Natur und saugen die frische Luft, die Ruhe auf und laden unsere Batterien. Am Morgen verlassen wir unser sehr verstecktes Plätzchen und «erwischen» ein Liebespärchen in flagranti im Auto. Er grinst übers ganze Gesicht und sie versteckt sich hinter ihrem Kopftuch und den Händen. Was hier so alles heimlich abläuft. Für die gesperrten Apps wie Telegram, YouTube oder Facebook gibt es Filter. Drogen gibt’s unter der Hand, offenbar alles was man sich nur vorstellen kann und Alkohol fliesst auch an den illegalen Partys oder hinter geschlossenen Gardienen. Die Kopfbedeckung die hier Pflicht ist hängt oft nur noch wie Deko irgendwo am Hinterkopf. Bei den Jungen ausserordentlich hübschen Girls sind auf jeden Fall die Haare gut sichtbar.

 

Touristen können normalerweise keine SIM Karte erwerben. Unsere Karten haben uns Iraner zur Verfügung gestellt. Zudem muss man das Handy registrieren lassen, was pro iPhone ca. 200 USD kostet.  Nicht registrierte Telefone werden nach 30 Tagen automatisch gesperrt. Da hilft auch kein Wechsel der SIM-Karte. Wir haben drei iPhones und ein iPad, sollte also für die drei Monate reichen. Wir verzichten auf eine Registration. Später haben wir uns allerdings einen mobilen Wi-Fi Router gekauft, der nicht registriert werden muss. 

 


Die ehemalige Hauptstadt Isfahan

Auf dem Weg nach Isfahan müssen wir Diesel tanken. Im Iran fahren kommerzielle Fahrzeuge, z.B. im Transportwesen, nur mit Diesel und private Fahrzeuge vornehmlich mit Benzin. Der Treibstoff im Iran ist durch den Staat subventioniert und beschränkt. Zum Tanken von Diesel benötigt man deshalb eine spezielle Karte, die als Tourist normalerweise nicht erhältlich ist. So sind wir beim Tanken auf andere LKW-Fahrer angewiesen, die uns von ihrem Kontingent auf der Karte etwas abgeben. Grössere Tankstellen verfügen oft über eine eigene Karte. So füllen wir unseren kleinen Tank mit 140 Liter Diesel für etwa 6 CHF, also gut 4 Rapper der Liter. Das ist Wucher für iranische Verhältnisse. Normalerweise kostet der Liter 1-2 Rappen! Wir nehmen es gelassen. Ein Liter Benzin kosten umgerechnet ca. 10 Rappen.

 

Kaum in Isfahan angekommen, wechseln wir erneut Euro in Rial. Wir kriegen so viele Millionen Rial, dass wir kaum wissen wohin mit den vielen Noten. 1 Euro entspricht zu dieser Zeit (März/2022) etwa 250'000 Rial (Strassenpreis) bzw. 25’000 Tomam - die neuere Währung, selbe Noten, nur eine Null weniger. Wir haben noch etwas Mühe mit den vielen Nullen und das Umrechnen ist etwas kompliziert, zumal sich der Kurs während unserer Reise bis auf 33'000 Toman innert drei Monaten abwertet. Seit 2012 ist der Iran aus dem internationalen Bankenverbund SWIFT ausgeschlossen und Visa, MasterCard oder ähnliches funktionieren nicht. Wer in den Iran will, muss Dollar oder Euro mitführen und vor Ort wechseln. Das Land hatte letztes Jahr eine Inflation von ca. 100%! Die Löhne der arbeitenden Bevölkerung hingegen werden nur geringfügig angepasst und unter der Oberfläche brodelt es.....irgendwann wir das Fass wohl überlaufen und die Bevölkerung beginnt sich wohl zu wehren. Was dann von der Regierung gewaltsam und mit allen Mitteln beendet werden wird.

 

Isfahan ist eine Stadt im Zentraliran, die für ihre persische Architektur bekannt ist. Am weitläufigen Imam-Platz (dem Naqsch-e-Dschahān-Platz) befindet sich die Imam-Moschee aus dem 17. Jahrhundert, deren Kuppel und Minarette mit Mosaikfliesen und Kalligrafie bedeckt sind. Der Ālī-Qāpū-Palast wurde ursprünglich für Schah Abbas erbaut und im späten 16. Jahrhundert fertiggestellt. Er hat ein Musikzimmer und eine Veranda mit Blick auf die Brunnen des Imam-Platzes. Die Scheich-Lotfollāh-Moschee ist bekannt für ihre aufwendig gestalteten Fliesenmuster. Die Moscheen und Paläste sind ein Leckerbissen und die Geschichten dazu unglaublich spannend. Wir lernen Hamed kennen und er gibt uns sein Wissen weiter und ermöglicht uns einen verbotenen, heimlichen Aufstieg in eines der Minarette. Wir müssen ihm einfach versprechen leise zu sein und oben nur zu knien, sodass man uns von untern nicht sieht. Der Aufstieg die engen dunkeln Treppen hoch, lohnt sich, denn der Ausblick ist schlichtweg grandios.

 

In zwei Tagen findet das persische Neujahr «Newruz» oder «Nouruz» statt und es werden sehr viele inländische Touristen erwartet. Newruz ist eines der wichtigsten Volksfeste im Iran. Es fällt auf den Tag der Tagundnachtgleiche im Frühling. Dieses Jahr fällt es auf den 21.März und man feiert an diesem Tag die Ankunft des guten Wetters, die reiche Ernte und die Wiedergeburt des Lebens nach einem kalten Winter. Also wie unser «Sächsilüüte». Man öffnet die Türen und Fenster und macht einen gründlichen Frühlingsputz. Die Iraner besuchen an diesem Festtag ihre Familien und feiern mit üppigen Mahlzeiten bis tief in die Nacht. Die Dekorationen erinnern uns sehr an unsere Ostern. Denn auch hier werden Eier (und auch Küken) bunt gefärbt und viele Süssigkeiten aufgetischt. Es sollte auch viel Grünes aufgestellt und gegessen werden, denn das beschert ein glückliches Neues Jahr.


Die Zitadelle von Ghurtan

Heute sind wir nach Ghurtan unterwegs, ein historisches Städtchen. Ursprünglich war die Zitadelle bewohnt, mittlerweile leben nur noch ungefähr 300 Familien hier in den noch relativ gut erhaltenen Häuschen. Die restlichen halb verfallen Ruinen strahlen einen eigenartigen Charme aus. Mit guten Schuhen und etwas Training kann man auf Wachtürme und Hausdächer klettern und den Blick von oben geniessen. Dani wird hier von den Dorfjungs belagert und darf mit ihren Motorrädern eine Runde drehen. Die Bremsen funktionieren nicht wirklich. Zwei, drei Handgriffe und das richtige Werkzeug und mein Held hats repariert. Neugierig wie sie sind, möchten sie das Alter von Dani wissen. Er lässt sie raten. Der kleine Freche meint etwa 100 Jahre alt. Ich krümme mich vor Lachen in der Küche. Nach dem Frühstück geht Dani mit den Halbwüchsigen noch zum «Taubenturm» und ich mache den Abwasch. Kaum sind die Jungs weg, stehen schon die Girls vor der Türe und gucken neugierig in die Box.

 

Am Nachmittag geht’s weiter in die nahegelegene Wüste Varzaneh. Ganz einsam sitzen wir andächtig auf den riesigen Dünen und sehen nur Sand, soweit das Auge reicht. Ehrfürchtig betrachten wir in der dunklen Nacht am klaren Sternenfirmament die glitzernde und funkelnde Pracht. Es ist so unglaublich ruhig und wunderschön. Die Wüste fasziniert uns. Den Abend lassen wir am Lagerfeuer ausklingen. Am Morgen entdecken wir kleine Tierspuren um unser Fahrzeug. Wer uns da wohl besucht hat? 

 

Heute ist Newruz und wir möchten dies in einem Ort geniessen, der etwas grösser ist. Die Fahrt ist wird sehr anstrengend, denn mittlerweile haben wir einen Hilferuf aus der Ukraine erhalten. Alle von euch die unseren Blogeintrag über die Ukraine gelesen haben, wissen wer Valeria ist. Sie möchte mit ihrem Sohn Zenya in die Schweiz flüchten. Nun gilt es alle Hebel in Bewegung zu setzen. Abends haben wir einen supertollen Platz bei Danis Cousin Adi gefunden. Bei ihm sind die Beiden in sehr liebevollen und engagierten Händen.  Nun versuchen wir noch einen Transport zu organisieren. Abends schwirrt uns der Kopf und wir gehen nur noch kurz in die Stadt. Es ist uns etwas schwer ums Herz und Feiern ist gerade nicht so zentral und stellen auch fest, dass hier nicht getanzt werden darf, klatschen und wippen geht aber in Ordnung. So viel Unterdrückung  und dennoch oder gerade deshalb so viel Lebensfreude spürbar.


Rosenwasser aus Kashan

Heute haben wir mit ganz vielen Iranern, welche wegen Newruz zwei Wochen Urlaub haben, die Sehenswürdigkeiten von Kashan besichtigt und das berühmte Rosenwasser getestet, als gut befunden und gekauft. Die lokalen historischen Sehenswürdigkeiten sind einmal mehr einfach bombastisch. Ich bin mir nicht immer ganz sicher, ob für die Locals die Sehenswürdigkeiten oder wir interessanter sind. Wir werden so oft umarmt, angesprochen und fotografiert. Ja, alt sind wir auch, Patina haben wir auch aber so toll und prunkvoll  wie die Bauwerke sind wir nicht….Wir werden auch auf die Menschenrechte sowie die Politik im Iran angesprochen und sie möchten wissen, was wir in der Schweiz von ihrem Land denken. Sie möchten, dass wir euch mittteilen, dass sie gastfreundlich und hilfsbereit sind. und Touristen lieben. (Im Gegensatz zu der Regierung)

 

Wir haben das Tabatabayi-Haus (Wiki), den Fin-Garten (Wiki) und ein antikes Badehaus besichtigt. Details im Link oben auf Wikipedia. Fotos unten - überwältigend schön, oder?

 

PS: Valeria und Eugen sind sicher in der Schweiz angekommen. 

 

Der Frühling zeigt sich hier seit einigen Wochen und die Temperaturen sind schon sehr angenehm. Wir können wieder täglich draussen Essen und das herrliche Wetter geniessen. Der Rhythmus der Natur beeinflusst unseren Lebensstil enorm. Wir merken, dass uns die Wärme gefehlt hat und sich unsere Stimmung dem Wetter anpasst.


Es geht diesmal auch ohne Bewilligung

Heute wollten wir zur Karawanserei Maranjab welche inmitten der Wüste an einem Salzsee liegen soll. Wir verlassen Kashan mit Diesel und Wasser betankt. Motto, ein liebenswürdiger und hilfsbereiter Iraner den wir beim Tanken kennengelernt haben, hat Danis SIM Karte über seinen Account aufgeladen und wir konnten ihm den Betrag in Rial übergeben. Das Geld nimmt es erst bei der dritten Aufforderung an. Eine typische Taarof Situation. 

 

Also zurück auf den Asphalt und in Richtung Wüste. Bald wechselt die Strasse zu einer holprigen Wellblechpiste. Es herrscht reger Verkehr in beide Richtungen. Viele Iraner verbringen einige Tage in der Wüste während ihres Urlaubs. Da kann man mit Freunden und Familie abfeiern, westliche Musik hören, tanzen und die Haare flattern lassen ohne kontrolliert zu werden. Plötzlich kommen wir an. Vor uns liegt eine Zahlstelle mit Schlagbaum. Offenbar muss man hier Eintritt in die Wüste bezahlen. Sehr seltsam für uns. Es wird noch seltsamer, weil wir Touristen eine Polizei-Bewilligung für den Zutritt benötigen. Also fahren wir zurück ins nächste Dorf zum Polizeiposten und beantragen eine Bewilligung. Beim Posten angekommen stehen alle Polizisten staunend um unser Fahrzeug. Der Chef möchte unseren Pass sehen und dreht diesen dann gefühlte zehnmal in seinen Händen rum. Er hat wohl keinen Plan was er machen muss. Er sprichst von «dangerous zones». Mir reisst der Geduldsfaden und ich möchte wissen was hier Sache ist. Er erklärt uns, dass wir für eine Bewilligung einen Guide benötigen. Das ist wohl ein Scherz?! Die iranischen Touristen fahren mit ihren Fahrzeugen problemlos ein und wir benötigen einen Guide?  Wir sind damit nicht einverstanden, verlangen unsere Pässe zurück und fahren verärgert weiter.

 

So schnell geben wir nicht klein bei. Die Wüste ist riesig und hat mehrere Eingänge. Dani findet auf der Karte weitere Wege. Es ist zeitlich allerdings nicht mehr möglich die Karawanserei zu erreichen und wir halten nach einem geeigneten Nachtlager Ausschau. Wir finden eine Ruine mitten im Nichts und können ganz knapp in den Innenhof manövrieren. Wir stehen wohl in einer alten nicht restaurieren Karawanserei – doch noch. Einfach nur cool und wir beschliessen hier zu bleiben um zu nächtigen. Kaum sind die Stühle aufgestellt kommt, nein, nicht die Polizei, sondern ein gewaltiger Sandsturm wie aus dem Nichts auf uns zu. Alle Schoten dicht machen und im stark wackelnden Auto das Wetterphänomen beobachten. So schnell es kam, so schnell war es wieder weg. Zehn Minuten später war der Spuk vorbei.

 

Heute starten wir den zweiten Versuch und kommen problemlos und kostenlos in die Wüste. Wir sehen hunderten von wilden Dromedaren bei ihren Dünenwanderungen und Sexspielen zu. Unglaublich so was, öffentlich vor unseren Augen und das im Iran😊.

 

Wir möchten gerne die ganze Wüste durchqueren und vor allem dem Rummel der iranischen Touristen entkommen die da überall ihre Zelte aufgestellt haben. Wir schlafen deshalb irgendwo in den Dünen umgeben von Büschchen, Sträuchern und wunderschönen Blumen und klar….Sand. Wir müssen nicht lange suchen, den Platz hat es massig und Menschen keine. Wir fühlen uns wohl, unbeobachtet und freuen uns auf eine ruhige Nacht in den Dünen unter einem fantastischen Sternenhimmel.

 

Kaum hatten wir wieder Internet haben wir auf Insta ein Foto gesehen, dass uns in der auch so einsamen Wüste zeigt. Da hat uns wohl jemand durch ein Teleobjektiv gesichtet.


Qom (Ghom), die Stadt der Mullahs

Ghom hat über 1.2 Millionen Einwohner, ist mit dem Schrein der Fātima Maʿsūma ein wichtiger schiitischer Wallfahrtsort und mit der Hauza von Ghom eines der wichtigsten Zentren der schiitischen Gelehrsamkeit. Kaum angekommen werden wir wie üblich von der Polizei angehalten. Es geht aber vielmehr darum, dass sie gemeinsam mit dem Auto und Dani Fotos machen möchten. David, ein junger Anwalt, gesellt sich dazu und fragt, ob wir ihm folgen wollen, denn er weiss einen guten Nachtplatz für uns. Cool, machen wir. Kaum parkiert werden wir in seinem Auto in der Stadt herumgefahren. Gehen Einkaufen, wechseln Geld und Dani kann noch zum Barber. Cay und Kuchen gibt es danach bei seinen Eltern. Spätabends düsen wir nochmals los um sehr leckeren Falafel essen zu gehen.

 

Am nächsten morgen besuchen wir den heiligen Shrine der Fatima. Ein Leckerbissen für unsere Augen. Kaum retour steht David vor der Türe, beladen mit Fladenbrot und einer warmen, süssen Pampe die wir genüsslich verspeisen. David hat ein Schaf, dass vor zwei Wochen ein Junges geworfen hat. Wir fahren mit seinem Auto (eignetlich rasen wir eher) etwas ausserhalb der Stadt zu einer Farm. Es wimmelt hier von Schafen mit Jungtieren. Ach wie süss sind die Kleinen. Wie um Himmels Willen kann man die kleinen Felltierchen nur verspeisen? Für die Iraner ist es unvorstellbar, dass man kein Fleisch respektiv Fisch isst. So gehen wir heute unterwegs in einen Imbiss und David streckt uns ein frittiertes gefülltes Dreieck entgegen. Ich breche nur etwas Teigrand weg und Fleisch wird sichtbar.  Als ich darauf anspreche, antwortet er gelassen: «Marlene, das ist Wurst kein Fleisch». Aha, ja dann. 

 

David erzählt uns viel über den Iran, seinen Glauben und allgemein viel über den Irak, wo er jedes Jahr hin pilgert zum Arbaeen Festival. Er löchert uns im Gegenzug über Europa, wo er wie viele Iraner, aus wandern möchte. Wir haben so viele Iraner kennen gelernt und bis auf ein paar Ausnahmen, möchten alle das Land verlassen.


Die Salzkathedrale

Heute geht’s ab in die Berge. Eine Wanderung steht auf dem Programm. Wie in den meisten Ländern ausserhalb Europas, gibt es im Iran keine oder nur sehr wenige markierte Wanderwege wie wir sie in der Schweiz kennen. Um eine geeignete Route zu finden verwenden wir Windy Maps oder Wikiloc, ein App in dem tausende von Wanderungen dokumentiert sind. So auch in diesem Fall, finden wir eine dreistündige Wanderung auf den nächst gelegenen Gifpel auf ca. 2'000 M.ü.M.

Der Aufstieg ist gut machbar und wir werden mit einer tollen Aussicht auf einen Salzsee belohnt. Auf dem Weg zurück, wir wollen in eine Salzmiene, machen wir halt in einer restaurieren Karavanserei. Im hüschen Cafe rasten wir für einen Moment bei einem Cay.

 

Die Salzmiene von Garmsar war der erste Punkt in unserer Iranwunschliste, der Dani vor ca. 5 Jahren eingetragen hatte. Er hat noch in der Schweiz darüber gelesen. Die Miene liegt etwa 20km westlich von Garmsar und nach etwas Suchen, werden wir fündig. Wir werden vom Verwaltungsgebäude aus von einem sehr freundlichem Herrn begleitet und durften bis in die Miene hineinfahren. Miene es sieh aus wie ein riesige Kathedrale! Wir kriegen Gänsehaut, die Dimensionen sind unglaublich und unser Unimog wird zum Unimöglein. Das Innere der Miene besteht soweit wir sehen können komplett aus reinem Salzgestein und birgt wohl noch für die nächsten Tausend Jahre die weissen Kristalle. Am Ende der Besichtigung werden wir mit einem riesigen Salzstein in der Grösse einer Wassermelone beschenkt. Wir begnügen und mit zwei kleineren Kristallen, denn für mehr haben wir schlicht keinen Platz. Der Vorarbeiter überreicht mir noch einen blauen Kristall als wir wieder zurück im Verwaltungsgebäude sind. Die blaue Farbe im Steinsalz entsteht durch die Verschiebungen in der Gitterstruktur, die durch einen hohen tektonischen Druck zwischen den Erdplatten in der Region entstanden sind. Der Abbau ist sehr aufwändig und das blaue Salz ist eines der seltensten und exklusivsten Salze der Welt, so habe ich gelesen. 


Die "kleinen" Sehenswürdigkeiten in der Hauptstadt

Wir haben mittlerweile Teheran erreicht und traben gleich los um den Golestan Palast zu besichtigen. Das ist der Touristenhotspot in der Stadt. Der Eintritt von 12.- CHF p.P., 14 Mal mehr als die Iraner bezahlen, erscheint uns aber so horrend hoch, dass wir unverrichteter Dinge weiterziehen. Wir haben schon so viele Sehenswürdigkeiten gesehen, dass es auch ohne Palast geht. Wir entscheiden uns der Nase nach zu laufen und anzusehen was sich uns zeigen wird. Dani äussert den Wunsch einen Barber aufzusuchen und so fahren wir los und reihen uns in den Teheraner Stau ein. Während der/n Rushhour/s die Stadt mit dem Fahrzeug zu durchqueren kann mehrere Stunden dauern. In Teheran leben je nach Quelle zwischen 10 und 12 Millionen Menschen. Im ganzen Iran mehr als 80 Millionen von denen zurzeit etwa 50 Millionen in den Neujahrsferien im eigenen Land viele Kilometer zurücklegen. Laut den Einheimischen ist Teheran im Moment sehr ruhig und leer. Der Verkehr sei sonst enorm und die Luftverschmutzung unerträglich. Der blaue Himmel so gut wie nie zu sehen. 

 

Wir haben eher durch Zufall in einer Seitengasse einen Coiffeur gefunden, welcher Dani herzlich begrüsst. Ich gehe auf Shoppingtour und habe die Fensterauslagen bestaunt und mir dann ein fake LV Bauchtäschli gekauft. Zurück im Friseursalon hat Dani von anderen Kunden bereits für heute Abend eine Einladung zum Nachtessen inkl. Party erhalten. Eine Nachbarin des Shops beschenkt uns mit Süssigkeiten und Früchten. Wir stehen alle im dem kleinen Salon und der englischsprechende Kunde übersetzten die Fragen der Iraner und unsere Antworten. Die Nachbarin lädt uns zum Besuch eines bekannten Instrumentenbauers ein. Die Werkstadt befindet sich 10 Gehminuten weg von Frisör. Das filigrane Handwerk wird vom Meister seit 44 Jahren ausgeführt und Reza hat mehr als 1400 persische Instrumente hergestellt, einige Typen davon gar hat er selber entwickelt. Es gib wie immer Cay und Gebäck und er spielt uns einige Takte auf verschiedenen Saiteninstrumenten vor. Er muss eine absolute Koryphäe auf diesem Gebiet sein und lädt uns zu einem privaten klassischen Konzert in seinem Haus ein. Vermutlich machen wir da einen Fehler aber wir lehnen dankbar ab, wir haben mittlerweile so viele Einladungen. Es ist unmöglich alles anzunehmen. 

 

Wir werden von Navid und Ali, welche uns zu ihrer Party eingeladen haben und perfektes Englisch sprechen, begleitet. Nach dem Besuch finden wir uns bei ihrer Mutter und Alis Verlobten ein. Ali heiratet in einer Woche in Erbil (Irak, Kurdistan). Wir wären ebenfalls eingeladen, möchten und können wegen dem Visum nicht retour fahren und müssen leider passen. Kurz zusammengefasst, es war eine megatolle, unvergessliche Nacht. Es wurde gegessen, getanzt, gesungen (u.A. Modern Talking, cherry cherry Lady). Wir waren über 20ig Personen und der weisse und braune selbstgebrannte Schnaps floss in Strömen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden fielen wir erledigt in die Daunen.

 

Oft sind es die "kleinen", unerwarteten Sehenswürdigkeiten die unsere Reise so wertvoll machen.


Termine in Teheran

Der nächste Tag beginnt früh. Wir haben uns mit Ehsan verabredet. Mit ihm chatten wir schon länger via Instagram. Wir sind zum Cay und Früchten eingeladen und er zeigt uns seinen historischen Stadtteil Ray. Ehsan hat Deutsch studiert und spricht tadellos unsere Sprache. Er ist Reiseleiter mit Herz und Seele. Wenn immer ihr gedenkt, eine Reise in den Iran zu planen können wir ihn euch sehr empfehlen. Website: www.iran-erfahren.com.

 

Am Nachmittag sind wir zum Kaffee mit Michaela zum Austausch verabredet. Sie arbeitet in der Schweizer Botschaft und ist für die Sparte Kultur und Menschenrechte verantwortlich. Wir haben die Botschaft via Email kontaktiert und für ein Treffen angefragt. Sie hat spontan zugesagt. Schön sich auf schweizerdeutsch unterhalten zu können und einen kleinen Einblick in die Tätigkeiten einer Botschaft zu erhalten. So erfahren wir, dass die Schweiz als Schutzmacht einen Teil der konsularischen und/oder diplomatischen Aufgaben der USA im Iran übernimmt. Die Interessen der USA in Iran vertritt die Schweiz seit 1980. Die so genannte Interessensektion der Schweiz in Teheran wickelt sämtliche konsularischen Angelegenheiten der USA in Iran ab. Dazu gehören Passanträge, Zivilstandänderungen oder der konsularische Schutz von US-Bürgerinnen und -Bürgern. Das Schutzmachtmandat geht auf die Geiselkrise von 1980 zurück. Die USA brachen die Beziehungen zu Iran ab, nachdem Iran die Islamische Republik ausgerufen hatte, Studenten die US-Botschaft in Teheran besetzt hatten und Mitarbeitende der Botschaft als Geiseln festhielten.

 

Seit einigen Tagen wissen wir, dass unser iranisches Nummernschild in einigen Tagen verfällt, da es sich dabei offenbar um ein temporäres Schild handelt. Warum wir ein Nummernschild für 4 Wochen erhalten haben, ist uns ein Rätsel. Wir haben auch festgestellt, dass nicht jeder Tourist für seine Fahrzeug ein iranisches Schild bekommt. Es hängt davon ab, wo man einreist. Es gibt Dinge hier nicht einheitlich geregelt sind. Zudem müssen wir unser Visum bald verlängern lassen. Es stehen also bald ein paar administrative Hürden an. Grosse Hürden wie wir bald feststellen müssen.

In den Osten nach Mashhad

Von Teheran nach Mashhad sind es knapp 1’000km. Wir fahren so direkt wie möglich und fahren einige Punkte an, die wie im Vorfeld recherchiert hatten.

 

Ali hatten wir letztes Jahr in Istanbul in einem Restaurant kennengelernt. Er hatte uns seine Adresse in Semnan, seine Telefonnummer gegeben und uns ein geladen, wenn wir dann irgendwann in seiner Heimat sind, ihn zu treffen. Da uns die Fahrt nach Mashhad über Semnan führt, besuchen wir ihn natürlich. Er und seine Familie verwöhnen uns während zwei Tagen. Wir müssen uns energisch durchsetzen, dass wir am dritten Tag weiterreisen dürfen. Ich denke, dass sich so in etwa Mastgänse fühlen, der Trichter wurde uns zwar nicht in den Hals gehalten aber es gab permanent zu Essen.

 

Wir können nicht mehr und es zieht uns in abgelegene Gegenden und in die Ruhe. Dani sucht uns einen schönen Stellplatz am Wasser und wir hoffen, dass wir dort etwas Ruhe finden. Wir werden zwar gefühlt 1000x fotografiert von den lokalen Touristen am See und reichlich beschenkt. Trotzdem können wir uns gut erholen. Eine Runde mit dem Schlauchboot bietet sich an und die war so richtig schön einsam.

 

Wir fahren weiter nach Damghan und Qalebala einem hübschen Bergdorf in der nähe des Turan Nationalparks, wo Asiatische Geparden leben. Kleine schmucke Restaurants und Homestays deuten darauf hin, dass man hier auf Touristen ausgerichtet ist. Wir merken dies auch beim Gang durch das Dorf. Wir werden von einem Mann angesprochen und er lädt uns in sein keines Reich ein. In einem kleinen Hinterhof, wo er mit seiner Frau wohnt hat er ein kleines Homestay eingerichtet. Er zeig uns bereitwillig alle Zimmer, die Küche und ein kleines Museum, dass er eingerichtet hat. Ich werde in traditionelle Trachten gesteckt und muss/darf für Fotos posieren. Wir werden verwöhnt mit Cay und einer Einladung für ein Frühstück am nächsten Tag. Sie geben uns nie das Gefühl, dass sie etwas verkaufen möchten und wir geben von Beginn zu verstehen, dass wir mit dem eigenen Homestay unterwegs sind und kein Bedarf für ein Zimmer haben. Nach dem gemütlichen Frühstück am nächsten Morgen verabschieden wir uns herzlich und fahren weiter in Richtung Mashhad.


Visaverlängerung in Mashhad

In Mashhad wo wir nun seit 5 Tagen bei Ghasem und seiner liebenswerten Familie leben, fühlen wir uns sehr wohl. Das Visum haben wir um weitere 4 Monate verlängert bekommen. Wobei wir noch gar nicht wissen ob uns das hilft. Wir haben noch keine Lösung für unser Nummernschild Problem. Das beschaffen des Visums ist ein langwieriger Akt, der sich über 2 Tag und total 12 Stunden auf dem Migrationsamt in die Länge zieht. Hassan, ein Österreicher mit persischen Wurzeln, der sein eigenes Visum abholen will, begleitet uns. Dank seiner Hilfe stellen wir uns jeweils in die richtige Schlage hinter dem entsprechenden Schalter. Es sind einige Schalter. Teilweise werden die Türen der Schalter für 30 Minuten geschlossen. Niemand weiss wieso.

 

Der Verlängerungsantrag besteht aus einem mehrseitigen Dokument mit vielen Fragen. Nebst den üblichen Personalien wie Name des Vaters, wollten sie Informationen zu den Einkommensverhältnissen, Ausbildung und die Arbeitgeber der letzten 5 Jahre mit Referenzen wissen. Ich habe die ersten Seiten perfekt schweizerisch ausgefüllt doch danach wurde es mir zu doof. Ich verfasse doch hier kein CV, zumal das hier im Migrationsamt gar niemand versteht, was ich da hinschreibe. Ich schreibe ich sei in Rente. Fertig und Schluss. Ich beantworte die restlichen Fragen ähnlich pragmatisch und gebe das Formular unterschrieben zurück.

 

Normalerweise kann man das Visum nach den ersten 30 Tagen problemlos um weitere 60 Tage verlängern. Warum wir zusätzliche 180 Tage bekommen wissen wir nicht. Ich durfte beim Beamten in Uniform auswählen wie lange ich bleiben möchte. Ob es an meinen schönen braunen Augen liegt, wir werden es nie erfahren. Aber es muss wohl so sein, denn ausser Augen hat man von mir nichts gesehen. Ich wurde beim Eingang in sehr viel, sehr langen, synthetischen, schwarzen Stoff eingehüllt. Der Tschador bereitet mir unglaubliche Mühe, denn er rutscht mir immer entweder über die Augen oder er hängt irgendwo am Hinterkopf. Also mit der einen Hand die Dokumente halten und gleichzeitig am Hals den Tschador zusammenhaltend und mit der anderen Hand den Stoff hochhebend damit ich nicht stürze. Die obligatorische Schutzmaske und die heissen Temperaturen machten das Ganze zusätzlich zur Tortur.

 

Ich muss in der Frauenreihe anstehen und mich vehement dafür einsetzen, dass auch wir an die Schalter gelassen werden. Aber diejenigen die mich kennen, wissen, dass ich mich sehr gut durchsetzen kann. Der nette Herr in Uniform hat mir ein «Urgent» Stempel auf den Antrag gedrückt was sich als extrem hilfreich erwiesen hat. Mit diesem Formular musste ich an einen weiteren Schalter, bei dem vorher eine Nummer, natürlich an einem weiteren Schalter, gelöst werden muss. Der Nummernschalter ist allerdings schon geschlossen, was mir ein unfreundlicher Beamter zu verstehen gibt. Ich halte ihm mein Urgent Stempel unter die Nase und sage «Multipass» und siehe da, Sesam öffne dich. Ich erhalte die Nummer 100/101 in die Hand – geht doch. Die Behörde ist wegen den sehr komplexen Prozessen und dem grossen Ansturm total überlastet. Viele Afghanen stehen in der Schlage und warten auf ihre Visa. Wir erfahren, dass diese – ohne Urgent Stempel – teilweise über Wochen praktisch täglich anstehen, nachfragen und hoffen müssen. Da schwitze ich gerne ein paar Stunden in meinen Tschador.

 

Am nächsten Tag halten wir nach weitere 4 Stunden warten und anstehen unsere verlängerten Visa «schon» in den Händen.


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