Blog #21b, Marlene (Iran April/Mai 2022)

Wo bekommen wir ein neues Nummernschild?

Das Problem mit dem Nummernschild entpuppt sich als extrem mühsam. Resa, ein Freund von Ghasem steht wild gestikulierend vor dem Chef der Trafic Police in Mashhad. Der Mann in Uniform mit vielen Sternen an der Schulter hört uninteressiert zu. Er schaut immer wieder auf die Uhr oder auf seinen Bildschirm. Dani, der zusammen mit Ghasem dabei ist, versteht kein Wort, kann aber anhand der Körpersprache erkennen, dass uns der Polizeichef keine Lösung anbieten kann. Resa hat ein internationales Transportunternehmen in Mashhad und kennt sich mit solchen Situationen offenbar gut aus. Nach etwa 15 Minuten ändert sich die Haltung des Polizeichefs etwas. Man kann eine Art wohlwollendes Kopfnicken erkennen. Haben wir nun eine Lösung? Hat Resa die richtigen Argumente einbringen können? Nach weiteren 10 Minuten verabschieden sich die Herren und Resa klärt Dani über die Situation auf. Hier in Mashhad will niemand die Verantwortung übernehmen und können somit auch keine Lösung anbieten. Man muss das an der Grenze lösen und zwar dort wo wir eingereist sind, ca. 1’600km von Mashhad entfernt!! Resa gibt allerdings nicht auf und will klären, ob es an den nahegelegenen Grenzen zu Afghanistan oder Turkmenistan möglich sei. Die Abklärungen dauern. Wir schweben in der Luft und die Warterei und das rumsitzen nervt langsam.

 

Mashhad ist nach Tehran die zweitgrösste Stadt im Iran. Wir besuchen den Holy Shrine of Imam Reza, das Wahrzeichen, unglaublich gross und prunkvoll. Mashhad gilt nach Qom als die religiöseste Stadt des Irans. Die meisten Frauen tragen einen Tschdor und die Stadt wird von vielen Pilger besucht, denn Imam Reza ist der Einzige der zwölf Imamen der im Iran beerdigt wurde. Die Zwölf Imame sind gemäss der Scharia und dem islamischen Glauben die einzigen legitimen Nachfolger des Propheten Muhammad und reine Bewahrer seiner Botschaft, der reinen Offenbarung, bis zur Auferstehung.

 

Zwei Tage später bekommen wir die negative Nachricht von Resa. Afghanistan oder Turkmenistan ist keine Option. Wir müssen zurück an die Kurdische Grenze. Immerhin haben wir nun einen Plan. Wir verabschieden uns herzlich, bedanken uns und machen uns auf den langen Weg zurück.


Der lange Weg zur Lösung unseres Problems

Währen der 22-Stunden Fahrt diskutieren wir, ob wir es zuerst noch in Teheran versuchen sollten. Teheran liegt quasi auf dem Weg. Mina, eine Schweizerin, die in Teheran lebt und bei der Schweizer Botschaft gearbeitet hat, sendet uns auf Anfrage die Emailadresse der Kanzlerin der Botschaft. Wir verfassen eine E-Mail mit der Schilderung unseres Problems. Am selben Tag, nur ein paar Stunden später, erhalten wir die Bestätigung. Wir müssen zurück an die Grenze fahren um das Schild wechseln zu können. Man habe mit der zuständigen Stelle gesprochen. Schön, in einem Land geboren zu sein, in dem den Bürgern geholfen wird und das System funktioniert. Die Antwort kam exakt dann, als wir die Ausfahrt in die Hauptstadt bereits genommen haben. Mit viel Glück können wir den Moloch Teheran praktisch ohne Stau durchqueren. Gegen Elf Uhr am Folgetag, treffen wir an der Grenze zu Kurdistan ein. Dani hat einen Text auf Farsi vorbereitet, der unser Anliegen beschreibt. Wir wollen nicht ausreisen, sondern benötigen eine neue Nummer. Der Zollbeamte am Eingang liest den Text, nickt und bespricht sich mit seinen Kollegen. Ein Telefonanruf, ein weiterer Kollege kommt und führt uns zum Hauptgebäude wo sich die Trafic Police und das Customs Office befindet. Wir kennen ja den Weg und schlängen uns zwischen den wartenden LKWs und vielen Abschrankungen durch bis wir von einem Beamten mit einem Messgerät in der Hand angehalten wurden. Wir müssen den Dieselstand im Tank messen. Iranscher Diesel muss verzollt werden. Wir erklären, dass wir nicht ausreisen wollen und somit auch nichts bezahlen werden.

 

OK, die erste kleine Hürde ist genommen. Weiter geht’s ins Hauptgebäude, dort kennen wir uns bestens aus, denn hier waren wir ja schon mehrere Stunden am Ausharren bei der Einreise. Keiner der zuständigen Mitarbeiter fühlt sich verantwortlich für die Situation. Auch nicht der schwammige, schwitzende Verursacher. Er meint nur «hello, nice to see you». Finden wir nicht, und gebe ihm das auch mit meiner Körpersprache zu verstehen. Wir bringen aber in Erfahrung, dass sie uns eine neue Nummer geben können aber nur für einen weiteren Monat. Wir weigern uns dies zu akzeptieren und Dani gestikuliert laut und verwirft die Hände. Ob er die Augen verdreht, sehe ich nicht und muss mich beherrschen, dass ich nicht auch laut werde.

Die Herren diskutieren, telefonieren und keiner kann sich zu einem Vorschlag durchringen. Die liebe Faezeh, welche uns schon vor einiger Zeit herzlich in ihrem Land begrüsst hat und sich daraus ein fleissiges Schreiben entwickelt hat, hilft uns via Telefonsupport als Übersetzerin. 

 

Wir konnten den Beamten 2 Varianten anbieten. Sie lösen die iranische unnötige Nummer aus und wir fahren mit unserem Schweizer Schild weiter oder wir reisen faktisch aus und wieder ein und lösen den ganzen Prozess neu aus. Beide Varianten werden vehement abgewiesen. Sie aber haben weiterhin keinen Plan. Ein Beamter meint, wir können ohne Probleme mit der abgelaufenen Nummer noch 2 Monate reisen. Wir verlangen eine schriftliche Bestätigung diese Aussage von der Trafic Police und dem Customs Office mit Stempel und Unterschrift.

 

Nach 2 Stunden halten wir ein mit Klebeband verschlossener Briefumschlag in den Fingern. Wir verlangen, dass sie es öffnen. Wir senden das Schreiben weiter an Faezeh, welche uns die Übersetzung liefert. Dieses Schreiben ist für die Polizeistation in Marivan, die nächste Stadt nahe am Zoll. Dort wird uns beim Vorweisen des Schreibens eine neue Nummer für 2 Monate ausgestellt. Hatten die echt das Gefühl, dass wir mit einem verschlossen Schreiben uns abspeisen lassen. Ich werde nun lauter und eine Dame, welche gut englisch spricht, kommt zu mir und flüstert, ich soll ruhig bleiben, sonst kommt es nicht gut. Schwierig, ich bin genervt. Schon seit 5 Tagen wälzen wir das Problem. Alle versuchen das Problem abzuschieben. Die Abendschicht hat nun begonnen zu arbeiten, was sich für uns als Checkpot herausstellt. Hemem, welcher englisch spricht nimmt sich dem Problem an und entschuldigt sich erstmals für die Lage. Er setzt sich mit uns ins Auto und wir fahren zur Polizeistation im Marivan um das neue Nummernschild abzuholen. Klar, ihr ahntes, keiner dort will die Verantwortung übernehmen und wir verlassen frustriert und genervt und total verschwitzt die Station. Zurück am Zoll gehen die Abklärungen und Verhandlungen weiter. Es findet sich keine Lösung und wir sind erneut gezwungen hier zu nächtigen.

 

Am nächsten Morgen um Acht sind wir mit Hemen verabredet. Er hat uns versprochen, er findet eine Lösung und wenn er dann eine hat, müssen wir bei ihm und seiner Familie den Abend verbringen. Deal! Nach weiteren 4 Stunden warten kommt er strahlend angefahren mit unseren Papieren in der Hand. Er hat zusammen mit dem Head Trafic Police und Head Customs Office eine Lösung gefunden. Die Variante 1 die wir am Anfang vorgeschlagen hatten, geht jetzt also doch. Wir haben neue Papiere bekommen und verlassen mit dem Schweizer Nummernschild das Zollgelände. Nach 6 Tagen rumsitzen, diskutieren und Hoffnungslosigkeit sind wir total KO aber erleichtert.  Hemen ist unser Retter und wir sind ihm unendlich dankbar für seinen Einsatz.

Ob sich der Hinweis eines Herrn, der uns auf das temporäre Schild aufmerksam gemacht, hat Segen oder Fluch erwiesen hat werden wir nie erfahren. Vielleicht hätten wir bei der Ausreise keinerlei Schwierigkeiten bekommen und die Odyssee wäre uns erspart geblieben. Ich bin sicher, irgendwann sitzen wir an einem Lagerfeuer und schmunzeln.

Zum grössten See der Erde

Im Süden des Landes zeigt das Quecksilber bereits über 30 Grad. Deshalb beschliessen wir in den Norden zu fahren. Um ans Kaspische Meer zu gelangen überqueren wir diverse Pässe von über 2200 Metern und fahren durch dichten Nebel umgeben von 4 Metern hohen Schneewänden. Kaum auf der anderen Seite angekommen, lichtet sich der Nebel und wir fahren durch dichte, grüne Wälder, Teeplantagen und Reisfelder. Abends erreichen wir das Kaspische Meer, und sind auf den ersten Blick enttäuscht. Wir finden nach längerem Suchen endlich ein Schottersträsschen, dass uns zum Strand führt. Der Strand ist ok und wir teilen ihn uns nur mit einigen Fischern. Nach einer ruhigen Nacht sind wieder voller Tatendrang. Wir fahren der Küste entlang und sehen dabei nicht wirklich viel vom Meer da alles zu betoniert ist. Wir wähnen uns zurück in Bulgarien. Im Nationalpark Kiashahr, der direkt bis ans Wasser geht, fühlen wir uns wohl und geniessen freie, unverbaute Sicht auf das tiefe Blau. Es ist einfach nur wunderschön und so wunderbar still. Herrliche grüne Matten umgeben uns und rundherum grasen friedlich Pferde, Wasserbüffel, Kuhherden und einige Schildkröten. Die Fohlen galoppieren übermütig über die Steppe, die Wasserbüffel strecken die Köpfe fast überall hinein und die Schakale können wir in unmittelbarer Nähe vom Lagerfeuer aus beobachten. 

 

Das Kaspische Meer ist mit einer Fläche von etwa 371.000 km² der grösste See der Erde. Der Salzsee hat keine natürliche Verbindung zu den Ozeanen und hat etwa die Grösse von Japan. Der berühmte Beluga Kaviar stammt von hier, wobei der Fisch vom Aussterben bedroht ist. Wir beide mögen Kaviar nicht und können dieser Versuchung locker widerstehen. Ein frischer Fisch aus dem Wasser muss es dann für Dani aber schon sein. 

 

Wir bewegen uns langsam zurück in Richtung Süden. Die heutige Route führt uns via Rasht entlang von Reisfeldern und Teeplantagen. Im Iran isst man Reis nicht als Beilage, sondern als Hauptgericht mit einer Beilage dazu. Die Qualität des Reises ist für den Iraner sehr wichtig. «Chelou» heisst der gekochte Reis auf Farsi, einmal mit Zutaten gemischt, wird er zum Polou. Reis gibt es vielen Geschmacksrichtungen. Oft gehört Safran dazu, am besten aus Mashhad. Am liebsten habe ich den Milchreis welcher mit Kardamom, Zimt, Rosenwasser, Safran und etwas Zucker zubereitet wird. Himmlisch! Safran, eines der teuersten Gewürze auch das «rote Gold» genannt, haben wir in Mashhad der Safranregion, gekauft. Rund 90% der weltweiten Safranernte stammt aus dem Osten Irans. Seit rund 3000 Jahren werden im November die violetten Blüten vor Sonnenaufgang und innerhalb von 24 Stunden gepflückt und in die Raffinerien gebracht. Die Stigma der Safrankrokusblüte werden in der Fabrikentfernt, getrocknet und weiter verarbeitet. Für 1 Kg Safran braucht es ca. 500000 Blumen was den enorm hohen Preis rechtfertigt. 


Getriebeschaden

Wir haben die Ebene verlassen und kurven die Berge hoch. Weit kommen wir allerdings nicht. Dani hat bei unserem sehr idyllischen Stehplatz das Achsöl überprüft, was es alle 1'000 km macht, und festgestellt, dass wir hinten links Metallspäne im Vorgelege Getriebe haben und das Öl schwarz ist. Wir kennen dieses Schadensbild. Wir hatten dasselbe schon rechts und dieser Schaden wurde für sehr viel Geld in Deutschland repariert. Diagnose: Es ist bei einem Lager im Vorgelege das Kugellagerkäfig gebrochen, welches die Kugeln im Lager in gleichmässigen Abständen hält. Nun sind die Kugeln einseitig verteilt und die Antriebsachse könnte aus dem Zentrum brechen, welches einen grossen Schaden im Vorgelege anrichten würde.

 

Nun gut, wir müssen morgen einen Stellplatz suchen mit Internet, denn hier ist gerade tote Hose. Wortwörtlich, Stimmung am Boden und dann noch kein Internet um zu recherchieren ist gerade sehr anstrengend.

 

Ganz sachte und langsam kurven wir heute den Berg runter bis wir eine Parkgelegenheit finden bei der wir geradestehen und Netz haben. Auf der einen Seite die Strasse, auf der anderen Seite aber wenigstens dichter Wald. Dani macht einige Telefonate nach Deutschland und kontaktiert via Insta einen Freund der uns seine Hilfe schon in Teheran angeboten hatte. Nun gehen Messages via WhatsApp den ganzen Tag hin und her. Wir denken, wir sollten so nicht mehr allzu weit fahren, damit der Schaden nicht noch grösser wird. Der Unimog Spezialist im Iran ist in Teheran zuhause. Die Herren beschliessen einen Sattelschlepper zu organisieren um den Unimog verladen und nach Teheran zu fahren, ca. 250km. OK, warum nicht, das hatten wir noch nie. Abends kommt zufälligerweise ein Sattelschlepper mit offener Ladebrücke der einen Bagger geladen hat auf den Platz. Wir stehen da wohl auf dem Grundstück der Gemeinde, was die beiden Mitarbeiter aber nicht weiter stört. Das ist da immer alles sehr entspannt. Es sieht aus, als fallen da Strassenarbeiten an, die auf jeden Fall dringend nötig wären. Dani geht den Chauffeur und seinem Chef Omid fragen, ob sie uns allenfalls nach Teheran bringen könnte. Nein, können sie nicht, aber ins nächste Dorf für 350 Euro. Wir lehnen ab, tauschen aber trotzdem die Nummern mit Omid aus.

 

Wir haben es nicht eilig, der Kühlschrank und der Wassertank sind fast voll, also alles entspannt. Wir machen den ganzen Tag nicht viel ausser abklären wann unser Abschleppwagen kommt, denn es sind gerade mal wieder Feiertage. Gerade sind wir retour von unserer Joggingrunde und am Dehnen gesellen sich junge Leute zu uns zum Plaudern und fotografieren. Sahar ist Englischlehrerin und wir sind mitten im Gespräch als unser Lastwagen angefahren kommt. Wir sind nicht informiert und entsprechend überrascht, dass der LKW schon da ist. Allerdings ist es kein Tieflader. Die Ladefläche ist ca. 1’20m über Boden und der Lader hat keine Vorrichtung um den Unimog aufladen zu können. Wir schauen auf die Rampe die, die Gemeinde für das Beladen der Bagger gebaut hatte. Wir schauen uns die Rampe an und denke nur: «Sollen wir da hochfliegen?». Wenn wir auf der Ladefläche stehen sind wir fast 5m hoch und die Tunnels nur etwa 4.50m. Wir erklären dem Fahrer, dass wir sehr skeptisch sind und dies wohl nicht klappt.

 

Mittlerweile ist Omid wieder zu uns gestossen. Er meint, im Dorf unten hat die Gemeinde eine «ideale» Auffahrrampe, von der aus wir aus auf den Anhänger fahren können. Ok, wir fahren im Konvoi langsam die 25km hinunter ins Dorf. Auch diese Rampe aus Steinen und Kies sieht sehr abenteuerlich aus. Ich würde am liebsten gleich abbrechen aber Dani will dem Ganzen eine Chance geben. Nach einigen Versuchen, steht der Lastwagen im richtigen Winkel zur Rampe und Dani startet den Motor. Die Rampe ist etwa 20 cm tiefer als die Ladefläche. Langsam und gefühlvoll bringt Dani die Vorderräder auf die Fläche. Beim Weiterfahren brechen die Holzbretter die als Boden auf der Ladefläche ausgelegt sind mit einem lauten Knall. Ja Bravo! Wir sehen darunter direkt durch auf den Kiesboden. Jetzt versuchen die Hinterachse und die Räder noch auf die Tragfläche zu fahren. Der erste Versuch klappt nicht so legen wir Steine und Holzlatten auf die Rampe damit der Abstand sich verkleinert. Beim zweiten Mal klappt es tadellos. Wir sind nun exakt 4.80m hoch. Jetzt wird so empfinde ich das, etwas planlos, die Luft aus den hinteren Pneus gelassen. Omid und der Fahrer, denken wir sind dann nur noch 4.50m hoch. Als die ganze Luft draussen war und die 7.5 Tonnen auf dem seitlich heraus quillenden Gummi standen habe ich die Nerven verloren. Ich will nicht, dass der Schaden noch grösser wird. Es ist sicher nicht optimal, wenn für mehrere Stunden oder gar Tage die Luft draussen ist. Als vorgeschlagen wird, die Räder auf der Ladebrücke, mit den gebrochenen Brettern, vom Unimog zu entfernen ist es auch für Dani zu viel. Wir brechen die Übung ab lassen die Luft wieder in die Reifen. Ich kann nicht zuschauen wie Dani von der Ladebrücke fährt und mache einen Spaziergang.

 

Mittlerweile steht das halbe Dorf um uns rum und die ersten Overlander, Lea und Manuel aus Deutschland, die wir seit Monaten sehen sind auch unter den Beobachtenden. Wir wechseln ein paar Worte und schnell wird klar, wir verbringen den Abend gemeinsam. Wir sind bei Ali und Roguie zum Essen eingeladen und dürfen beide Autos am Rand der Reisterrassen parkieren. Wir verbringen einen schönen, gemütlichen Abend mit lieben Menschen und spannenden Gesprächen und langsam beruhigen sich auch unsere Nerven wieder. Sahar die Englischlehrerin und ihr Mann schauen vorbei. Sie wollen sich vergewissern, dass wir in guten Händen sind. Es gibt uns ein Gefühl von Geborgenheit. Wir fühlen uns in dem Land und bei den Menschen hier bestens aufgehoben.

Wir brauchen nun einen Plan B. Es besteht die Möglichkeit mit einem Tieflader nach Teheran zu fahren oder die Reparatur hier in der Region durchführen zu lassen. Omid bietet uns an, die Reparatur am nächsten Tag in der Gemeindewerkstatt durchzuführen. Es sind immer noch Feiertage und er hätte Zeit. Dani sendet ihm die Pläne der Unimog Achse und er meint das sei kein Problem. Omid ist, wie wir später erfahren, Lehrer an der technischen Hochschule und bildet LKW-Mechaniker aus. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen mit Omid und Sahra als Übersetzerin.

 

Wie vereinbart treffen wir uns pünktlich vor Alis Haus und fahren alle zusammen (Dani, Omid, Sahar, ihr Mann Pedrom, ein Freund von Pedrom, Ali und ich) zur Gemeindewerkstatt in die nächste grössere Stadt die wir in etwa 15 Minuten erreichen. In der Werkstatt stehen einige Lastwagen, PKWs, alte Motoren unzählige Getriebe und Ersatzteile sowie ein grosser Caterpillar Truck herum.

Also, Unimog aufbocken, Rad weg, Bremsbacken und Bremsscheibe weg, sodass Omid der Chefmechaniker das Vorgelege öffnen kann. Wir stellen fest, dass sich Danis Vermutung bewahrheitet. Der Kugellagerkäfig ist gebrochen. Zusätzlich ist die Dichtung zur Achse hin futsch, was dazu führt, dass das Öl im Vorlege ins Differenzial wandern kann und umgekehrt. Wir benötigen somit eine neues Lager und eine neue Dichtung. Zum Glück handelt es sich dabei nicht um Unimog Spezialteile sondern um Standard Produkte, die wir im nächsten Ersatzteile Shop bekommen. OK, die Dichtung ist etwas zu breit. Was nicht passt wird passend gemacht. Da das Spezialwerkzeug für die Entfernung des defekten Lagers fehlt, werden kurzerhand zwei kleine Hilfshebel an das Lager geschweisst, so dass dieses mit zwei Montiereisen entfernt werden kann.

 

Mit Diesel und Luftdruck wird nun das komplette Vorgelege Getriebe gründlich ausgewaschen, sodass keine Restteile des defekten Kugellagerkäfigs mehr darin verbleiben. Nach total 8 Stunden später ist alles wieder montiert inkl. Bremstests. Wir sind unendlich dankbar und glücklich. Solche negativen, unschönen Momente gehören nebst den so vielen wunderbaren und erfüllenden, ebenfalls zum Reisealltag. Hoffen wir, dass wir nun etwas Ruhe haben und unser «Home on wheels» zuverlässig rollt.

Hochzeitseinladung

Wir durften die Gastfreundschaft von Ali und Roguhie 2 Tage weitere geniessen, dann haben wir Hummeln im Hintern und möchten weiter. Roguhie weint als wir sie verlassen und es wird uns bewusst, dass wir die ersten Ausländer sind die sie kennengelernt haben und für sie eine grosse Bedeutung hat. Viele Iraner haben keine Chance das Land zu verlassen, weil sie oft keine Dokumente aber in erster Linie kein Geld haben. Es waren schöne Tage zusammen mit ihnen aber uns wird es wie immer irgendwann zu viel und wir müssen uns durchsetzen und weiter.

 

Wir fahren zusammen mit Sahar und Pedrom nach Ramsar, einem hübschen Städtchen am kaspischen Meer, eingeladen die Hochzeit von ihren Freunden zu feiern. Unglaublich, sie fragt ihre Freundin ob wir sie begleiten dürfen, es kommt prompt ein ja. Wir freuen uns sehr über die grandiose Möglichkeit dies live zu erleben. Im Vorfeld werde ich aufwändig geschminkt – die Schwester von Sahar wurde extra dazu eingeladen. Ich erschrecke jedes Mal, wenn ich den Spiegel schaue. Ob es mir gefällt? Hmm, sehr gewöhnungsbedürftig aber entscheidet selber….

 

Wir wollen gehen und ziehen unsere Schuhe, die normalerweise draussen vor der Türe deponiert werden, wieder an. Danis Schuhe (5-jährige Sneakers) sind verschwunden. Ich find’s gerade witzig und lache laut. Für die Beiden ist es aber nicht so toll, wenn vor der eigenen Haustüre Schuhe entwendet werden. Die Wohnung liegt in einem Block, welche mit einer Mauer umgeben ist. Sahar ist ausser sich. Die Nachbarn werden informiert, und es wird gerätselt, wer es wohl gewesen sein könnte. Auffallend war, das am nächsten Morgen keine Schuhe mehr vor den Wohnungstüren standen. Wir werden wohl nie erfahren wer die Turnschuhe nun trägt, wir hoffen, sie passen und halten noch viele Jahre. Dani muss nun auf seine verschmutzten Joggingschuhe ausweichen was aber an der Hochzeit niemanden interessiert. Der Festsaal ist sehr aufwendig dekoriert und die Braut zierlich, glücklich strahlend auf einem Sofa drapiert und ihr Gatte, ein Bär von Mann, zärtlich auf seine Gemahlin blickend. Es wird getanzt und live gesungen. Wahnsinnig laut – wir werden alt. Die Frauen (ohne Kopftücher) und Männer dürfen gemeinsam tanzen was nicht immer so ist. Oft werden die Geschlechter getrennt und die Party findet in 2 separaten Räumen statt. Es gibt diverse Showeinlagen und eine davon sind wir. Ihr glaubt es nicht, der Bräutigam möchte, dass wir auf das Podest gerufen werden und als Freunde aus der Schweiz vorgestellt werden. Musik an, Beleuchtung auf Disco einstellen, alle Kameras auf uns richten und los geht’s. Wir Zwei haben einen längeren souveränen – so finden wir - Tanz hingelegt und das Rampenlicht über uns ergehen lassen. Wer A sagt muss bekanntlich auch B sagen. Das Paar bedankt sich für unsere Einlage herzlich. Das Hochzeitsfest wird lückenlos aufgezeichnet und etliche Menschen sind mit Filmen, Belichtung und Fotografieren nonstop beschäftigt. Wir fallen müde, zufrieden und glücklich ins Bett. Was für eine Nacht!


Ausflug mit unseren iranischen Freunden

Das Ende des Ramadans, Eid Mubarak, wurde am Vorabend um einen Tag verschoben. Der zuständige Mullah sah am Himmel die Mondsichel und entschied, dass sich der Neumond noch nicht eingestellt hat. Für uns spielt das keine Rolle, aber für die Iraner, welche schon in den Urlaub gefahren sind bedeutet dies je nach Arbeitsstelle viele hundert Kilometer retour fahren und dies mitten in der Nacht. Während den Festtagen sind wieder extrem viele Iraner mit Auto, Zelt und massiv Gepäck unterwegs. Die meisten in den kühlen Norden in die Berge oder ans Kaspische Meer. Wir beschliessen trotzdem zu viert eine Wanderung zu unternehmen und fahren mit dem eigenen Auto los, denn wir wollen danach in Richtung Hauptstadt weiter. Kurz bevor der grosse Stau in Richtung Fuman beginnt, steigen wir zu unseren iranischen Freunden Sahar und Pedrom ins Auto. An Feiertagen im Stau stehen ist für die Iraner ein Event. Es wird in der Kolonne getanzt, gesungen und gegessen. Für uns fühlt es sich so an, wie wenn wir freiwillig an Ostern in den Süden reisen würden. Da wir aber Beifahrer sind, stresst uns das warten und im Schneckentempo hochfahren nicht.

 

Die Wanderung führt über 800 Treppen hoch zur Qualeh Roudkhan Burg. Wir besteigen den Berg mit gefühlt 1000 anderen entlang von vielen Essständen, Sitzgelegenheiten und Musik. Es sei hier schnell erwähnt, dass die Iraner immer Essen oder vom Essen reden. Wirklich immer, denn es ist sehr zentrales Happening, Tag für Tag.

 

Obwohl, wenn wir alleine unterwegs, wir vor dem Stau gewendet hätten, fühlt es sich im Moment gerade richtig an. Wir sind im Iran angekommen und geniessen mit jeder Faser das Reisen, das Treiben und das Sein.

Unsere Handys funktionieren mittlerweile nicht mehr und wir haben einen kleinen Router gekauft. Wirklich happy sind wir damit nicht und haben nun das iPad noch mit einer SIM-Karte bestückt und wir haben wieder Internet. Im Iran sind viele Dienste wie z.B. PayPal, Spotify, YouTube und auch Facebook gesperrt. Einige nutzen VPN um die Blocker zu umgehen. Wir halten uns wohl als Einzige an die Regeln aber wir sind hier Gäste und akzeptieren diese.


Mercedes Meeting in Teheran

Instagram ist das beliebteste Social Media App und ist für alle frei zugänglich. Seit wir hier unterwegs sind, haben wir nahezu 2'000 neue Followers. Wenn wir Leute treffen tauschen wir immer die Insta Accounts aus. So kann man gut in Kontakt bleiben. Im Iran gibt es ein paar wenige Unimog Enthusiasten. Einer davon ist Arash (@orange.rhino), mit über 200k Followers auf Instagram, ein Influencer. Er fragt uns an, ob wir Lust hätten in ein paar Tagen am Mercedestreffen in Tehran (Teheran) teilzunehmen. Es kommen offenbar auch ein paar Unimogs. Wir bedanken uns und sagen natürlich zu.

 

Im Iran sind Fahrzeuge der Marke Mercedes ein sehr seltenes und wertvolles Gut. Einige sind noch aus der Schahzeit also vor der Revolution eingeführt worden. Heute ist das sehr kostspielig und nur für Superreiche oder Leuten mit guten Kontakten möglich. Der Anlass findet auf dem Areal einer Rennstrecke statt und beginnt um 16.00 Uhr. Wir sind bereits um 14.00 Uhr auf dem Areal staunen sehr, wie viel Autos einfahren, sicher gegen 500 Stück. Schöne Raritäten, viele 0815 Modelle aber auch einzelne Topmodelle (AMG) stehen da frisch poliert in Reih und Glied. Wir ergänzen die Linie der anwesenden Unimogs wobei davon 3 als Weltreisemobile ausgebaut sind. Der alljährliche Event ist sehr gut organisiert und stösst bei der Bevölkerung auf reges Interesse.

 

Das Interesse an unserem Fahrzeug ist riesig. Wir können uns kaum entfernen, da die Besucher immer wieder Fotos von uns und unserem Unimog machen wollen. Wir geben Interviews uns sind wohl auf hunderten von Fotos und Videos verewigt worden. Die Iraner fragen uns Löcher in Bauch. Wenn es uns zu viel wird, schliessen wir uns kurz in der Wohnkabine ein, atmen durch und erholen uns. Es ist ungewohnt, so im Rampenlicht zu stehen und so begehrt zu sein. Ich möchte definitiv mein Leben nicht tauschen mit einer «wichtigen» Persönlichkeit die weltweit im Rampenlicht steht. Abend sind wir KO und lassen das ganze beim Abendessen nochmals nachklingen und diskutieren unsere Beobachtungen. Was für ein Tag! Iran wir lieben dich aber du forderst uns jeden Tag aufs Neue.


Man spricht schweizerdeutsch

Im Vorfeld, habe ich Mina kontaktiert und angefragt, ob sie Lust und Zeit hat uns irgendwo zu treffen. Sie hat uns beim Nummernschildwechsel geholfen und spricht schweizerdeutsch und lebt mit ihrer Familie in Teheran. Sie hat uns direkt eine Massage gesendet und uns bei ihr zuhause zum Abendessen eingeladen. Saman und Minas Bruder Darius haben unser Auto, kaum angekommen, schon gesehen und uns abgeholt. Auf dem Weg zu ihrem Appartement stehen einige Teenager auf der Strasse und sind ganz aus dem Häuschen als sie uns sehen. Aber es geht nicht um uns, es geht um Salman. Er ist, wie wir erfahren ein berühmter TV-Koch im Iran. Der Jamie Oliver des Irans quasi. Könnt ihr euch vorstellen wie wir gegessen haben? Fünf verschiedene vegetarische Gerichte in unterschiedlichen Farben und Geschmäckern stehen auf dem grossen Esstisch im Esszimmer. Eines besser als das andere und noch nicht oft, haben wir derartig viele unterschiedliche Gewürze und Zutaten miteinander vermischt genossen.

 

Denise, Minas Mama kommt aus der Schweiz und hat viele Jahre in der Schweizer Botschaft gearbeitet und lebt heute mit ihrem iranischen Mann in Tehran. Wir lernen beim Essen die gesamte Familie besser kennen, die Chemie stimmt auf Anhieb und es ist einfach einmal mehr ein wunderschöner Abend.

 

Am nächsten Morgen um neun bin ich mit Mina in ihrem Yogastudio verabredet. Sie leitet als Instruktorin ihr Studio für Frauen und bietet verschiedene Kurse an. So kam ich in den Genuss einer super Yogalektion. Mina, du machst das sehr professionell die Lektion war klasse. Danke! Den obligaten Cay geniessen wir anschliessend bei Denise im Garten. Dani hat bei seinem Toilettengang die Batterie des Wi-Fi Routers im Plumpsklo versenkt. Mit Grillzange und Handschuhen fischen wir das Teil aus der Kloake. (hmmm eigentlich hat Minas das gemacht) Vielleicht funktioniert der «Scheiss» Router nun etwas besser.

 

Wir dürfen die Familie am Wochenende (im Iran von Donnerstagnachmittag bis Freitag) ins Ferienhaus in die kühlen Bergen begleiten. Wir werden kulinarisch verwöhnt und geniessen den Familienanschluss sehr. Wir beschliessen in den Bergen zu bleiben und die Tage in der Abgeschiedenheit zu verbringen. Wir wandern viel und reisen langsam über holprige Wege so langsam in Richtung türkische Grenze. Unterwegs gibt es da diese ganz speziellen Momente wo wir bei unserem abendlichen Rundgang einen Felsen hoch klettern und oben Ausgrabungen finden. An einigen Stellen wurden Gruben ausgehoben, überall liegen Tonscherben von offensichtlich alten Gefässen herum und zeugen von einer historischen Stätte. Warum wir so genau wissen was es im ursprünglichen Zustand war, weil wir schon so viele Museen besichtigt haben und nun in etwa Wissen, wie was ausgesehen hat. Wie alt die Funde wohl sind? Nun ja so um die 1’000 Jahre. Nein, wir haben keine Ahnung und finden es einfach nur spannend.


Tabriz

Unsere Reise führt uns zum Dashkasan Tempel, einem Komplex von drei Höhlen mit spannenden Schlangen und Drachen Reliefen an den Eingängen. Sie stammen aus dem 14. Jahrhundert und wurden im Auftrag des mongolischen Königs Oljatü erbaut. Der Soltanyeh Dome, in der Zanjan Provinz entstand in derselben Epoche und birgt das Mausoleum von eben diesem König. Wenn immer möglich, baden wir unterwegs in einem Fluss und kühlen uns für einen Moment ab. Ich in langen Hosen, T-Shirt und irgendeiner Kopfbedeckung, macht echt richtig tollen Spass so zu Planschen.

 

Via Ardabil, die Stadt ist berühmt für seine gefüllten Wraps mit Ei, Käse, Kartoffel und Butter, welche wir probieren. Eine mastige, superfeine Speise. Am Abend sind Sara und Fabian aus Bern mit ihren Van angedüst. Sie sind langsam auf dem Weg in Richtung Schweiz. Klar verbringen wir den Abend gemeinsam denn es gibt viel zu erzählen. Es sind erst die zweiten Reisenden denen wir begegnet sind und ich freue mich riesig.

 

Tags darauf geht’s weiter nach Tabriz (Täbris ausgesprochen). Wir haben in der drittgrössten Stadt herrliche Tage mit Ozra und ihrem Freund Payram verbracht. Sie haben uns per Insta eingeladen. Sie haben getrennte Wohnungen, denn es ist verboten unverheiratet zusammen zu leben. Ozra verbringt aber viel Zeit in Payams Daheim. Es geschieht vieles im Versteckten. Sie heiraten in zwei Monaten, dann dürfen sie offiziell zusammenziehen. Ozra möchte vorher noch ihre Nase verkleinern lassen. Es ist nicht unüblich, dass sich junge Frauen ihre Nase operieren lassen. Ob das der Wunsch von beiden ist oder nur ihrer, wissen wir nicht und geht uns auch nichts an. Ich für meinen Teil bin froh, liebt mich Dani so wie ich bin, mit krummer Nase und anderen Makeln. Gemeinsam machen wir einen Ausflug in die über 1000-jährige Felsenstadt Kandovan, das Kappadokien vom Iran. Es leben immer noch Menschen in den Höhlen und wir dürfen unsere Köpfe auch in ihre Wohnungen stecken. Den Lebensunterhalt verdienen sie sich mit dem Tourismus und bieten dementsprechend viel Selbstgemachtes und Eingelegtes an. Ich habe allerdings mehr Shops als effektive Wohnungen gesehen. 

 

Tabriz ist eine lebendige Stadt und der Besuch der Blauen Moschee bietet sich an. Sie wurde nach einem Erdbeben erneut aufgebaut wobei die alten, wunderschönen Mosaike noch gut sichtbar sind. Abends wird’s immer sehr spät, denn wir geniessen das Nachtleben. An einer Ecke wird, verbotenerweise, Strassenmusik gespielt. Wir stehen in die Menschenmenge, wippen und klatschen im Rhythmus der Musik. Etwas später, wir flanieren dem kleinen künstlichen See entlang, rennt die Band plötzlich an uns vorbei. Die Polizei hat wohl die kleine Party aufgelöst. Einfach so anders als in Europa aber die Menschen hier finden immer eine Lösung. So unter dem Motto «beat the system».


Khoda Hafez Iran!

Wir bewegen uns viel in den Bergen und nutzen die Gelegenheit unseren Bergteevorrat aufzufüllen. Am Abend legen wir die gesammelten Kräuter zum Trocknen auf dem Tisch aus und legen uns später ins Bett. Nachts kabeln verschiedene kleine Lebewesen aus den Blättern in unser Bett und über uns. Es juckt überall. Wir stehen auf und vertreiben diese aus unserem Schlafgemach. Unangenehm, nächstes Mal lege ich das Gesammelte wieder in ein Seidentuch und hänge es zum Trockenen an die Wäscheleine.

 

 

Dani entdeckt viele Pilze, gesehen, gepflückt und den Einheimischen gezeigt. Die lokalen «Experten» haben uns versichert, dass wir keine giftigen Exemplare erwischt gaben und alle essbar sind. Als nix wie los und braten. Aber vorerst mal nur zwei Stück, denn sicher ist sicher. Dani isst die beiden Pilze und ich Feigling sehe nur zu. Dani, der Pilzler, hat die Nacht gut überstanden. Am Abend gibt es ein leckeres Pilzragout. Es geht nichts über Selbstgefundenes. 

 

 

Es trennen uns noch 200 Kilometer von der armenischen Grenze und Wehmut kommt auf. Die aufmerksamen unter euch denken jetzt sicher hä, Armenien. Eigentlich wollten wir in die Türkei aber die Grenzübertritte klingen derart mühsam, kostspielig und undurchsichtig, dass wir lieber nach Armenien ausreisen. 

 

 

Khoda Hafez Iran! Wir sehen uns bestimmt bald wieder! Uns hat es supergut gefallen und wir sind stolz, haben wir all die Widrigkeiten so gut bewältigt. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt.


Kuriositäten

Taarof

Bei den vielen Einladungen muss man allerdings die iranische Kultur des Taarofs berücksichtigen. Taarof ist eine zeremonielle Höflichkeitsform in der persischen Alltagskultur. Es ist eine kulturelle Pflicht teilweise auch mit religiösen Regeln verbunden, Fremde einladen zu müssen. So sollte man eine Einladung mindestens 2 Mal ablehnen. Erst wenn der Gastgeben ein drittes Mal insistiert, ist die Einladung ernst gemeint, andernfalls ist es ein Taarof. Dasselbe gilt auch für anderen Situationen wie zum Beispiel etwas bezahlen. Der Empfänger lehnt immer mindestens zweimal ab bevor er dann das Geld trotzdem annimmt, z.B. wenn uns jemand auf der Strasse hilft unsere SIM mit Daten aufzuladen.

 

Paris

In praktisch jedem Haushalt in dem wir die Gastfreundschaft genossen hatten, stand irgendwo ein Eiffelturm als Deko. Paris scheint generell eine Sehnsuchtsort und der Inbegriff des Westens zu sein für den Iraner. Auch treffen wir auf der Strasse oft Leute mit T-Shirt mit dem Schriftzug Paris.

Alkohol ist im Iran verboten. Das heiss nicht, dass Alkohol nicht verfügbar ist. Man ruft einen Kumpel an und fährt an einen verabredeten Treffpunkt. Dort angekommen wird eine WhatsApp versendet. Sekunden später blinkt das Auto vor uns. Es wurde entriegelt. Wir steigen aus und entnehmen ein Paket. Der mobile Paketlieferdienst wird wieder verschlossen und wir fahren weiter.

 

Markenartikel

Trotz verhängtem Embargo gegen den Iran, sind Markenprodukte erhältlich. Die begehrten Waren werden über Schmugglerpfade geliefert. Diese werden via Rucksack vom Irak, Afghanistan oder Pakistan über die Schmuggelrouten in den Iran getragen oder im besseren Fall von einem Maultier (Muli) getragen. Wir haben Bilder gesehen, von TV Flachbildschirmen auf dem Rücken eines Esels. Werden die Schmuggler erwischt so verschwinden bestenfalls für viele Jahre im Gefängnis oder schlimmeres. Wenn ein Markenprodukt nicht erhältlich ist, wird es einfach kopiert oder die Kopie von China bezogen. Snickers heisst Dominikers, Nuttella heisst Mindella usw. geschmacklich sind die Produkte identisch.

 

Beten

Im TV läuft abends ein Kriegsfilm in dem logischerweise viel rumgeballert wird. Unmittelbar daneben können die Iraner beten, weil es halt Zeit ist, mitten in den Kampfgeräuschen, den stöhnenden Verletzten und der dramatischen Musik aus den TV-Lautsprechern.

 

Nasenoperationen

Seit wir im Iran sind fällt uns auf, wie oft die Menschen hier ihre Nasen verkleinern und mit weissverklebtem Nasenrücken rumlaufen. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Pflaster echt sind, denn auch hier kostet eine solche Korrekturen Geld und zeugen von «Reichtum». Sind es in der Türkei die Haartransplantationen so werden hier die Nasen korrigiert. 

 

Karies

Zum Cay wird in der Regel Würfelzucker serviert aber keine Löffel. Der Iraner füllt den Cay in die Untertasse, legt sich einen Würfelzucker hinter die Schneidzähne und schlürfen so den Tee und dies mehrmals täglich. Dass das über Jahre hinweg zum Verlust der Zähne führt ist klar. Die meisten Menschen auf dem Lande, sogar kleine Kinder mit ihren Milchzähnen, leiden unter Karies. Stören tut es offenbar niemanden. Da scheinen die Nasen wichtiger zu sein.

 

Ramadan

Was wir festgestellt haben ist, dass fast alle unsere Bekanntschaften, während des Ramadan am Tag heimlich oder sogar öffentlich assen und tranken. Wir als Touristen essen während des Ramadans, wenn wir denn nicht irgendwo eingeladen sind, immer im Auto.

 

Picknick

Wo immer wir entlangfahren, sitzen die Iraner auf ihren Decken oder Teppichen und picknicken. Direkt hinter dem Auto am Strassenrand, ist ein gern genutzter Platz. Es kann aber auch eine kleine Grünfläche zwischen zwei Strassen sein, bei einem Kreisen oder die Parkanlage. Es ist egal in welcher Umgebung das vollgestopfte Auto entladen wird. Der Gaskocher für den obligaten Cay, der Reis, Kebab und Grünzeug werden ausgebreitet und verspeist. Oft haben die Familien auch Zelte dabei, in denen der Mittagsschlaf oder gar die Nacht verbracht wird. Wir denken, dies ist aber nur während den Neujahrsferien so. Die Iraner sind ein Volk von Picknickern.

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