Blog #29, Marlene (Oktober 2023, Nepal)

Fakten zu Nepal

Die parlamentarische Demokratie Nepal liegt zwischen China und Indien und zählt rund 30 Millionen Einwohner. Staatsoberhaupt ist Präsident Ram Chandra Paudel (2023). Die Hauptstadt von Nepal ist Kathmandu. Die Hauptreligion ist der Hinduismus. Nepal ist etwas 3x so gross wie die Schweiz. Der Mount Everest ist mit 8848 Meter über dem Meeresspiegel der höchste Berg der Welt.

 

Die Haupteinnahmequelle mit rund 50 Millionen Euro ist der Tourismus, der in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt hat. Die meisten Reisenden kommen um die heiligen Stätten zu besuchen und/oder für Trekkingtouren. Die meisten Nepalesen leben von der Landwirtschaft. Eine harte Handarbeit, da Maschinen oft in den unzugänglichen steilen Hängen keine Chance haben oder das nötige Kleingeld fehlt. Die Armut und die daraus folgenden bescheidenen Lebensbedingungen sind hauptsächlich in den abgelegenen Bergregionen anzutreffen. Bei Weitem können nicht alle vom Tourismus profitieren. Trotz den Bedingungen muss niemand hungerleiden. Das Land ist sehr fruchtbar, sodass die meisten Bewohner Selbstversorger sind und essen was der Boden hergibt.

Die Geburtsstätte Buddhas

Wir fahren zügig durch ruhige, saubere und grösstenteils leere Strassen. Nach unseren Erlebnissen in Indien ist diese Ruhe eine Wohltat für unsere überstrapazierten Sinne. Im Jahr 623 vor Christi Geburt wurde Siddhartha Gautama, besser bekannt als Buddha, in Lumbini geboren. Der Geburtsort ist in eine malerische Parkanlage mit künstlich angelegten Seen und Flüssen eingebettet. Die Hauptattraktion ist ein Tempel, unter dem ein altes Holzgebäude freigelegt wurde, das als der Geburtsort des Buddha gilt. Mitarbeiter in der Anlage überwachen sorgfältig, ob das Fotografier- und Filmaufnahmeverbot eingehalten wird.

 

Draussen sitzen Mönche in orangefarbenen Gewändern im Schneidersitz unter einem alten Bodhi Baum und meditieren. Die Besucher legen den Mönchen, von denen es eine beträchtliche Anzahl gibt, Geld zu Füssen und hoffen auf die Erfüllung ihrer Träume. Für jeden Buddhisten ist dieser Ort, der seit 1997 auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste steht, von grosser Bedeutung. Auch hier ist der Glaube ein lukratives Geschäft. Wir besorgen uns Räucherstäbchen und entzünden sie für all jene, die uns wichtig sind und wir in unseren Herzen festhalten.

 

Wir haben Glück, dass heute nicht alle Buddhisten diesen Ort besuchen wollen. Es kommt vor, dass an manchen Tagen Hunderttausende Besucher anwesend sind. Doch wie ihr auf den Fotos sehen könnt, sind wir beinahe allein. Beim Verlassen erblicken wir die Flamme des ewigen Friedens, die ein so schönes Symbol ist. In dieser zerrütteten Welt brauchen wir nichts dringender als Frieden. Ein paar weniger Narzissten und Diktatoren wären auch nicht schlecht. Zur Anlage gehören auch ein Vipassana Meditationszentrum sowie neue Tempelanlagen, die von verschiedenen Ländern der Welt gesponsert werden und teilweise etwas kitschig wirken.

 

Die Stadt Lumbini ist eher unscheinbar, und leider haben wir uns auf unserer Reise bereits zum zweiten Mal mit Covid-19 angesteckt. Deshalb beschliessen wir, einen Tag in der Anlage zu verweilen. Das Essen lassen wir uns auf den Parkplatz liefern. Es kann nicht mit der exzellenten indischen Küche mithalten, aber bekanntlich ist Hunger der beste Koch.


Pokhara, das ehemalige Hippiedorf

In kleinen Etappen fahren wir durch wunderschöne, exotische Hügel und bewundern die zahlreichen Reisterrassen. Die Reisfelder sind gelb eingefärbt, was mich schlussfolgern lässt, dass die Ernte nahe ist. Auf den zahlreichen Feldern mit rosafarbenen kleinen Blümchen, die an uns vorbeiziehen, ist Buchweizen angepflanzt. In Nepal verwendet man oft Buchweizen, Mais, Hafer oder Gerste zum Backen oder Kochen. Also, für alle, die glutenfreies Essen benötigen oder bevorzugen, gibt es hier leckeres Buchweizenbrot.

 

Wir erreichen Pokhara. Die Stadt liegt auf etwa 800 m und ist neben Kathmandu die beliebteste Stadt für Touristen in Nepal. Wir beschließen, einige Tage hier zu verweilen und die Vorräte großzügig aufzufüllen. Hier kann ich endlich wieder Pflanzenmilch kaufen und in der deutschen Biobäckerei richtiges Brot erwerben. Es gibt auch einen Käseladen, in dem wir uns gierig eindecken. Die Gier war so groß, dass wir den Kompromiss eingehen, mäßig guten Käse zu kaufen. Also, nach dem Motto: Hauptsache mal wieder Käse.

 

Wenn wir Nepal mit dem Fahrzeug entdecken wollen, benötigen wir eine entsprechende Bewilligung (Permit). Diese erhalten wir im Immigration Office, das 10 Minuten Fußweg von unserem Stellplatz am See entfernt ist. Wir erfahren, dass der Bewilligungsprozess ca. eine Stunde dauert. Also bereiten wir uns auf eine längere Wartezeit vor. Es ist 12:20 Uhr, als wir das Office betreten. Wir werden gebeten, uns zu beeilen, die Pässe zu zeigen und ein Formular auszufüllen. Wir müssen die Orte im Formular angeben, welche wir besuchen möchten. Eigentlich wissen wir das noch nicht so genau. Die Mustang Region steht auf unserer Wunschliste. Die Gebühr für das Upper Mustang Tal beläuft sich allerdings auf satte 500 USD pro Person, daher verzichten wir und wählen nur das Lower Mustang bis Muktinath.

 

Der Dame hinter der Theke geht das Ausfüllen des Dokuments zu langsam, sie nimmt uns das Formular weg und drückt uns die Pässe in die Hand. Wir sitzen verdutzt da und bekommen 5 Minuten später, nach Zahlung von ca. 40 CHF, unser Permit ausgehändigt. Es ist 12:30 Uhr. Wow, rekordverdächtig! Hinter uns wird das Office verschlossen, denn es ist Essenszeit. Alles klar, nun verstehen wir die Eile.


Überall Wasser heiss und kalt

Die Strasse von Pokhara nach Muktinath, unserem Endziel, ist zu Beginn in einem ausgezeichneten Zustand und wir fahren zügig in Richtung des Mustang-Tals. Plötzlich ändert sich die Landschaft, und das satte Grün der terrassenförmigen Reisfelder weicht einer schrofferen, felsigeren Umgebung. Genau ab diesem Punkt wird auch die Strasse miserabel. Wir hüpfen von Schlagloch zu Schlagloch und passieren enge Abschnitte. Das Überqueren des Gegenverkehrs ist an diesen Stellen unmöglich. Im Gegensatz zu den Indern fahren die Nepalesen besonnen und vorausschauend. Es wird weder gedrängelt noch gehupt - eine wahre Wohltat für unsere Ohren.

 

 

Im Tal machen wir regelmässig Halt, um die atemberaubenden Wasserfälle zu bewundern. Unser Ziel für heute ist Tatopani. "Tato" bedeutet heiss und "pani" Wasser. Wir können unsere verhärteten Muskeln vom Morgentraining in einem der heissen Thermalquellenpools entspannen. Der Pool ist gut besucht, und wir kommen mit verschiedenen Touristen ins Gespräch. Die Ablenkung tut gut, denn das Wasser ist ziemlich heiss. Schon bald werden wir zu roten Tomaten auf unserem Hals.


Wanderung im Mustang Tal

Am folgenden Tag machen wir uns auf den Weg nach Jomsom (2.750 m), der Hauptstadt des Distrikts Mustang. Die kleinen Dörfer entlang der Strecke sind alle überfüllt, es ist fast unmöglich, durchzukommen. Es ist Apfelerntezeit. Überall werden Äpfel verladen, umgeladen und entladen, zwischengelagert und an Ständen am Strassenrand verkauft. Links und rechts der Strasse parken die Fahrzeuge der Händler und Käufer kreuz und quer. Ausserdem wollen Lastwagen und Busse die Strasse passieren. Ein Ding der Unmöglichkeit! Die chaotischen Zustände erinnern uns an Indien. Irgendwann steige ich aus und versuche auf meine eigene zackige Art, das Chaos zu regeln. Irgendjemand muss es ja tun, die Polizei ist entweder überfordert oder zu faul.

 

Nach unserer Ankunft in Jomsom stellen wir den Unimog im ausgetrockneten Flussbett ab. Dani sucht auf der Karte eine Wanderroute für den nächsten Morgen. Wir können direkt von unserem Standort aus starten und nehmen die 700 Meter hohe Steigung in Angriff. Wir sind erstaunt, dass keine anderen Wanderer unterwegs sind. Abseits der üblichen Routen ist der Tourismus in den hübschen Bergdörfern kaum spürbar. Vereinzelte Homestays zeugen von touristischen Aktivitäten in der Gegend. In Phalyak verfolgen wir die Buchweizenernte. Die Bauern trennen mit Dreschflegeln die Körner von den Ähren. Das habe ich wohl zuletzt im Freilichtmuseum Ballenberg gesehen.

 

Die letzten Kilometer führen uns bei starkem Gegenwind über die Naturstrasse entlang des Flusses zurück zum Stellplatz. Die Strasse ist gut befahren und wir schlucken viel Staub. Das mag ich nicht und halte bei der ersten Gelegenheit per Anhalter an. Die Polizei, dein Freund und Helfer, nimmt uns mit. Wir sitzen hinten auf der Ladefläche und werden kräftig durchgeschüttelt. Aber hey, besser als zu laufen ist es auf jeden Fall.


Muktinath, wie hast du dich verändert?

In Muktinath, auf einer Höhe von etwa 3.600 Metern, gefällt es uns ziemlich gut. Hier können wir wandern und in einigen Restaurants essen gehen. Das Dorf selbst ist jedoch eher unscheinbar und voller Baustellen. Über die Jahre hat es viel von seiner ursprünglichen Atmosphäre eingebüsst. Nur noch wenige alte Häuser stehen, und die Hauptstrasse ist gesäumt von neuen Restaurants und Hotels in verschiedenen Baustilen. Leider entstehen immer mehr davon.

 

 

Am Ende des Dorfes Muktinath, auch Jim-Pu-Chhe genannt, befindet sich eine gut besuchte grosse Tempelanlage. Eine lange, steile Treppe führt zu dieser Anlage hinauf, entlang derer die Bettelmönche gehen. Auf dem Hügel gibt es zahlreiche Gompas, Stupas und einen im Pagodenstil erbauten Shivatempel. Hier soll sich auch ein Fussabdruck von Vishnu befinden. Auf der Vorderseite des Tempels befinden sich zwei eiskalte Wasserbecken, genannt Musktikundas. Das Wasser stammt von den 108 unterirdischen Wasserspendern. Pilger glauben fest daran, dass ein heiliges Bad in diesen Becken den Körper und Geist reinigt. Die goldfarbenen Wasserspendern in Form von Kuhköpfen sind im Halbkreis angeordnet, aus ihren Mündern fliesst das heilige Wasser.

 

 

Im Dorf gibt es zahlreiche Souvenirläden, in denen frierende Frauen ihre selbstgemachten Handarbeiten anbieten: bunte, kratzige Schals, Socken und vieles mehr. Touristenkram interessiert uns nicht, jedoch sind wir am Yak-Käse interessiert. Den Käse aus Pokhara haben wir am Stück oder gerieben genossen. In einem lokalen Lebensmittelgeschäft werden wir in einer riesigen Kühlbox fündig. Ein Kilo kostet umgerechnet etwa 14 Schweizer Franken und scheint nach der Verkostung ein faires Angebot zu sein. Wir schleppen 2 kg nach Hause. Zuvor gibt es allerdings noch einen Yak-Burger im Hotel Bob Marley für Dani.


Urlaub in den Bergen

Die Nacht liegt still über uns, und wir schlafen wie Murmeltiere in unserer „Höhle“. Leise und heimlich hat sich die weisse Pracht über Nacht ins Tal geschlichen. Am Morgen erfreuen wir uns am Anblick des Schnees. Früh entscheiden wir uns aufzubrechen und wandern durch idyllische und authentische Dörfchen, die noch nicht von hässlichen Bauten entstellt wurden.

 

Plötzlich stehen wir vor einem Fluss mit einer Brücke. Allerdings liegt die Brücke, wahrscheinlich seit dem letzten Hochwasser, um 90 Grad zur Seite. Aufgeben und umkehren? Das kommt nicht infrage, das kriegen wir schon irgendwie hin. Wir hangeln uns über das defekte Brückengeländer und überqueren den Fluss, auch wenn es eher ein Bach ist, wir möchten trotzdem nicht hineinfallen. Besonders angetan haben es uns die Dörfchen Jharkot und Jhong, nur wenige Kilometer von Muktinath entfernt, wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint.

 

Das Wetter meint es ausgesprochen gut mit uns, und wir beschliessen, länger zu bleiben. Mit ausgiebigen Wanderungen bis auf 5.000m, mit Sport, dem Schreiben im Blog, dem Putzen des Unimogs, Wäschewaschen und mit Nichtstun vertreiben wir uns die Zeit.

 

Der Blick auf die Bergwelt ist atemberaubend. Jeden Morgen geniessen wir den freien Blick auf den Dhaulagiri, den höchsten Gipfel des nepalesischen Dhaulagiri Himal im Himalaja. Mit 8.167 m ist er der siebthöchste Berg der Welt unter den 14 Achttausendern und darüber hinaus der höchste Berg, dessen Gipfel nicht auf einer Staatsgrenze liegt.

 

Benjamin aus Berlin ist mit seiner Triumph Tiger in Nepal unterwegs, in Richtung der Mustang-Region. Wir haben ihn bereits in Georgien und in Dubai getroffen. Wir halten regelmässig über WhatsApp Kontakt und vereinbaren, ein paar Tage gemeinsam in den Bergen zu verbringen. Die Abende sind gefüllt mit vielen guten Gesprächen über das aktuelle Weltgeschehen, die Weiterreise und dem Kartenspiel "Tschau Sepp". Benjamin schläft drei Nächte bei uns am Boden. Beim nächtlichen Gang zum Wasserlassen passen wir auf, nicht auf den jungen Mann zu treten, und das gelingt uns erstaunlich gut.


Upper Tatopani

Heute Morgen wurden wir durch ein Erdbeben geweckt. Am nächsten Tag überprüfen wir den Erdbebendienst. Die 5.2 auf der Richterskala waren deutlich spürbar. In Nepal kommt es regelmässig zu Erdbeben. Zum Glück ist nichts passiert.

 

 

Auf dem Rückweg nach Pokhara entscheiden wir uns, in Jomsom die riesigen, angebotenen Äpfel zu probieren. Sie werden nur in grossen 5-kg-Säcken angeboten. Eigentlich viel zu viel, aber wir schlagen trotzdem zu. Im Nachhinein ärgern wir uns, dass wir nicht 10 kg gekauft haben. Solch knackige, saftige und schmackhafte Äpfel bekommt man nicht in der Schweiz.

 

 

Wir machen erneut Halt in Tatopani und entspannen unsere müden Beine im heissen mineralhaltigen Wasser. Abends erkunden wir das sehr touristische Tatopani. Das Dorf dient den Touristen des Annapurna Circuit Treks als Übernachtungsmöglichkeit. Auf der Karte entdeckt Dani oberhalb von Tatopani ein kleines Bergdorf. Wir beschliessen spontan, das Dorf am nächsten Morgen zu erkunden.

 

 

Solche spontanen Entscheidungen bescheren uns immer wieder die grössten Überraschungen. Einzigartige Entdeckungen in unmittelbarer Nähe zum Touristenstrom erfreuen uns besonders. Kein Tourist verirrt sich hierher, da die gewöhnliche Route unten im Tal verläuft. Neben einer Kirche schneiden Frauen riesige Gurken auf und geben uns ein Stück zum Probieren ab. Sie sehen eher wie Melonen aus, schmecken aber wie Gurken.

 

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht machen wir uns auf den Rückweg, essen Frühstück und bereiten den Unimog für die Fahrt zurück nach Pokhara vor.


Pokhara zum 2.

In Pokhara lassen wir uns wieder einmal von den Vorzügen verwöhnen, die der Tourismus mit sich bringt. Wir flanieren am Ufer des Phewa Sees entlang, geniessen köstliches, wenn auch nicht gerade preiswertes veganes Essen und bestücken unseren Kühlschrank aufs Neue mit Delikatessen. Wir nehmen an einer gut besuchten Hata-Yoga-Stunde teil, in einer angesagten Lokalität mit Blick auf den See und gönnen uns hin und wieder einen erfrischenden Fruchtsaft.

 

Es ist schon eine Weile her, dass wir gewandert sind. Deswegen ziehen wir unsere Bergschuhe an und machen uns auf den Weg zum 1.550 Meter hohen Sarangkot. Sarangkot ist DER Aussichtspunkt schlechthin, um die benachbarten Achttausender zu betrachten. Es würde auch eine Seilbahn nach oben fahren, aber unser Stolz erlaubt uns nicht, den leichteren Weg zu wählen. Schliesslich ist der Weg das Ziel. Die 750 Höhenmeter bewältigen wir mit Leichtigkeit und geniessen das imposante weisse Panorama. Nein, die Rückfahrt haben wir nicht mit der Seilbahn angetreten – das hätte bedeutet, dass wir das erfrischende Bad im Bach hätten auslassen müssen.

 

Bevor wir Pokhara verlassen, versorgen wir uns noch mit deutschem Brot, nepalesischem Käse, scharfen Würsten und Honig für Dani, sowie Tee für mich. Nun kann es losgehen, wir starten den Motor und fahren los in Richtung Chitwan-Nationalpark.


Chitwan National Park

Für die Strecke von 150 Kilometern bis nach Chitwan, was „Herz des Dschungels“ bedeutet, setzen wir zwei Tage an. Die beschädigten Schotterpisten sind katastrophal schlecht und es scheint, als würde jeder Kilometer eine Ewigkeit in Anspruch nehmen. Im Chitwan Nationalpark planen wir, erneut eine Jeepsafari zu buchen, da ich unbedingt noch einmal ein Panzernashorn in freier Wildbahn erleben möchte. Die letzte Safari, die wir im Jahr 2014 hier unternommen haben, war fantastisch. Doch unsere Hoffnungen werden gedämpft, als wir feststellen müssen, dass die Gegend überfüllt von Jeeps ist, und zusätzlich ist die Jahreszeit für die Sichtung großer Tiere ungünstig. Wir machen uns keine Illusionen und entscheiden uns stattdessen, an den alten Erinnerungen festzuhalten.

 

So kommt es, dass wir bei unserer Joggingrunde dem Fluss (East Rapti River) entlang fast auf Krokodile treten ZUdem entdecken wir unglaublich viele Vögel in den Büschen, die erschrocken das Weite suchen. Wieder am Auto, kommen wir mit Som und seiner Frau ins Gespräch. Er trägt ein großes Stativ mit einem hochwertigen Leika-Fernglas, denn er ist Ornithologe. Für den nächsten Morgen vereinbaren wir eine Vogelbeobachtungstour. Wie aufregend und faszinierend ist das denn? Überdies laden wir das nette Paar spontan zu einem Birchermüsli-Frühstück ein, und sie bieten uns im Austausch an, dass wir abends bei ihnen essen und duschen dürfen.

 

Wir verbringen einen angenehmen Abend mit Soms Familie und erreichen unser Auto nach der nächtlichen Fahrradtour ohne Nashornbegegnung sicher. Früh am nächsten Morgen brechen wir auf, ausgestattet mit Kamera und Fernglas. Trotz unserer kleinen Runde fallen uns zahlreiche unbekannte Vögel in verschiedenen Größen auf. Som nennt uns geduldig die lateinischen Namen der Vögel, die wir sofort wieder vergessen. Er informiert uns über die Fressgewohnheiten und besonderen Merkmale der Vögel. Besonders die Eulen und die Urhühner, die wir sichten, werden uns in Erinnerung bleiben. Interessanterweise stammen unsere Haushühner von diesen geschützten Urhühnern ab.

 

Freudig stelle ich heute fest, dass ich von unserem Stellplatz aus zwei Elefanten in der Ferne erblicken konnte. Nur das erhoffte Nashorn bleibt noch aus.


In der Hauptstadt

Der nächste erwähnenswerte Stopp ist die Hauptstadt Kathmandu, wo wir den Durban Square besichtigen und durch Tamel, die Altstadt schlendern. In dieser Region hat das Erbeben 2015 mit voller Wucht zugeschlagen. Wir erkennen, dass viele Bauten restauriert oder gar neu erstellt wurden. Aber immer noch ein wertvoller historischer Ort, der Durban Square.

 

 

 

Kurz vor Mitternacht, wir liegen im Bett, werden wir durch ein kräftiges Schütteln aufgeschreckt. Ein beklemmendes Gefühl, denn ist uns sofort klar, dass die Erde bebt. Wir haben uns beim zu Bett gehen noch gewundert, weshalb die Strassenhunde so bellen, heulen und nervös sind. Sie erkennen solche Ereignisse offenbar im Voraus. Wir fühlen uns in unserem Heim allerdings sehr sicher. Wir erfahren am nächsten Morgen, dass im Epizentrum im Westen des Landes, einige hundert Tote gegeben haben muss. In der Hauptstadt sind allerdings keine Schäden sichtbar.


Uns kann nur eine Strassensperre aufhalten

Im dichten Smog können wir es nur drei Tage aushalten. Unsere Lungen beginnen sich zu melden und wir husten kräftig. So machen wir uns schneller als vorgesehen auf den Weg in Richtung Berge. Unterwegs möchten wir den Everest View Point besuchen. Es dämmert bereits. Wir finden einen abgeschiedenen Ort und geniessen in Ruhe unseren Hörnli Gratin, überbacken mit feinstem Mozzarella aus Kathmandu. Den Mozzarella haben wir von einem Italiener, der seit Jahren in Nepal lebt, und eine Käserei betreibt. Dort durften wir ihm bei der Herstellung zuschauen. Neben Mozzarella produziert er auch Ricotta und Parmesan. Selbstverständlich haben wir von jeder Käsesorte ein grosses Stück in unserem Kühlschrank.

 

Am darauf folgenden Morgen klettern wir, gemeinsam mit zahlreichen weiteren Touristen, noch vor Sonnenaufgang auf einen Berg zur Aussichtsplattform. Das Panorama ist beeindruckend, auch wenn der Everest, von der Sonne verdeckt, nicht zu sehen ist. Auf dem weiteren Weg in Richtung Indien werden wir in den Hügeln von der Polizei gestoppt. Diese perfekt geteerte, doch etwas schmale Strasse dürfen wir anscheinend nur nachts befahren. Es wird gesagt, dass dies zu unserer eigenen Sicherheit sei, da es häufig zu Unfällen kommt. Diese Aussage beruhigt uns keineswegs, insbesondere weil nachts alle Lastwagen die Strasse nutzen. Wir bestehen darauf, dass wir nicht bei Nacht fahren, da es zu gefährlich sei.

 

Die Polizei setzt sich mit dem Kommandanten der regionalen Hauptstadt in Verbindung. Uns wird erlaubt, um 17:00 Uhr weiterzufahren – aktuell ist es 12:00 Uhr. Ich möchte anmerken, dass es um 17:30 Uhr bereits stockdunkel ist. Wir werden immer ungeduldiger, und können diese Regelung nicht nachvollziehen. Dani geht genervt weg und ich fordere unsere Pässe zurück. Wir steigen ins Auto und setzen die Fahrt fort, obwohl wir damit rechnen müssen, Schwierigkeiten zu bekommen.

 

 

Vorsichtig navigieren wir um die engen Kurven und betätigen dabei das Horn. In einem Dorf steht bereits ein Polizist bereit, doch wir ignorieren ihn und fahren weiter. Langsam nähern wir uns der Bezirkshauptstadt und können die Gebäude aus der Ferne erkennen. Glücklicherweise wird die Strasse hier breiter. Nach einer Kurve erreichen wir jedoch eine Polizei-Strassensperre. Die Beamten winken uns deutlich auf die Seite. Nun können wir nicht mehr weiter. Wir warten ab, was geschehen wird.

 

 

Unsere Pässe werden einbehalten und wir müssen einem Motorrad in sehr langsamen Tempo folgen. Auf der Polizeistation öffnet sich ein grosses Tor und wir werden auf einen Parkplatz geleitet, dann folgen wir einem Beamten. Ein Adjutant begrüsst uns freundlich und serviert uns erst einmal Tee. Wir erklären unsere Lage, dass wir keine andere Möglichkeit sahen, als weiterzufahren, da wir nie in der Dunkelheit fahren. Er hört uns aufmerksam zu und verschwindet anschliessend aus dem Büro.

 

 

Kurz darauf erscheint er wieder und teilt uns mit, der Kommandant habe den Wunsch, mit uns zu sprechen. Geduldig warten wir in seinem Büro, bis das Telefonat beendet ist. Nachdem er aufgelegt hat, befragt er Dani zu seinem Alter und meint, er sei doch wohl alt genug, um Regeln zu beachten. Er betont, dass er bei seinen Schweizbesuchen ebenso alle Regeln einhalte. Wir fühlen uns wie Schüler, die vom Schuldirektor ermahnt werden. Wir entschuldigen uns und dürfen ohne weitere Konsequenzen unsere Reise fortsetzen. Haben wir unsere Entscheidung bereut? Nein, es ist undenkbar, die engen Strassen bei Nacht mit Lastwagen zu teilen. Dies ist einfach nicht durchführbar. Vielleicht mangelt es uns an kognitiver Reflexionsfähigkeit, doch wer so unterwegs ist wie wir, muss sich zur Wehr setzen und kann nicht einfach abwarten und die Situation erdulden.


800km Umweg!

Am äussersten östlichen Rand des Landes erreichten wir die indisch-nepalesische Grenze und suchten das Einwanderungsbüro auf. Dort prüfte die Beamtin unsere Reisepässe und schüttelte ungläubig den Kopf. Was ist das Problem? Wir dürfen das Land zwar verlassen, doch die indischen Grenzbehörden würden uns die Einreise verwehren. Die Grenze ist für alle Personen, die nicht aus Nepal stammten, gesperrt. Die nächstgelegene offene Grenzübergangsstelle liegt 400 km westlich. Offensichtlich haben wir unser Vorhaben nicht gründlich genug geplant, denn diese wichtige Information war uns entgangen. Wir nehmen es mit Fassung – es ist ja unser eigener Fehler. Also mussten wir umkehren, wie im «Leiterlispiel», dass ich in meiner Kindheit so gemocht habe. Also auf geht’s: 400 km nach Westen durch Nepal und daraufhin in Indien weitere 400 km gen Osten.

 

Spezielles:

Interessanterweise tragen alle Motorradfahrer ohne Ausnahme Helme, was von der Polizei strikt kontrolliert wird. Jedoch verzichten die Mitfahrer, in manchen Fällen eine ganze Familie inklusive zwei bis drei Kindern, auf jeglichen Kopfschutz. Das scheint wenig sinnvoll, aber unlogische Vorschriften sind uns ja nicht fremd.

 


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