Blog #24a, Marlene (November 2022, Saudi-Arabien)
Saudi-Arabien ist erst seit ca. vier Jahren für den Tourismus geöffnet. Dennoch verlief die Einreise sehr professionell und freundlich. Am Emigration Schalter stellen wir uns in die Schlange. Als der junge Beamte hinter dem Desk uns bemerkt, winkt er uns zu sich an den Schalter nebenan. Er nimmt unsere Dokumente entgegen und lässt die anderen Reisenden in der Schlange warten. Wir fühlen uns unwohl und wollen uns nicht vordrängen. Niemand regt sich auf. Die Unterbrechung wird stoisch hingenommen. Unsere Fingerprints werden elektronisch aufgezeichnet und gefühlte 5 Minuten später haben wir unsere Pässe zurück. Weder bei der Ausreise aus Jordanien noch bei der Einreise nach Saudi-Arabien wurde unser Fahrzeug überprüft. Sobald wir alle nötigen Stempel haben, die Gebühren beglichen sind, dürfen wir die letzte Schranke passieren.
Saudi-Arabien ist ein Wüstenstaat und das 13. Grösste Land der Welt, das sich über den Grossteil der Arabischen Halbinsel erstreckt und ans Rote Meer sowie den Persischen Golf grenzt – sechs Mal so gross wie Deutschland. Das als Wiege des Islam bekannte Land beherbergt zwei der heiligsten islamischen Moscheen: Al-Masdschid al-Harām in Mekka, Ziel der jährlichen Pilgerfahrt Haddsch, und die Prophetenmoschee Al-Masjid an-Nabawi in Medina mit der Grabstätte Mohammeds. Wir sind noch nicht ganz sicher, ob wir in die beiden Orte überhaupt reinfahren dürfen. Wir hören unterschiedliches, wissen aber nur mit Sicherheit, dass die Moscheen nur für Moslems zugänglich sind. Es leben rund 35,34 Millionen in SA davon ca. 11 Millionen Ausländer. In der Hauptstadt Riad leben rund 8 Millionen (Stand 2018.) Laut Grundgesetz vom März 1992 ist Saudi-Arabien eine Monarchie, die von den männlichen Abkömmlingen des Königs und Staatsgründers Abd al-Aziz ibn-Saud regiert wird. Das Königreich besteht aus 13 Provinzen; diese werden von Prinzen oder engen Verwandten der königlichen Familie gelenkt.
Der Niqab oder Nikab ist ein vor allem von muslimischen Frauen getragener Gesichtsschleier. Dieser wird oft in Verbindung mit einer Abaya (schwarzer bodenlanger Umhang) getragen und ist hier weitverbreitet.
Ob Frauen einen Niqab tragen, hängt unter anderem von der jeweiligen Auslegung des islamischen Begriffs der ʿAura (deutsch: Scham) ab. Ein unter islamischen Rechtsgelehrten weitgehend anerkannter Idschmāʿ besagt, dass das Tragen eines Niqabs nicht verpflichtend, jedoch lohnend sei, so ist das Tragen hier in Saudi Arabien freiwillig, denn es wird weder im Koran noch in der Sunna vorgeschrieben. Die Tradition ist aber so tief verwurzelt, dass sich daran nichts ändern wird. Muss es aus unserer Sicht auch nicht. Die saudische Kultur muss nicht mit unserem Verständnis von Freiheit Hand in Hand gehen. Die Kleidung einer Frau sollte aber definitiv nicht körperbetont oder enthüllend sein. Es ist also kein religiöses Gewand, sondern ein traditionelles. Nur die Frauen des Propheten Mohammed mussten ihr Gesicht verschleiern.
Wir fahren nach Al Qurayyat, eine Stadt mit 300’000 Einwohner. Wie immer in einem neuen Land, brauchen wir Cash sowie neue SIM Karten. Etliche Autofahrer hupen und winken uns zu. Einer hält an der Ampel neben uns an und deutet Dani das Fenster herunter zu kurbeln. Die drei Männer in der üblichen langen weissen Kleidung (Dishdasha) und rotkarierten Kopfbedeckung (Ghutra) die durch den schwarzen Ring (Igel) gehalten wird, bitten uns ihnen zu folgen. Nach einigen Minuten stehen wir vor einem riesen Haus und sind zum Essen eingeladen. Nasser, welcher gut Englisch spricht und seine zwei Brüder begleiten uns hinein. Kaum eingetreten muss ich nach rechts in den Frauentrakt und Dani nach links. Mich erwarten die fünf Schwestern von Nasser mit ihren Kindern, mitten drin die Mama. Alle tragen sie legere Kleidung und strahlen mich so unglaublich herzlich an. Ich werde von allen umarmt, abgeküsst und bekomme gleich einen arabischen Kaffee in die rechte Hand gedrückt. Dieser, so lerne ich, wird aus Kaffee, Kardamom, Nelken und Safran hergestellt und ohne beimengen von Zucker. Kaum sitze ich auf dem Sofa erhalte ich die Süssigkeit Kletscha zum Probieren, ein Gebäck, dass aus Hefeteig besteht und innen mit Dattelsirup gefüllt ist und die obligate Zuckerdosis fehlt also auch heute nicht. Ich sage euch, ultralecker. Überhaupt essen wir hier gepresste Datteln, getrocknete Datteln, zerstampfte Datteln und eben den Sirup.
Ich werde mit Fragen gelöchert und habe meinerseits auch ganz viele. Spannend ist, dass alle seit 4 Jahren Auto fahren und die meisten arbeiten. Sie haben alle studiert (Chemie, Physik, Mathe und Informatik) und arbeiten Vollzeit. Die Nannis aus Kenia und Äthiopien, sind ein voll integrierter Bestandteil der Familie und erzählen in bestem Englisch wie es ihnen hier geht. Sie betreuen die Kinder zusammen mit der Oma.
Die Ehemänner der Fünf leben teilweise in anderen Städten und keiner ist anwesend. Ist aber auch überhaupt kein Thema. Ob diese noch andere Frauen haben, wagte ich nicht zu fragen. Hamina, die Mama und Familienoberhaupt, erzählt mir aber, dass ihr verstorbener Ehemann drei Frauen hatte. Bei unserem gemeinsamen Ausflug mit den Brüdern zusammen, hatte ich dann reichlich Mühe die Frauen zu unterscheiden. Es blitzen durch den Niqab für mich einfach nur schwarze Augen durch, wenn diese nicht durch eine dunkle Sonnenbrille verdeckt sind. Sie tragen den Abaya und die Binde um die Stirn mit einer Selbstverständlichkeit und es gibt für sie keine Diskussion darüber.
Nasser, der mit seiner Familie in Interlaken, Grindelwald und Luzern war, hat schon berichtet, dass sie die Blicke und das Getuschel hinter ihrem Rücken bemerkt haben. Es hat ihn aber überhaupt nicht gestört den sobald die Bevölkerung erkannt hat, dass sie Englisch sprechen und liebenswert sind, waren die Vorbehalte vergessen. Wie würden die Menschen hier auf der Strasse reagieren, wenn ich meine Schultern, Knie oder gar Bauchnabel zeigen würde? Weshalb sie den Schleier nicht entfernen in Europa hat wohl einfach mit Gewohnheit und Tradition zu tun. Sie fühlen sich nackt und unwohl ohne. Ich passe mich den Gegebenheiten an, bedecke was ich muss.Ich mag kein grosses Ding daraus machen, ansonsten muss ich solche Länder in Zukunft meiden. Natürlich drängen die gelebte Kultur und Tradition die Frauen in diese Rolle. Wir haben allerdings keine Sekunde das Gefühl, dass die Frauen mit der Situation unzufrieden sind, wie zum Beispiel im Iran.
Ich gewinne in diesem Land ganz viele neue «Sisters» denn als solche werden sei mir vorgestellt. Endlich, habe auch ich Geschwister. Zusätzlich ist die Gastfreundschaft und Herzlichkeit in muslemischen Ländern sowie allgemein ausserhalb Europas um ein Vielfaches grösser.
Dani und ich lernen sehr viel über die Regeln zu Tisch. Es gibt immer zuerst einen Kaffee aus Porzellan Tassen dazu Datteln, erst danach wird süsser Tee im kleinen durchsichtigen Glas serviert. Aus den vielen Töpfchen die jeweils auf dem Boden serviert werden, tunkt man sein Fladenbrot nur am Rande auf seiner Seite ein. Fällt mir jetzt bei dem leckeren Hummus besonders schwer. Ich könnte ihn mit dem Suppenlöffel essen. Alles wird mit der rechten Hand gegessen, getrunken und auch entgegengenommen. Die Linke wird beim Toilettengang gebraucht. Sind die Tassen leer, wird automatisch nachgefüllt. Legt man jedoch seine Finger über die Tasse, schwenkt diese hin und her und sagt «bass», so bedeutet dies, dass man fertig ist. Nach dem Essen bedankt man sich bei Allah mit folgenden Worten «katar allah kerkum».
Seit Stunden fahren wir heute schon durch die unendliche Wüste. Beim Wassertank auffüllen vor dem Supermarkt werden wir von Abdulaziz angesprochen und klar, zum Essen eingeladen. Stolz zeigt er die Bilder von seinem Unimog. Ein U4000 mit Pritsche für den Ausflug in die Wüste. Abends treffen wir uns an dem vereinbarten Platz im Nirgendwo und er bewirtet uns so herzlich. Bevor wir bei seinem Nachtlager eintreffen fahren wir das erste Mal abends durch eine Stadt in SA. Die Strassen sind so bunt kitschig beleuchtet, dass wir denken sie haben die Adventsbeleuchtung extra für uns montiert. Abdulaziz erwartet uns schon am Feuer und der Kaffee ist bereit. Er kocht auf seinem Gaskocher und im Feuer viel Leckeres und die Nacht wird lang. Nach dem Frühstück trennen sich unsere Wege aber wir werden uns bestimmt in Riad nochmals treffen. Ich werde in Zukunft nur kurz über all die Einladungen berichten und die speziellen hervorheben. Ist für euch, ausser das ihr Hunger bekommt bei Lesen, sicher irgendwann auch langweilig.
Unser Kühlschrank läuft immer noch nicht. Alle Reparaturversuche mittels Email und Telefonaten mit dem Hersteller Dometic sind gescheitert. Die Analysen haben ergeben, dass die zentrale Steuereinheit, die den Kompressor steuert, defekt ist und muss ersetzt werden. Wie bekommen wir nun das Teil von Deutschland nach Saudi-Arabien? Via DHL/Feedex oder mit wem auch immer ist aus zolltechnischen Gründen alles andere als einfach. In der Türkei wurde vor Monaten ein Paket am türkischen Zoll einfach zurückgesendet. Aber wie damals, bin ich sicher, wir finden auch dieses Mal eine Lösung. Wir haben alle Möglichkeiten ausgenutzt und doch es scheint ein Lichtstreifen am Horizont.
Wenn es so weitergeht wie in den ersten 5 Tagen, brauchen wir bald einen Anhänger. Über Schal zur feuerfesten, handgemachten und ultraschweren Pfanne und Unmengen an Datteln in jeder erdenklichen Form, Tee, eingelegte Oliven und Makdous (mit Walnüssen gefüllte, in Olivenöl eingelegte kleine Aubergine). Datteln und in Olivenöl konservierte Nahrungsmittel nehmen wir herzliche gerne an, denn diese müssen nicht gekühlt werden. Geschenke nicht anzunehmen ist eigentlich unmöglich und zudem unfreundlich.
In Dumat al Jabal, einer kleinen Stadt besichtigen wir das Castel. Abdullah, ein lokaler Guide führt uns durch das alte Gemäuer. Es passiert uns immer wieder, dass wir auf Heidi angesprochen werden, ja Heidi und Geissenpeter. In Saudi-Arabien scheint jeder Heidi zu kennen und zu lieben. Sobald wir uns als Schweizer zu erkennen geben, werden wir darauf angesprochen, so auch von Abdullah. In den 90-er und 00-er Jahren gab es in SA zwei verschiedene Fernsehsender. Einen Nachrichten- und einen Unterhaltungssender. Zweiterer strahlte einmal in der Woche eine Episode des Heimatdramas aus. Manche Saudis wollen wissen wo das Mädchen in der Schweiz wohnen würde. Die Enttäuschung ist jeweils gross, wenn wir erklären, dass es sich dabei nur um eine Geschichte handelt. Die Schweiz ist für viele Saudis ein Sehnsuchtsland mit grünen Wiesen und Wäldern, Wasserfälle, Seen und Kühe. Die Heidi-Produktion war bestes Marketing und ein Grund wieso Abdullah von der Schweiz schwärmt.
Unsere Reise führt uns vorbei an Tabuk in Richtung Neom. Dazwischen wollen wir ein paar Tage in die Wüste und verlassen irgendwann die Hauptstrasse und biegen rechts in eine kleine Schotterstrasse. Etwas Luft aus den Reifen lassen und weiter geht’s. Wir sind absolut fasziniert von der unendlichen Weite, der Stille und der atemberaubenden Schönheit die eine Wüste bietet. Wir holpern über steinigen Untergrund, über ausgefahrene Wellblechpisten und schweben später über pudrigen gelben oder roten Sand. Die Umgebung mit kleinen runden bis sehr hohen kantigen steilen Felsen ändert sich stündlich und lässt uns mit Fantasie viele skurrile Gestalten und Formen erkennen.
Wir tauchen unsere Zehen in den warmen Sand und besteigen steile Dünen und geniessen das herrliche Gefühl der grenzenlosen Freiheit. Im Gegensatz zu Al Ula in SA oder Wadi Rum in Jordanien ist diese Gegend noch nicht vom Massentourismus entdeckt worden. Es hat hier absolut keine Touristen. Wir begegnen lediglich vielen Kamelen und einigen Beduinen. Ich bin absoluter Kamel Fan geworden. Sie sind unglaublich neugierig, manche zutraulich und wir können unsere Hände richtig in ihr weiches lockiges Fell graben und sie streicheln. Kamelmilch, welche ich hier sicher noch probieren werde, soll ja bekanntlich sehr gesund sein. Ich trinke ansonsten nur Pflanzenmilch, möchte mir ausnahmsweise eine Kostprobe genehmigen.
Nur noch einige Kilometer trennen uns von Neom und dem Roten Meer. Wir schlafen heute wohl unter Palmen und lauschen dem Rauschen der Wellen.
Die Nächte an der Küste sind relativ warm und wir können das Fussballspiel Schweiz-Portugal draussen eingewickelt in warme Kleidung geniessen. Baden ist auch immer noch gut möglich, ich halt wie schon im Iran/Jordanien in Joggingkleidung. Aber gibt, weiss Gott, schlimmeres im Leben, ich möchte mit niemandem tauschen.
Die Mailänderli sind im Backofen und ich nutze die Zeit euch die unglaublichen Projekte der Saudis vorzustellen. Am Roten Meer, exakt da wo wir jetzt stehen im Nordwesten des Landes, vis à vis von Ägypten soll die Megacity Neom entstehen. Neom ist ein Grossprojekt der Saudische Regierung, dass im Rahmen der «Vision 2030» umgesetzt wird um die Erträge des Landes, nach dem Ende der fossilen Brennstoffe, weiterhin zu sichern. Geld scheint keine Rolle zu spielen, so ehrgeizig sind die Ziele der Saudis.
Mit «The Line», das grösste Vorhaben in Neom, entsteht eine Stadt in einem einzelnen Gebäude, welches 9 Millionen Menschen Platz für Wohnen und Arbeiten bieten soll. Das Gebäude soll 200m breit, 500m hoch und sagenhafte 170km lang werden – schnurgerade mit verspiegelter Front. Link: The Line
Denjenigen die es interessiert, empfehle ich auch die kritischen Beiträge auf YouTube zu dem Projekt zu schauen.
So grosse Baustellen haben wir noch nie gesehen. Die Zufahrtsstrassen sind gebaut, Zäune werden errichtet, 5G Handyantennen in rauen Mengen hochgezogen, Wasser- und Stromversorgung sind vorhanden. Es werden bis zur Fertigstellung 2030 etwa 380000 Arbeitsplätze geschaffen, so die Idee. Auf der Hauptstrasse fährt man locker eine Stunde der riesigen Baustelle entlang. Tausende von monströsen Baumaschinen, Hydraulikbagger, Radlader und riesigen Kipplader sind hier im unermüdlichen Einsatz um die ambitionierten Ziele der Königsfamilie zu realisieren. Unglaublich die Menge an Material, dass hier für den Aushub der Baugrube verschoben wird. Vom Gebäude steht bis heute allerdings noch nichts.
Wir stellen fest, dass einige Dörfer auf Google Maps gar nicht mehr existieren. Die Häuser abgerissen und dem Erdboden gleich gemacht, die Einwohner zwangsumgesiedelt. Es gibt viele kritische Stimmen zu den verschiedenen Projekten in SA. Solange viele Firmen, deren Managern und Mitarbeitern finanziell von den unzähligen Investitionen profitieren sind diese Stimmen allerdings nicht so gut zu hören. Neom ist das grösste Projekt im Land aber nicht das einzige. Für Nemo sind bis Ende 2030 1'000 Mia. USD budgetiert. Eine Million Millionen: 1'000'000'000'000.- USD!
2030 ist das Datum, an dem das Land bereit sein möchte für den Tourismus, im grossen Stil. Ausser einem Golfclub und einem mittelgrossen Flughafen steht in Neom noch nichts. Ich bin mal gespannt!
Die Guetzli sind fertig, ultralecker etwas unförmig geworden. Ok, nicht so gut wie die von meiner Mama aber doch respektabel.
Die Tage tröpfeln so langsam dahin und wir geniessen das entschleunigte Reisen gerade sehr. Kiten im Roten Meer oder Wandern abseits der Menschen irgendwo in einem Wadi. Irgendwas unternehmen wir immer, halt so ganz nach Lust und Laune.
Die Strände sind kilometerlang rar besucht und das Korallenriff geht bis fast zum Strand. Etliche Abschnitte sind gesperrt und es steht noch KEIN Hotel an der Küste. Dementsprechend intakt ist die Unterwasserwelt. Wir sehen etwa 5 Meter vom Strand entfernt Feuerfiste, Anemonen mit «Nemos» darin. Riesige Schnecken/Muscheln liegen leer im Sand. Das wird sich wohl schlagartig ändern, wenn das Land bereit ist für den Massentourismus. Die Strände sind so herrlich sauber wie schon seit Monaten nicht mehr gesehen. Bei unserer Morgenjoggingrunde zähle ich mehr als 20 Mülltonnen und nein, wir sind stundenlang unterwegs gewesen. Es hat auffallend viele Reinigungskräfte die am Strassenrand, Parks und Strandabschnitte. Angenehm fürs Auge mal nicht durch den ganzen Müll zu kurven
Wir sind heute in den grünen abgelegenen Palmen übersäten Wadi Al Disha angekommen. Die spitzigen hohen Berge haben wir von weitem schon gesichtet. Beindruckend wie diese aus dem Sand steil und spitz in den blauen Himmel ragen. Wir sind noch lange in der dunklen Nacht unter dem Sternenhimmel gesessen und haben die Sternschnuppen gezählt. Bis zu 150 Sternschnuppen pro Stunde sollen es gewesen sein, denn heute ist die Nacht des Perseiden-Meteorschauers, das Sternschnuppen-Ereignis des Jahres.
Nach einer kleinen Wanderung sind wir tiefer ins Wadi reingefahren. Ohne jegliche Erwartung und umso mehr erfreut als wir erfassen, was da für eine unglaublich schöne Landschaft uns da beglückt. Wir cruisen durch kleine Flüsse, enge Schluchten und bestaunen tatsächlich ganz viele Palmen die vor einer imposanten Berglandschaft in den Himmel ragen. Ein Tal der Stille inmitten der Natur ohne Trubel. Ein herrlicher Rückzugsort. Dieser Tag bleibt uns mit Sicherheit ein Leben lang in bester Erinnerung, denn es war wirklich atemberaubend. Hätte ich das am Morgen gewusst, hätte ich doch glatt mal saubere Hosen angezogen, mich frisiert und geschminkt. Wir sehen uns meist am Abend die Fotos an und es sieht so aus, als wären alle vom selben Tag. Nein, es sind nur dieselben Jeans/T-Shirt seit exakt 7 Wochen. Ja, einmal in Jordanien gewaschen. Irgendwann laufen sie allein und suchen verzweifelt eine Waschmaschine.
Es ist Zeit für uns aufs Dach zu klettern und nochmals in die rabenschwarze Nacht einzutauchen. Bin gespannt wie viele «shooting stars» wir heute geniessen können. Es waren einige.
Heute haben wir Al Ula erreicht. Al Ula ist eine Oase im Nordwesten des Landes an der Weihrauchstrasse und touristisch vermutlich die aktivste Gegend in SA. Die Altstadt war über 800 Jahre lang ein wichtiger Ort auf dem der Pilgerroute nach Mekka. Die aus Lehm gebaute Siedlung steht seit den 80er Jahren leer und zerfällt langsam. Einige der Strassen wurden jedoch stilvoll Restauriert und ein Rundgang lohnt sich. Hegra, eine Gräberanlage der Nabatäer und antike Stadt ist schnell angeschaut, denn wir sind nur bis zur sehr stylishen Kaffeestube gekommen. Für 25 CHF p.P. lassen wir dies links liegen. Petra in Jordanien, eine weiter Kultstätte der Nabatäer hatten, wir während drei Tagen durchwandert und die unzähligen Grabstätten besichtig. Mehr ist nicht mehr.
UNESCO Kulturerbe hin oder her. Der Elefantenstein fotografieren wir aus dem Auto heraus, denn hier öffnet der Zugang zum Stein erst um vier Uhr. Wir warten nicht zwei Stunden um einen Stein anzusehen. Also auch hier, gesehen und weg. Es macht eh mehr Spass selber Strukturen, Gestalten und Formen zu entdecken. In Al Ula ist alles sehr strukturiert und organisiert. Wir bekommen so einen Eindruck wie es in diesem Land sein wird, wenn es breit von den Touristen bevölkert wird. Aber wie alles hat es auch Positives. So können wir im «Public Viewing» auf einer riesen Leinwand in bequemen Sitzsäcken hängend, den kleinen sowie den grossen Fussball WM Final geniessen. Wir treffen hier auch auf Overlander. Wir geniessen es sich mit Gleichgesinnten über unsere Erlebnisse auszutauschen. Die Holländer Charlotte und Richard sind mit ihrem Land Cruise schon viele Jahre unterwegs. Die beiden haben wir in Griechenland an einem einsamen Stand kennengelernt und per Zufall hier wieder getroffen. Wir profitieren oft von Reisenden die schon lange auf der Welt unterwegs sind. Solche Treffen sind unbezahlbar und immer wieder Quelle für neue Ideen.
Eigentlich wollen wir heute weiter, haben uns aber zum Bleiben entschlossen um den angenehmen Austausch zu vertiefen. So stehen wir auf dem Parkplatz des «Winter Parks» bloggen und plaudern. Wir haben erst am 27.Dezember, also in 9 Tagen einen fixen Termin. Tess, unsere gute Fee aus Spanien, die wir über tausend Umwege und Emails gefunden habe, bringt uns unser Ersatzteil für den Kühlschrank nach Yanbu, einer Stadt an der Westküste am Rote Meer. Dort in der Nähe soll der Start und das Beach Camp für die Rally Dakar 2023 sein.
Nach 2 Tagen erreichen wir die Stadt Medina und parken Mitten in der Stadt vor einer Moschee. Medina ist nach Mekka die zweitwichtigste Stadt des Islams. Die Stadt zählt 1.300.000 Einwohner und ist noch nicht lange geöffnet für Nichtmuslimen. Dementsprechend werden wir auch angeschaut. Es gibt jedoch schon einen «Hop-On Hop-Off» Bus, welchen wir benützen um die Stadt zu besichtigen. Wir steigen bei der «Seven Mosques» Mosche zu und lassen uns durch die Stadt fahren. Bei der Prophetenmoschee, nach der al-Harām-Moschee in Mekka, die zweitheiligste Moschee im Islam, verlassen wir den Bus. Hier befindet sich die Grabstätte Mohammeds, errichtet über seinem Wohnhaus.
Als ungläubige dürfen wir den inneren Zirkel nicht betreten, was wir selbstverständlich respektieren. Unzählbar viele Menschen aus allen Regionen der Welt pilgern zur Mosche um das Abendgebet gemeinsam zu verbringen. Wir schauen dem regen Treiben aus der Ferne eine Weile zu und runden den Abend mit einem sehr feinen Pakistanischen Essen ab bevor wieder den Touristenbus besteigen. Retour beim Unimog beschliessen wir gleich hier zu übernachten. Nach einer eher unruhigen Nacht, die Pilger kommen und gehen hier die ganze Nacht, ziehen wir weiter in Richtung Küste ans Rote Meer.
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