Blog #22, Marlene (September 2022, Israel)

Shalom Israel

Israel, von der arabischen Bevölkerung Palästina genannt, ist mit 22.145 km2 nur gut halb so gross wie die Schweiz und grenzt im Westen ans Mittelmeer. Nachbarländer sind Libanon, Syrien, Jordanien und Ägypten. Seinen Namen hat Israel von Jakob, einem der biblischen Stammväter der Juden, dessen Beiname „Israel“ war. Schon vor Jahrtausenden war das Gebiet des heutigen Israels besiedelt. Viele Städte, die in der Bibel erwähnt werden, gibt es noch heute, von anderen findet man nur noch Überreste.

 

Gegründet wurde der Staat Israel nach dem Zweiten Weltkrieg am 14. Mai 1948. Nach der Verfolgung während des Nationalsozialismus, sollten die Juden in einem eigenen Staat in Frieden leben können. Doch auf dem Gebiet lebten nebst Juden auch arabische Palästinenser, die sich gegen die Gründung eines jüdischen Staates wehrten. Bis heute gibt es Streit und Konflikte zwischen Juden und Arabern, die oft gewaltsam ausgetragen werden. Der Nahostkonflikt dauert schon viele Jahrzehnte an. Von vielen arabischen Staaten wird das Land nicht anerkannt.

Die Reise nach Haifa

Der Flug von Thessaloniki nach Tel Aviv verläuft halt so wie ein Flug immer verläuft. Viel warten und rumsitzen. Kaum gelandet sitzen wir bereits in einem Sammeltaxi, welches uns nach Haifa ins Hotel transportiert. Der Zug wäre schneller und günstiger. Wegen eines Feiertags (Rosch ha-Schana) ist der Betrieb allerdings eingestellt. Wir feiern also schon zum dritten Mal Neujahr in diesem Jahr. Rosch ha-Schana ist der Beginn der jüdische Weltschöpfung und steht für die Erschaffung Adams. Es ist für die Juden der Tag an der Bilanz des vergangenen Lebensjahrs gezogen wird. Es werden laut Talmud drei Bücher geöffnet. Ins erste werden die ganz «Gerechten» eingetragen und erhalten sofort das Siegel des Lebens. Ins Zweite die Bösen, welche das Siegel des Todes bekommen. Im Dritten sind die «Mittelmässigen», die sowohl Sünden zu beklagen und Verdienste vorzuweisen haben. Das endgültige Urteil für eben diese Menschen kann in den nächsten 10 Tagen entschieden werden, dann ist der Versöhnungstag. In welches Buch gehörst du lieber Leser? Einen Versöhnungstag könnte jeder Glaube benötigen und würde der ganzen Menschenfamilie von gutem Nutzen sein. Wird irgendwann eine Versöhnung mit der arabischen Bevölkerung möglich sein?

 

Haifa steht auf der Reiseplanung, weil unser Gefährt in drei Tagen hier ankommen wird. Wir haben uns über Booking, in der Nähe des Hafens, ein Appartement gemietet. Wir nutzen die Tage um das schmucke Städtchen zu besichtigen. Im Fahrzeug haben wir das Garmingerät, welches uns die Position jeweils anzeigt, eingeschaltet gelassen um die Reise verfolgen zu können. Allerdings wird das Gerät im Schiffsinneren keine Signale senden können. So sind wir nicht beunruhigt, wenn die letzte Positionsmeldung auch nach drei Tagen immer noch den Ursprungshafen in Thessaloniki anzeigt.

 

Uiiiii was sind wir nervös. Heute ist der Tag der Tage und unser Unimog kommt mit der Fähre an. Wir hoffen, es ist alles noch ganz und unbeschadet!

 

Wir finden uns zur vereinbarten Zeit bei der Firma Rosenfeld Shipping Ltd. ein. Nach vorweisen der nötigen Dokumente wie Fahrausweis, Versicherungsnachweis, Fahrzeugpapiere, Pass und Shipping Application Form, müssen wir die Gebühr für die Überfahrt sowie die Hafengebühr begleichen. Zusammen mit Flug und Unterkunft ist es ein sehr teures Unterfangen. Allerdings wussten wir im Voraus auf was wir uns da einlassen, also jammern wir nicht. Danach geht Dani mit dem Broker zum Hafen um den Unimog zu verzollen. Ich muss Nägel kauend im Büro warten. 


Am Zoll (Dani)

Ich fahre zusammen mit dem Broker und drei weiteren Kunden, die ihre Motorräder abholen wollen, mit dem Auto in den Hafen ein. Das Areal ist gross und wegen Sperren von einzelnen Zufahrtsstrassen, müssen wir einen Umweg fahren. Nach 10 Minuten befinden wir uns auf einen riesigen Parkplatz voller Fahrzeugen. Die Motorräder stehen unmittelbar beim Eingang neben einem kleinen Bürogebäude. Zudem ist ein weiteres Reisemobil ersichtlich. Vom Unimog aber keine Spur! «Do you see your car?» fragt der Broker. Ich schüttle nur den Kopf. Hmmm, hat das Garmingerät doch recht? Steht der Unimog immer noch in Thessaloniki? Mit Puls 120 schaue ich mich weiter um und erblickt nach einiger Zeit unser Begleiter auf der gegenüberliegenden Seite des Parkplatzes zwischen zwei Hafenfahrzeugen stehend. Schreck lass nach. 

Es werden mir die Fahrerkabinenschlüssel übergeben und weiter gehts im Konvoi zum Hafenzoll.

 

Die Motorradfahrer werden gebeten ihr Reisegepäck zum Röntgen auf die bereitstehenden Förderbänder zu legen. Der Zöllner fordert auch mich auf, mein Reisegepäck ebenfalls auf das Band zu legen. Was wird nun unter Reisegepäck verstanden? Alles was man ins Land einführt, erklärt mir der Zöllner. Meine Erklärungen, dass wir einen gesamten Haushalt mit mehreren tausend Gegenständen mitführen, lässt ihn unbeeindruckt. Alles ausräumen, alles aufs Band legen, alles wieder einpacken. Auf meine Frage, wie viele Leute er mir zur Unterstützung zur Verfügung stellen könne, erntete ich nur ein Stirnrunzeln mit anschliessendem Kopfschütteln. Ich werde laut und beschwere mich, ja ich weigere mich dies ohne Hilfe zu tun. Ich warte und unternehme vorerst nichts. Für die riesen Summe die wir hinblättern mussten, ein mieses Verhalten.

 

Man fordert mich auf die Seitentüren zu öffnen und den gesamte Inhalt auf das Band zu legen. Ich frage nach, ob sie wirklich alles, also auch Campingstühle, Tisch und Wanderstöcke sehen wollen. Man nickt. Ein X-Ray System, welches das gesamte Fahrzeug röntgen könnte, existiert nicht. Ich verdrehe die Augen und mache mich wiederwillig an die Arbeit. Ich kann mit dem Fahrzeug nicht unmittelbar an die Röntgengeräte fahren, da diese in einem Zelt untergebracht sind. Ich werde heute also in der Folge ein paar Kilometer abspulen müssen. 

 

Ich lege erzürnt den Campingtisch und die Fahrräder auf das Band, als mir eine weitere Zollbeamtin erklärt, dass ich diese Gegenstände nicht röntgen müsse. Nach dieser Aussage brennen mir die Sicherungen durch. Ich werde sehr laut, man solle sich doch einigen, was geröntgt werde muss und was nicht, bevor ich, ohne ihre Hilfe, alles zweimal herumschleppe. Der Broker muss mich beruhigen. Ich setzte mich ins Auto und versuche mein Puls zu senken. Diese Prozedur ist für mich absolut unverständlich. Ich werde beim Aus- und Einräumen ins Fahrzeug nicht kontrolliert. Ich könnte jederzeit gewisse Gegenstände verschwinden lassen oder im Fahrzeug verstecken. Niemand hat einen Überblick, was geröntgt wurde und was nicht. Ich verstehe die Angst der Israeli und den Bedarf nach intensiven Kontrollen am Zoll. Dann aber bitte professionell mit Hunden und Fahrzeugröntgengeräten. Ansonsten verkommt das zu einer Alibiübung und Schikanierung der Touristen. 

 

15 Minuten später kommt die vorgesetzte Zollbeamtin und will mit mir sprechen. Ich entschuldige mich für mein Ausraster und erkläre ihr die Situation. Sie zeigt Verständnis und wir können uns darauf einigen, dass nur die Gegenstände in den Aussentüren geröntgt werden und den Innenraum visuell überprüft wird. Nach weiteren zwei Stunden ist fast alles kontrolliert und wieder verstaut. Die Fahrerkabine und die Box auf dem Dach hat sich niemand interessiert. Für das Klo auch nicht. Für das Klo interessierte sich, auf der ganzen Reise, noch niemand am Zoll.  

 

Wir fahren weiter ins Zollgebäude um das Fahrzeug formell zu importieren. Pass und Fahrzeugpapiere abgeben. Der Zollbeamte bedankt sich und verlangt eine Liste mit den Waren die wir importieren mit den Angaben zu Wert, Kaufdatum und genaue Bezeichnung, z.B. Modell bei einer Kamera. Ich habe ihn gefragt wie viel Zeit und viele Kopien der Formulare er habe, auf welchem ich die Artikel eintragen müsse. Zudem wisse ich von all den Gegenstände den Preis und das exakte Kaufdatum nicht mehr. Mein Broker hatte Angst, dass ich wieder ausraste. Wir konnten uns schliesslich auf Artikelgruppen, wie Kleider, Schule, Unterhaltungselektronik, Fahrräder, Lebensmittel, usw. einigen. So stehen nun ca. 20 Positionen auf der Liste mit geschätztem Datum und Preise.

 

Nach total gut vier Stunden stehen wir wieder auf dem riesigen Parkplatz vor dem Büro und warten dort nochmals eine gute Stunde, weil auf einem Dokument eine Unterschrift fehlt. Nach über fünf Stunden stehe ich mit dem Unimog vor der Firma Rosenfeld Shipping Ltd. und hole Marlene ab. Später erfahren wir, dass wir mit fünf Stunden noch gut bedient waren. Andere hätten viel länger gebraucht.

 

Gut gebrüllt Löwe!

Jetzt geht’s los

Nach dem ganzen Prozedere haben wir den Kühlschrank gefüllt und Haifa hinter uns gelassen. Wir wollten nach Akko an den Strand. Schnell haben wir auf dem weissen, pudrigen Sandstrand einen geeigneten Stellplatz gefunden. Akko, die alte Hafenstadt, liegt am Mittelmeer, ist von einer massiven Stadtmauer umgeben und fest in arabischer Hand. Wir schlendern durch die engen Gassen und geniessen noch ein Eis. Wir fühlen uns zurück in die Türkei versetzt, wären da nicht die exorbitant hohen Preise. Israel ist preislich etwa in derselben Liga wie die Schweiz. 

 

Der nächste Tag begrüsst uns mit stahlblauem Himmel, genügen Wind zum Kiten und heissen 33 Grad. Perfekt, wir beschliessen den Tag hier zu bleiben um zu kiten, träumen, und zu sein, denn das können wir sehr gut.


Der Kibbuz

Mittlerweile haben wir den ersten Ort, den wir noch aus dem biblischen Unterricht her kennen, erreicht. Der See Genezereth (Lake Kinneret) ist mit ca. 210 Metern unter dem Meeresspiegel der tiefst gelegene Süsswassersee der Erde. Nach dem Toten Meer (rund 420 Meter unter Meeresspiegel) ist er das zweittiefst gelegene stehende Gewässer der Erde. 

 

Ich möchte unbedingt den Kibbuz Ginosar besichtigen der am See liegt. Als Kibbuz bezeichnet man eine ländliche Kollektivsiedlung in Israel mit gemeinsamem Eigentum und basisdemokratischen Strukturen. Es gibt noch 272 dieser Siedlungen mit einer Grösse von bis zu 2000 Einwohnern. Zu Neugründungen kommt es seit 1999 kaum mehr. Zur Zeit der Gründung des Staates Israel lebten etwa 8 % der Israelis in einem Kibbuz, 2014 waren es etwa 1,8 %. Es gab bereits seit den 1990er Jahren Abwanderungen, besonders der Jugend, die nur teilweise durch Zuwanderung aus dem Ausland, beispielsweise aus den USA, Kanada und Europa, aufgefangen werden konnten. Der allgemeine Abwärtstrend setzt sich daher auch seit 2010 fort, da die meisten Jugendlichen spätestens nach Absolvierung ihres Militärdienstes den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen ausserhalb der Kibbuze wahrnehmen und nicht mehr zurückkehren. Die Idee des Kibbuz war eine genossenschaftliche Siedlung gleichberechtigter Mitglieder, in der es kein Privateigentum geben und das tägliche Leben kollektiv organisiert werden sollte. Wir haben erstaunlich viele Israelis kennengelernt die in einem Kibbuz aufgewachsen sind. Für die einen war es paradiesisch und für andere wiederum ein einschneidendes negatives Erwachsen werden. 

 

Wir sind mit dem Velo quer durch den Kibbuz geradelt und haben Menschen bei der Meditation, Massage, schwimmend oder tanzend unter Palmen beobachtet. Auffallend ist die friedliche angenehm ruhige Stimmung. Auch wir haben es uns nicht nehmen lassen im lauwarmen klaren See zu planschen. 


Die seltsame Oase

Im Norden, entlang der Golanhöhen haben wir diverse Sehenswürdigkeiten, die wir gerne besichtigt hätten. Am Ende haben wir praktisch alle sausen lassen, da wir nicht bereit sind für einen Spaziergang zu einem Wasserfall oder einer kleinen Wanderung in ein Tal hohe Eintrittspreise zu bezahlen. So beschliessen wir nach Katzrin, einer kleinen Stadt in den Golanhöhen zu fahren. Bei der Suche eines geeigneten Stallplatz für die Nacht, haben wir einen sehr speziellen, mystischen Ort gefunden. Es sieht aus wie in einer Oase. Der kleine Naturpool ist eiskalt und mit glasklarem Wasser gefüllt, umgeben von Feigen und Eukalyptusbäumen.

 

Es stehen hier Sofas, Stühle, Tische, Teppiche und Matratzen rum. Wir fragen uns, wer hier gewohnt hat. Im Laufe des Abends kommen einige junge Studenten vorbei um im Pool zu baden. Sie erzählen uns, dass sie die obligatorischen Schuljahre absolviert haben und aus dem ganzen Land hierher kommen um die Tora zu studieren. Danach gehen sie für mindestens 2,8 Jahre in den Militärdienst, (Girls gehen «nur» 2 Jahre) was sie mit Stolz erfüllt. Die Jungs sind alle streng gläubig und tragen die Kippa auf dem Hinterhaupt. Sie haben uns auch Stolz von Ihrer Heimat, dem heiligen Land, erzählt und möchten Israel nie verlassen. 

 

Was absolut toll ist, dass praktisch alle nebst hebräisch, arabisch auch englisch (Handelssprache) sprechen, macht es für uns so viel einfacher. 


Zum Yom Kippur bei Lea und Assiel

Heute Morgen, kaum aus den Federn, kommt Lea mit Ihrer Freundin angejoggt und möchte wissen wer wir sind. Sie lädt uns spontan zum Frühstück ein. Gemütlich räumen wir alles ein und fahren runter nach Katzrin. Lea und ihr Mann Assiel leben mit Ihren 6 Kindern in einem geräumigen, modernen Haus. Kaum angekommen, werden wie fürs Frühstück zu Tisch gebeten. Wir sind eingeladen zu bleiben so lange wir wollen und nehmen das Angebot gerne an, denn heute Abend beginnt Yom Kippur, ein weiterer jüdischer Feiertag. Es ist der Tag an dem entschieden wird, in welches Buch man eingetragen wird. Es ist der Tag an dem man andere Menschen um Verzeihung bittet für verletzende Handlungen/Worte, die während des Jahres verursacht worden sind. Vor dem Abendessen segnet Assiel seine Kinderschar und wir dürfen still am Ritual teilnehmen. Das Essen ist üppig, weil es die letzte Mahlzeit ist für die nächsten 24 Stunden. Das Mahl endet mit einem gemeinsamen Gebet der Dankbarkeit für die Mahlzeit. Die Länge hängt von der Üppigkeit der Speise ab – also heute ein langes.

 

Die Männer tragen an diesem heiligen, speziellen Abend wie auch Morgen von Yom Kippur weisse Kleidung und eine Kopfbedeckung wie ein Art Zylinder oder die Kippa. Eine Stola mit Kapuze bedeckt die Schultern. Die Frauen kleiden sich sehr hübsch und bedecken die Haare mit wunderschönen kunstvoll arrangierten, bunten und behangenen Turbanen. Es kann aber auch ein Hut oder nur ein Stirnband sein. Viele sind mit Flip-Flops oder Barfuss unterwegs, denn Lederschuhe sind an diesen Tagen verboten. Dani, ganz in weiss (das blaue Oberteil wechselt Dani später), und ich begleiten die Familie in die Synagoge. Wir erhalten eine englische Buchvariante des Yom Kippur-Gebetsbuch und Lea zeigt mir immer wo wir sind. Es ist sehr eindrücklich wir stehen oder sitzen und beten, singen oder lesen still. Es ist ein stetiges kommen und gehen auf der Frauenseite. Ich beobachte das Treiben und Geschehen voller Neugier. Auch im Freien vor der Synagoge wird gebetet oder sie sitzen in kleinen Gruppen zusammen und unterhalten sich während sich die Kinder laut und lebendig im angrenzendem Spielplatz Vergnügungen. Jeder so wie es ihm beliebt. Auffallend ist, dass keine der vielen Frauen geschminkt ist. Sie sind sehr natürlich, zurückhaltend und strahlen eine innere Ruhe aus. Ein einmaliges unglaubliches Privileg, dass wir hier erleben dürfen. 


Safed

Am nächsten Tag verbringen die Gläubigen den ganzen Tag in der Synagoge und beten und singen aus dem dicken Buch. Wir verzichten auf den anstrengenden Anlass und fahren in die Heilige Stadt Safed. Damit können wir auch das Fasten umgehen. Wie früher an den Lauberhorn Skirennen, sind die Strassen absolut leergefegt, kein Shop, Kaffee oder Tankstelle ist geöffnet. Es fahren an Feiertag keine Busse und keine Züge. Das ganze Land steht still. Das einzige Treiben in den Gassen sind die Gläubigen die zur Synagoge huschen.

 

Wir setzen uns auf eine Bank vor einer solchen und lauschen dem wiederholenden Gesang der Rabbiner, Kindern und den Männern zu, welcher immer lauter und ergreifender Singen und ihre Körper wippen, schneller und heftiger vor und zurück. Es wirkt für uns, als seien sie in einer Trance. Die Kabbala-Lehre (das Überlieferte) eine mystische Tradition des Judentums, der unteranderem auch Madonna folgt, soll hier entstanden sein. Er lehrt die Weisheit der Kabbala als notwendiges Mittel zur Korrektur der egoistischen Beziehungen zwischen Menschen und zur Erlangung des Weltfriedens.


Mika Winery

Heute folgen wir einer Wanderempfehlung von Lea und verlassen die liebenswerten Menschen. Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt und wir befinden uns bald in dichten, schattigen Rhododendren Wälder. Genüsslich erfrischen wir uns unter dem Wasserfall, einfach herrlich bei diesen Temperaturen. Durch die Tipps der Einheimischen können wir nun Wandern und Baden ohne die horrenden Eintrittspreise der Touristenhotspots zu bezahlen. Weiter geht’s nach Ein Keshatot wo wir eine archäologische Ausgrabung besichtigen, welche sehr Aufwendig mit 3 D Animationen und vielen technischen Hilfsmittel eine Synagoge mit den originalen Steinen rekonstruiert wurde. Es ist aber einfach zu heiss um lange in der Ausgrabung rumzulaufen und wir sind schnell wieder im kühlen Auto.

 

Zurück im Fahrzeug ruft uns ganz aufgeregt Yossi an. Yossi lebt in Tel Aviv und hat sich in Deutschland ein Unimog bei der Firma Hellgeth gekauft und lässt ihn, wie wir, bei der Firma umbauen. Unsere Nummer hat er von Hellgeth bekommen. Er hat tausend Fragen zum Fahrzeug und möchte uns heute noch treffen. Klar machen wir, wir wollten eh gerade los um eine kleine Winery im Städtchen Natur zu besuchen => Link. Wir verabreden uns also dort zu einer Weindegustation. Dani möchte sich einige gute Flaschen gönnen. Mika, die Besitzerin ist 6-fache Mutter praktiziert Yoga und Meditiert. Die Chemie passt auf Anhieb. Kaum am Degustieren kommt Yossi und seine Frau angefahren und setzen sich zu uns. Der ehemalige Militärpilot ist voll auf zack und löchert uns mit Fragen. Die Beiden besichtigen den Unimog, welcher mittlerweile im Garten der Winery parkt. Wir dürfen hier schlafen, duschen und wenn wir wollen auch mitessen. Mika tischt viele Köstlichkeiten auf und setzt sich dazu. Wir könnten auch im Haus schlafen, denn 3 von Mikas Kindern sind im Militär, wie sie uns Stolz erzählt. 

 

Yossi und Rochia sind hier in den Golanhöhen im selben Kibbuz aufgewachsen und seit vielen Jahren verheiratet. Rochia hat mit viel über das Leben im Kibbuz erzählt. Gutes wie auch schlechtes. Wir werden von den Beiden in ein Restaurant zu einem vorzüglichen Nachessen eingeladen mit Sicht auf den See Genezareth. Was haben wir nur immer für ein Glück, so tolle Menschen kennen lernen zu dürfen.


Die grosse Farm

Am nächsten Morgen, wir haben kaum die Augen auf, rufen Mikas Freundinnen von der Terrasse. Sie möchten unbedingt das Auto besichtigen. Zohar lebt mit ihrem Mann Omer und den drei Kindern auf einer riesigen Farm. Wir sind die nächsten paar Tage bei ihnen eingeladen. Was für ein tolles Angebot, dass wir selbstverständlich auch annehmen. Die Koordinaten haben wir im Navi eingegeben und wir machen uns auf dem Weg. Wir fahren nicht direkt zur Farm denn wir wollen vorher noch in einen Pool, der aus der syrischen Zeit stammt und nur für Offiziere gebaut wurde, besichtigen.

 

Nach einem angenehm kühlen «Schwumm» fahren wir entlang eines grossen Wasserreservoirs zum Hof mit Unterkunft, Stallungen, Werkstatt und Depots für Futter. Wir werden schon von Omer, einem kräftigen und sehr sympathischen Mann erwartet. Gestärkt und verköstigt mit selbstgemachtem Ziegenkäse, der Zohar herstellt, geht’s ab in einen der zahlreichen Landrovern auf dem Grundstück. Die coolen Fahrzeuge haben weder Frontscheiben noch Türen. Wir fahren durch die verschiedenen Zonen, die abhängig von der Jahreszeit für die Herden geöffnet oder geschlossen werden, sodass das Gras regelmässig wieder nachwachsen kann. In einem Abschnitt schauen und ca. 50 Bullen an. Die grössten sind gegen 1 Tonne schwer. Wir sind froh hat es einen robusten Zaun zwischen den stolzen Tieren und uns.

 

Zohar hat 70 Ziegen die sie betreut, pflegt und melkt um ihren wunderbaren variantenreichen Ziegenkäse herzustellen. Nach der holprigen coolen Fahrt mit sehr vielen spannenden Infos geht’s zurück. Omer zeigt uns den ganzen Hof und den umgebauten Bus sowie seine 2 Unimogs. Mit einem davon haben die Beiden vor über 20 Jahre Afrika bereist. 

 

Omer ist ein richtiger Cowboy mit Lasso, Pistole und einer souveränen Ausstrahlung. Er überwacht mit seinen Arbeitern die Tiere mit den Landrovern und 2x täglich reiten sie die Farm hoch zu Pferd ab und prüfen ob alle Gatter geschlossen sind und die Wassertröge voll. Kontrollieren ob es neue Kälbchen gegeben hat und welche trächtige Kuh in den folgenden Tagen bereit ist. Er erzählt uns ausführlich über seinen Alltag, denn so eine Farm ist ein logistisches Meisterwerk. Nachts schiebt immer jemand Wache und überprüft das Anwesen mit einer Drohne und Wärmekamera. Immer wieder werden Versuche unternommen, Tiere zu stehlen. Sie müssen also wachsam sein und Präsenz markieren. Auch werden die weit verstreuten Herden von Wolfsrudeln bedroht. Kein einfaches aber sicher ein erfülltes Leben, dass sie führen, so haben wir auf jeden Fall das Gefühl. 

 

Abends sitzen wir mit der Familie, den Arbeitern und ihren Freundinnen zusammen und geniessen ein herrliches Essen. Ich bin hier als Vegi im Foodheaven. So viele leckere Salate, Hummus, Linsen und Aubergine Varianten.

 

Nach dem Frühstück fahren wir an den heiligen Jordanfluss. Ihr Grundstück grenzt an den Fluss und wir bekommen die Gatterschlüssel ausgehändigt damit wir selbständig an den Jordan fahren können. Ein herrliches idyllisches Plätzchen direkt am Wasser ist schnell gefunden. Wir teilen es mit fünf Jungs die auch einen Schlüssel haben, sprich Freunde von ihnen sind. Wir sitzen den ganzen Tag zusammen, kochen und tauschen uns rege aus. Wir geniessen das Lagerfeuer, den Vollmond und die Atmosphäre. Die Israelis erscheinen uns immer mehr als sehr entspanntes, cooles und gebildetes Volk. Es stimmt gerade alles und fühlt sich absolut richtig an. Wir haben mittlerweile so viel Punkte in Google Maps und noch mehr Einladungen erhalten, ich weiss wirklich nicht, ob es an uns liegt oder wir einfach immer im richtigen Moment an der richtigen Stelle sind. Das Leben meint es gut mit uns und wir sind sehr dankbar dafür.


Tel Aviv

Wir erreichen Tel Aviv früh morgens um Sieben in der Hoffnung, einen Parkplatz in Beach Nähe zu ergattern. Es gelingt uns allerdings nicht in die Nähe der Beach zu fahren. Alle Strassen sind durch die Polizei gesperrt. Es findet diesen Morgen ein Fahrradrennen statt. Wir finden in einer Wohngegend einen guten Platz, packen unsere Fahrräder aus und folgen der Rennstrecke in die City. Der Promenade entlang, treiben von den über 460'000 Einwohner wohl etwa gefühlt 459’000 Sport. So etwas haben wir noch nie gesehen. Es hat so viele Jogger die so schnell sind, dass es sich anfühlt, als ob ein Marathon stattfindet. Im Wasser tummeln sich die Wellenreiter und im Sand die Beachvolleyballer/innen.

 

Tel Aviv ist die zweitgrösste und quirligste Metropole in Israel. Tel Aviv ist eine weltliche Stadt und bekannt für ihr Nachtleben. Viele bekannte DJs stammen aus Israel. Die Menschen zeigen sich sehr weltoffen und das Gastroangebot ist riesig aber nicht sehr budgetfreundlich. Wir besuchen den Stadtteil Jaffa mit seinen Hippster Quartieren und flanieren durch die belebten Gassen. Wir radeln die Sehenswürdigkeiten, die wir uns vorgenommen hatten, ab und setzen uns am Abend erschöpft in eine Strandbar. Bier in der Hand, die Füsse im warmen Sand und ein kitschiger Sonnenuntergang dazu. Was will man mehr nach einem so «anstrengenden» Tag.

Heute Morgen haben wir uns voll motiviert in den Strom der Rennenden eingeordnet und sind dem Fluss entlang mit getrabt. Am Wegrand sehen wir zahlreiche überdachte Trainingsplätze, die mit Trainingsgeräten ausgestattet sind. Wir begutachten die «Gyms» genau, und ziehen und stossen an diversen, uns unbekannten Trainingsgeräten, herum. Gut hat es Bilder dazu, wie diese zu benutzen sind. Schweissüberströmt und recht erledigt kommen wir in unserem rollenden Daheim an. Uns gefällt Tel Aviv super gut und wir können euch einen Städte Trip empfehlen. Trotzdem wollen wir heute weiter – Jerusalem ruft.


Die Heilige Stadt

Jerusalem ist ein Wechselbad zwischen unterschiedlichen Kulturen und Glaubensrichtungen sowie Gegenwart und Vergangenheit. Auf diesem Fleck Erde fand Weltgeschichte statt. Wir schreiten ehrfürchtig durch die alten Gassen in die Altstadt die von einer riesigen Stadtmauer aus dem 16. Jahrhundert umgeben ist. Der geschichtsträchtige Stadtkern kann über sieben verschiedene Tore betreten werden und ist in vier Bezirke eingeteilt. Es gibt ein jüdisches, christliches, armenisches und muslemisches Viertel. Wir schlendern durch den arabischen Suk sowie das christliche und armenische Viertel. Besonders beeindruckt hat uns die Klagemauer, wobei sie verglichen mit der religiösen Bedeutung eher klein ist. Sie ist das Überbleibsel einer zerstörten Tempelanlage. Gläubige stecken kleine Zettel mit Gebeten und Bitten in die Nischen zwischen den Steinen. Zweimal im Jahr werden sie eingesammelt und auf dem Ölberg beerdigt, denn wo der Name Gottes draufsteht darf im Judentum nichts verbrannt werden.

 

Den Davidsturm besichtigen wir von aussen, denn das Museum schliesst schon bald die Tore. Die «Via Dolorosa» ist, gemäss Überlieferung, die Gasse die Jesus mit dem Kreuz auf der Schulter durchschreiten musste zur Grabenskirche, wo er gekreuzigt wurde. Wir beobachten die Gläubigen, welche die Hauswand berühren, in dem der Jesus Händeabdruck verewigt sein soll. Hier soll er gestolpert sein und seine Hand an der Mauer abgestützt haben. Auch wenn ich solche Geschichten kritisch hinterfrage, zieht mich die Stelle magisch an und ich muss ebenfalls hin fassen. Wir sehen Menschen, die zwar kein Kreuz durch die Gasse tragen aber mit blutigen Händen durchpilgern. Der Glaube ist hier allgegenwärtig und spürbar. So auch in der Grabenskirche, eine der grössten Heiligtümern des Christentums. Die Kirche gilt als Ort der Kreuzigung, Grabstelle und Ort der Auferstehung von Jesus Christus. Dementsprechend lang sind die Warteschlangen vor den entsprechenden Kultstätten. Wir versuchen die Menschenmasse so gut wie möglich zu umgehen. Die Beine werden immer schwerer, der Kopf schwirrt langsam und wir beschliessen Morgen weiter zu machen. Heute Abend reicht es nur noch für eine Eiscreme ums Eck. 

 

Wir starten heute schon um sieben Uhr und stellen fest, dass wir nicht die Einzigen sind, die den Wecker gestellt hatten. Tausende orthodoxe Juden sind an diesem Feiertag Simchat Tora (Feier der Tora) mit Palmenzweigen in der Hand unterwegs in die Synagoge bzw. zur Klagemauer. Simchat Tora ist gewissermassen der letzte Tag von Sukkut dem Laubhüttenfest was auch bedeutet, dass die Ferien zu Ende sind. Hurra! Wir sind bald wieder alleine unterwegs.

 

Wir staunen nicht schlecht als wir bei der Klagemauer eintreffen. Seht euch die eindrücklichen Bilder an. Wir müssen die Sicherheitsposten passieren und haben Glück, beim jüdischen Eingang durchgewunken zu werden. So konnten wir eine riesige Warteschlange umgehen. Wir schlängeln uns durch betende, singende und wippende Menschenmassen mit Ziel Tempelberg ins muslemische Viertel. Es sind in ganz Jerusalem viele Sicherheitskräfte anzutreffen. Die Frauen und Männer in ihren Kampfmonturen sehen furchteinflössend aus. Je mehr wir dem Tempelberg nähern desto mehr Sicherheitspersonal treffen wir. Jüdische Gruppen werden im muslemischen Viertel von Bodyguards begleitet. Wir können ohne Begleitung hinein. Oben angekommen werden wir durch unerwartete, wohltuende Ruhe begrüsst und lassen die Moschee auf uns wirken. Sie ist geschlossen, darin befindet sich ein grosser Stein in dem Geister leben sollen. 

Weiter geht’s durch die vielen Gassen des Suks die erfüllt sind mit Gesängen, Gerüchen und vielen kitschigen Gegenständen. Hier leben Christen, Juden und Moslems auf engsten Raum miteinander, nebeneinander und dies führt immer wieder zu Spannungen wie wir selber beobachten konnten. Es ist eine eigenartige, mystische aber auch angespannt Atmosphäre. Wir beobachten eine Gruppe junger muslemischer Frauen, Spalier stehend singen sie in den jüdischen Gassen ihre Lieder. Die feiernde jüdische Gesellschaft fühlt sich dadurch provoziert. Was offensichtlich das Ziel der Gruppe ist. Es fallen laute, vermutlich unschöne Worte, wir verstehen sie nicht. Die Handzeichen die ein jüdischer Junge ins Gesicht der singenden Gruppe hält, sind allerding international für alle verständlich. Wir verlassen den gehässigen Ort schnell.


Das sehr salzige Meer

Totes Meer, gibt es das überhaupt? Existiert darin wirklich kein Leben? Jein, bei ca. 30% Salzgehalt ist, ausser Bakterien, keine Leben möglich. Zum Vergleich, das Mittelmeer hat einen Salzgehalt von lediglich 3%. Wir befinden uns mit -430m an einem der tiefsten Punkt der Erde was in den Ohren gut wahrnehmbar ist.  Wahnsinn! Kaum angekommen, schweben wir auch schon auf den sanften Wellen das Toten Meers. Wir fühlen uns wie ein Quietscheente in der warmen Badewanne. Auf dem Bauch liegend ploppen die Fusssohlen unmittelbar an die Wasseroberfläche also drehen und auf dem Rücken durch das warme Wasser gleiten. Ein ungewohntes aber wunderschön angenehmes und sehr entspanntes Gefühl, dass wir gerade empfinden.

 

Wir sind an einer Küste im «Niemandsland» gelandet. Hier kümmert sich niemand für Ordnung und Aufenthaltsbewilligung. Was dazu geführt hat, dass es leider sehr vermüllt ist und sich etliche Aussteiger angesiedelt haben bzw. hatten. Denn viele haben den Ort wieder verlassen. Die geräumten Behausungen und Zelte liegen immer noch herum. Verschimmelte Matratzen, Blanken, Haushaltartikel, ja ganze Küchen, Sonnenkollektoren und Autobatterien liegen herum. Es scheint niemanden zu interessieren. Ab und zu kommen offenbar Freiwillige vorbei und befreien den Strand vom Müll.

 

Wir werden hier nicht zum Essen eingeladen jedoch oft auf einen Joint oder einem Magic Mushroom.  Der Grund für das Fehlen von Polizei/Militär etc. sind die vielen Sinkholes. Sinkholes (auf YouTube gut dokumentiert) entstehen durch den sinkenden Wasserspiegel des Toten Meeres. Es entstehen Löcher die mit Schlamm gefüllt sind und oft mit schwefelhaltigem Wasser angerichert sind. Den Schlamm, den wir genüsslich einreiben, wird eine grosse Heilwirkung nachgesagt, denn er enthält viele wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente. Die Luft riecht nach Schwefel, Weed und Salz. Gitarren Klang und Trommelklopfen begleiten uns in einem sanften Schlaf. Die Stimmung ist sehr friedlich und wir fühlen uns wohl in mitten von Hippies/Aussteigern und tanzenden Körpern. Wir bleiben noch ein paar Tage und nein, wir können das Leben auch ohne irgendwelche Substanzen intensiv geniessen. Wobei so ein «Pilzli» sicher eine spannende Erfahrung wäre, vielleicht im nächsten Leben. Die unter euch die Erfahrungen damit haben, lasst uns doch daran teilhaben.

 


En Gedi

Über En Gedi, einem Naturreservat in dem wir Wandern und Baden, gelangen wir nach Masada. Masada ist eine archäologische Stätte hoch auf einem Gipfelplateau liegend mit einmaliger Sicht über das Tote Meer. Auf diesem Plateau liess sich Herodes eine Palastfestung erbauen welcher ihm als Zufluchtsort vor jüdischen Feinden und Kleopatra dienen sollte. Wir besteigen den geschichtsträchtigen Ort sehr früh am Morgen um bei Sonnenaufgang die Stimmung auf uns wirken zu lassen. Schweissgebadet erreichen wir die Plattform, werden oben für unsere Strapazen reichlich belohnt. 

 

Ach ja, auf einer Alpakafarm waren wir auch noch.

 


Die künstliche Oase in der Wüste

Die Wüste Negev, unser nächstes Ziel, nimmt flächenmässig etwa 12’000 km² also rund 60 Prozent des Landes ein. Es leben jedoch nur knapp zehn Prozent der Bevölkerung in dieser Gegend. Die Landschaft ist atemberaubend und wir sind absolut begeistert von den unglaublich speziellen, abwechslungsreichen und zahlreichen Schluchten. 

 

Der Besuch bei Gross in Ein Yahav, einem befreundeten Farmer von Omer, lässt uns erneut staunen. In den 1960-er Jahren ist eine Gruppe junger Menschen voller Energie und Tatendrang auf die mutige Idee gekommen, mitten in der Wüste Negev Gemüse anzupflanzen. Sie wohnten zu Beginn in Campingwagen, lebten sehr Bescheiden und ihre ersten Versuche liessen hoffen. Der Staat Israel unterstützt den Versuch und es wurde nach Wasser gebohrt, Elektrizität verlegt und die ersten Häuser gebaut. In einer Tiefe zwischen 500 und 1’500 Meter stiessen sie auf leicht salzhaltiges Wasser, welches sich offenbar sehr gut für den Gemüseanbau eignet.

 

Aus der Idee wurde ein Moshav gegründet. Ein Moshav ist eine genossenschaftlich organisierte ländliche Siedlung mit im Unterschied zum Kibbuz mit einem höheren Anteil von persönlichem Privateigentum. So kommt der erwirtschaftete Gewinn nicht wie in einem Kibbuz allen Bewohnern zu Gute, sondern kann der Farmer für seine eigenen Bedürfnisse nutzen. In Ein Yahav dürfen sich nicht als 150 Familien niederlassen. Das Zusammenleben ausserhalb der Ballungsorte, ist meist in solchen Kommunen organisiert und die Israelis lieben diese Art des Zusammenlebens. Einer für Alle, alle für einen. So lebt die ältere Generation meist nahe der Kinder und Enkel und die Betreuung der Kids ist immer gewährleistet. In den Kommunen befinden sich ein Swimmingpool, Gemeischaftszentrum, Supermarkt, Kindergarten, usw. Die Höhere Schule kann sich in einem anderen Moshav befinden und via Schulbus werden die Kinder transportiert. Hier gibt es kein «Mami Taxi» und auch keine Polizeistation.

 

Heute werden hier Zucchini, Peperoni, Aubergine, Aloe Vera, Tomaten, Gurken, Trauben und Kräuter angepflanzt. Es gibt auch erste Versuche mit Avocado und Pampelmuse. Riesige Flächen Agrikultur prägen heute das Bild in Mitten der Wüste. Die unzähligen Palmen stehen hier in Reih und Glied und prägen das Bild dieser künstlichen Oase. Aus dieser heissen, trockenen Gegend Israels stammen die grossen, fleischigen Medjoul Datteln. Sie sind besser als jede Praline!

 


Izzy der Geschichtenerzähler

Unsere Tour mit Izzy beinhaltet auch eine Führung entlang der Jordanischen Grenze. Er ist ein grossartiger Erzähler. Eid Yahav liegt unmittelbar an der Grenze zu Jordanien. Vor vielen Jahren gab es immer wieder Konflikte mit den Jordaniern, so erzählt er uns. Man hat sich deshalb mit der damaligen Premierministerin Golda Meir am Telefon beraten. Sie empfahl die Zäune zu verschieben um dem Konflikt entgegenzuwirken. So haben sie beschlossen, die Grenzzäune zu verlegen, dass die Felder weiter weg von der Grenze liegen. Nein! Sie haben die Zäune in Richtung Jordanien verschoben. Das Militär ist geflüchtet und Israel ein paar Quadratmeter grösser geworden. Wir durchschreiten die stillgelegten Bunker und besteigen den alten Wehrturm mit freier Sicht nach Jordanien. Nur ein kleiner Zaun trennt uns von Jordanien. Heute ist die Beziehung zu Jordanien sehr gut, erwähnt Izzy mehrfach. Weiter gings zum «Babymaker» Hill. Auf dem Hügel mit Sicht auf den Sonnenuntergang, lauschen wir weiteren spannenden Geschichten. Die jungen Leute fahren hier nachts hin um sich zu vergnügen, deshalb «Babymaker Hill». Zurück im Auto werden wir mit Gemüse und Datteln für die nächsten zwei Wochen eingedeckt. Ich mache mich gleich an die Arbeit und verarbeite (waschen, schnipseln, pürieren) das Gemüse zu Pesto Sauce oder fermentiere es und bereite einen scharfen Hummus aus Auberginen vor.

Die wirtschaftliche Lage zwingt einige Farmer das Handtuch zu werfen. Felder und Greenhouses sind leer und werden nicht mehr bewirtschaftet. Der Import von Produkten, z.B. aus der Türkei, beeinflussen die Preise stark. Auch in Israel ist der Kunden nicht oder nur selten bereit die teuren lokalen Produkte zu kaufen. Die fleissigen Helfer aus Thailand sind alle krankenversichert, tragen falls nötig Schutzkleidung und werden anständig entlöhnt, so wird uns erzählt. Wir bezahlen lieber etwas mehr, haben aber die Gewissheit, dass keine Kinderhände mitwirken und es den Arbeitern gut geht. Oder kriegen es einfach geschenkt! Es gibt hier in Eid Yahav sogar einen grossen Thaimarkt (wie ist das jetzt mit diesen Produkten und Kinderarbeit, ein Dilemma). Wie cool ist das denn!


Eilat – nein Danke!

Wir fahren weiter in Richtung Süden nach Eilat. Wir suchen wie oft unterwegs eine Möglichkeit zu wandern und mehr Ruhe und Einsamkeit. Kurz vor Eilat werden wir fündig und machen halt in einem Wadi (Amram Columns). Soeben sind wir retour von einer kurzen Wanderung durch eine kleine, enge Schlucht, die das Wasser über Jahre geformt hat. An einigen Stellen sind wir froh, treiben wir regelmässig Sport und achten auf die Figur. Die Schlucht ist so eng, dass wir fast hängen bleiben. Die Tierwelt ist sehr vielfältig, so sehen wir Geier, bunte, kreischende und singende uns unbekannte Vögel, Gazellen und kämpfende nubische Steinböcke. Im Oktober ist Paarungszeit der Steinböcke und kämpfen um die Gunst einer Lady. Was sonst. Die Angebetete steht etwas abseits und schaut eher gelangweilt zu, nicht wie wir. Wir stehen in der ersten Reihe, ca. 20m entfernt. Die beiden Streithähne interessieren sich nicht für uns.

 

Heute kommen wir in Eilat an, doch noch. Eine grosse Enttäuschung. Riesige, für uns absolut unverständliche grosse Hotels säumen das Bild. Der Sandstrand, wenn vorhanden, ist so schmal, dass wir uns nicht mal aufraffen können, ein Bad zu nehmen. Es ist keine grosse Sache einen Nachtplatz zu finden, denn campen ist nur an einer Stelle erlaubt. Dieser Platz ist putze hässlich, schlammig und laut, weil viele Campingfreunde permanent hier wohnen und die Generatoren rattern um die Wette. Wir beschliessen den Ort fluchtartig zu verlassen und am nächsten Morgen nach Jordanien weiterzureisen. Deshalb auch keine Bilder vorhanden. Am Abend bereiten wir alle notwendigen Dokumente für den Grenzübertritt vor. Für Jordanien können wir alles online erledigen. In Jordanien benötigen wir wieder das Carnet de Passage für den Unimog. Also ebenfalls zu den ausgedruckten Formularen legen. Es kann los gehen.

 

Zeitig stehen wir auf und hoffen auf einen schnellen Grenzübertritt. Wir haben im Vorfeld gelesen, dass Dieselfahrzeuge und 4x4 nicht immer über die Grenze gelassen werden. Ja, Bravo! Mehr dazu im Jordanien Blog. Es hört doch immer dann auf, wenn’s am spannenden ist.


Spezielles zum Jüdischen Glauben und mehr

  • Das Volk Israel war das Erste in dem der theoretische Monotheismus ausgedrückt wurde, das heisst der Gedanke, dass es nur einen Gott gibt. 
  • Gläubige Juden, wie unsere smarten Gastgeber, tragen ein weisses Hemd, Tallit Katan genannt, an dem 4 Ecken Zizit (Schaufäden) angebracht sind, auch genannt Arba Kanfot (Vier Ecken). Dies ist ein viereckiges Obergewand mit vier besonders geknüpften Fadenbündeln. Die Zizit dienen als Erinnerung an die Mizwot, die göttlichen Gebote. Wer den Schweizer Film «Wolkenbruchs wunderliche Reise» gesehen hat, weiss was ich beschreibe. Der Film ist absolut empfehlenswert.
  • Am Yom Kippur tragen die Männer Ihr weisses Bussgewand in dem sie auch beerdigt werden. 
  • Während des Gebetes wippen einige Gläubige mit den ganzen Körper vor und zurück. Es ist keine Verneigung vor Gott, wie wir ursprünglich dachten. Der Ursprung ist nicht 100%-ig belegt, aber es soll die Konzentration während des Rituals (eine Art von Trance) unterstützen und vor Ablenkung schützen.
  • In der Küche haben gläubige Juden 2 Spülbecken. Das linke für Fleisch und Fisch das Rechte für den Rest. Dies ist nur eine von so vielen Regeln über koscheres Essen. Israel ist Hauptlieferant für koscheren Wein weltweit. Kennzeichen für koscheren Wein sind beispielsweise: Die Trauben werden erst ab dem vierten Jahr geerntet, die Erntegeräte werden unter Aufsicht eines Rabbiners gesäubert und ein kleiner Teil des Weines muss verschenkt werden.  
  • Wir beobachten hier vermehrt, dass zivilgekleidete Israelis bewaffnet sind. So haben wir ein junges Girl in sexy Outfit in einem Kaffee gesehen die ein Sturmgewehr in ihrem Schosse liegen hatte, wie andere ihre Babys. Für Israelis absolut normal für uns gewöhnungsbedürftig. 

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