Gastblog #12 von Barbara – Istanbul nach Kaysari

Aus Madahin wird Mabadahin


Unglaublich, aber wahr. Es ist soweit! Trotz allen Hindernissen und Bedenken meines Umfeldes löse ich mein Versprechen, das ich Dani und Marlene vor gut fünf Jahren gegeben habe, ein. Nämlich, sie in meinem nächsten Sabbatical zu besuchen, egal wo sie sich dann befinden. Aufgrund der allseits bekannten Situation sind sie erst in der Türkei angekommen. Und so reise ich nach Istanbul und freue mich unbändig für fast vier Wochen zusammen mit ‚Madahin‘ dieses Land zu bereisen. Ich erhoffe mir, zu erfahren, wie der Alltag von Dani und Marlene sich anfühlt und für eine kurze Zeit, Teil ihres Lebens zu sein. Ich habe mich soweit wie möglich an alle Anweisungen von Marlene gehalten und bin mit einer minimalen Gepäckausstattung angekommen (maximal 3 Unterhosen, 4 wären Luxus J). Nach einer ausgiebigen Begrüssung geht es gleich los Richtung Südwesten, wo wir nach gut zweieinhalb Stunden Fahrt an einem einsamen Strand das Nachtlager aufschlagen. Eine für mich bereits erste, spezielle Erfahrung, so frei und spontan dort übernachten zu können, wo es ihnen gerade gefällt. Doch die Stille trügt, denn aus dem Nichts taucht ein etwa 40-jähriger Türke auf und bittet uns um Hilfe. Er sei mit seinem Auto im Kies stecken geblieben. Also gut, alles im Auto wieder dingfest machen und los geht’s zur Rettung. Keine Ahnung, wie man das schafft, aber da steckt doch ein ‚normaler‘ PKW am Strand im Kies fest. Seine Erklärung macht für uns nicht viel Sinn, vielleicht liegt es aber am Sprachverständnis. Dank Dani’s Fahrkünsten ist das Auto bald wieder auf stabilem Untergrund und zum Dank gibt’s noch ein Bierchen (auch wenn wir nicht ganz sicher sind, ob unser Kolleg wirklich noch Alkohol trinken sollte). 

Eingewöhnungsphase

Nach einer erstaunlich guten Nacht (ich schlafe ja nicht oft in einem Wohnmobil) fahren wir am Morgen nach Gelibolu, wo wir nach einer Festigungsbesichtigung aus dem 1. Weltkrieg (Namazgah Bastion) mit der Fähre nach Canakkale übersetzen und ich seit fast 6 Monaten in einem Restaurant einen Tee trinken darf. Wer hätte gedacht, dass das einmal purer Luxus sein kann?

 

In der darauffolgenden Nacht hämmert starker Regen aufs Dach und die Temperaturen sinken auf knackige 8 Grad. Am Morgen hält sich der Regen zurück und wir absolvieren eine kunterbunte Hit Session hinter dem windgeschützten Wohnmobil. Meine zweite Erfahrung: eine regelmässige Sporteinheit gehört zur Routine von Madahin und somit für die kommenden Wochen auch zu Madabahin. Die anschliessende Besichtigung von Troja ist trotz Nässe und Kälte unwahrscheinlich spannend und ich stelle fest, dass ich in der Schule in Geschichte wohl oft einen Fensterplatz gehabt habe. Oder wusstet ihr das Troja in der heutigen Türkei liegt? Und dass es nicht nur ein Troja gibt, sondern mindestens 8 verschiedene Epochen, die übereinander gebaut wurden?

 

Nach einem kompletten Kleidertausch und einem warmen Tee geht’s weiter nach Yenikoy, wo wir auf Dani und Marlenes Reisefreunde Marc und Nadine treffen und einen superschönen und lustigen Abend in ihrem Wohnmobil verbringen. Bereits hier erhalte ich einen ersten Eindruck in die liebenswürdige und fröhliche Communitiy von Campern. 

 


Alte Steinhaufen & Sport

Weiter geht’s nach Alexandria Troas, wo wir als einzige Touristen eine idyllische, ehemalige Badestätte aus dem Jahr 210 v. Chr. besuchen. Wie gerne würden wir uns in die Vergangenheit zurücksetzen lassen und das pulsierende Leben in diesem Bad beobachten. Leider bleibt dieser Wunsch unerfüllt und so müssen wir mit Hilfe unserer Fantasie die Ruinen zum Leben zu erwecken. Anschliessend fahren wir nach Assos, wo uns auf einem Hügel eine eindrucksvolle Tempelanlage erwartet. Im Amphitheater kommt Dani dann in den Genuss einer hochwertigen Tanzeinlage von Marlene und mir und wir werden heftig beklatscht. Damit wir noch vor Lockdown Beginn (alle Restaurants müssen um 19h schliessen) in einem Restaurant essen können, geht’s zügig weiter nach Ayvalik. Das Mezze, dass wir serviert bekamen, war fantastisch und wie bereits vorgestern reinster Luxus. Ein traumhafter Sonnenuntergang auf der nahen Insel beendet diesen eindrücklichen Tag. 

 

Dani und Marlene‘s Reisefreunde Nadine und Marc sind ebenfalls zu uns gestossen und so gehen wir den Tag gemütlich an. Joggen, frühstücken, lesen, SUP-len und gute Gespräche sind eine Wohltat für meine Seele. Auch solche Tage gehören dazu und geben Zeit, all die Eindrücke aus den Reisetagen setzen zu lassen und Energie zu tanken. Die Joggingrunde ist für mich nach über 15 Monaten Pause aufgrund meiner Knie OP im Dezember 2019 das Highlight des Tages. Den Abend beschliessen wir dann mit einem Bootstrip um die halbe Insel, einem gemeinsamen Nachtessen und Lagerfeuer. Ich spüre bereits jetzt die positive Energie, die sich aus der Abwechslung von Reisen, Kultur und ‘Sein’ ergibt und mir eine tiefe Entspannung verleiht. 


Izmir und Ephesos

Auf der Fahrt nach Izmir, der drittgrössten Stadt in der Türkei, besuchen wir in Aliage ein Schiffsabwrackwerk, wo Kreuzfahrschiffe über Monate hinweg in ihre Einzelteile zerlegt werden. Ahmed, der gesprächige Pförtner, den wir dank Google Translator etwas verstehen, offeriert uns sein lauwarmes Fanta, welches wir aus Höflichkeit trinken. Izmir, ist wie ausgestorben, da übers Weekend für alle Türken ein strenger Lockdown gilt. Nach einem exzellenten Thaicurry, dass Marlene wie aus dem Nichts auf den Tisch zaubert, machen wir uns auf eine abendliche Erkundigungstour, bei dem der ‘Clock Tower’ nicht fehlen darf. 

 

Den nächsten Tag beginnen wir mit einem Chai Tee, den wir auf dem Bazar trinken, wo wir eine der einzigen Touristen sind. Corona hat auch seine Vorzüge, wenigstens für uns. Danach geht es weiter nach Ephesos, eine der ältesten, grössten und bedeutendsten Städte Kleinasiens. Sie beherbergt mit dem Tempel der Artemis eines der Sieben Weltwunder der Antike. Im Jahr 2015 wurde Ephesos von der UNESCO in die Liste des Kulturwelterbes aufgenommen. In der Antike lag diese Stadt direkt am Meer, heute ist sie mehrere Kilometer davon entfernt. Obwohl Dani und Marlene schon etliche ‚Steinhaufen‘ besichtigt haben, sind sie von der Grösse und der Qualität der Erhaltung beindruckt. Vor allem die berühmte und sehr gut erhaltene Bibliothek und die Marktstrasse lässt uns den Atem anhalten. Auch hier würden wir gerne in die Vergangenheit abtauchen und für eine Weile Teil des damaligen Lebens sein.

 

Den Abend lassen wir im nahgelegenen Selcuk in einem malerischen Restaurant mit Blick über das Tal ausklingen, bevor wir dann auf einem Hügel unseren Lagerplatz erreichen. Übrigens, Marlene fährt den Unimog mit einer Präzision und Leichtigkeit auch über sehr unwegsames Gebiet. Hut ab!


Wellness in Pumukkale

Nach einer Session Krafttraining geht’s weiter Richtung Kapikiri am Lake Bafa, wo wir zufällig die einzigen Gäste aus dem Restaurant von gestern Abend treffen und spontan beschliessen, zusammen unsere geplante Wanderung zu machen. Die beiden sind frisch verliebt, kommen aus Moskau und sprechen sehr gut Englisch. Zusammen klettern wir zweieinhalb Stunden über die felsige Landschaft, die inmitten von antiken Ruinen liegt. Am Lagerfeuer am Ufer des Sees lassen wir einen weiteren spannenden und abwechslungsreichen Tag ausklingen.

 

Unser nächstes Ziel heisst Pamukkale, was ‚cotton castle‘ heisst und diesem Namen alle Ehre macht und das wir gegen Ende des Nachmittags erreichen. Ein riesiges Gebilde aus weissem Kalkstein, mit unzähligen Terrassen türmt sich vor uns auf, die normalerweise mit warmem Thermalwasser gefüllt sind, jetzt aber mehr oder weniger trocken vor uns liegen. Unser heutiger Schlafplatz liegt auf einem Hügel mit herrlicher Aussicht auf die Thermalquellen, wo wir auf ein holländisches Ehepaar mit seinen zwei kleinen Mädchen stossen, die uns spontan zum Nachtessen einladen. Einmal mehr bin ich überwältigt von der Spontanität, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Reisenden und wir verbringen einen lustigen Abend zusammen. Schon bald klettern beide Mädchen auf Marlene’s und meinen Schoss und so konnten beim gute Nachtgeschichten erzählen erste Grossmuttergefühle geweckt werden. Wir beschliessen jedoch beide, dass das noch etwas warten kann.

 

 

Es gibt nur wenige mit Wasser gefüllte Terrassen, deren Wasser jedoch enttäuschend kalt ist. Es hat in den letzten Wochen zu wenig geregnet, was dazu führt, dass die Terrassen nicht mit frischem Wasser versorgt werden. Aus diesem Grund haben wir unsere Badehosen nicht mitgenommen. Doch wir entdecken im Wasserzulauf Kanal eine ‚gestaute‘ Stelle und Marlene und ich ziehen uns kurzerhand bis auf die Unterwäsche aus und hüpfen ins warme Wasser. Was für eine Wohltat, denn Wasser ist beim Reisen eine sehr beschränkte Ressource und es wird sehr genügsam damit umgegangen. Kurz darauf treffen wir auf Ole und Nora aus Berlin, die bereits Madahin’s Wege am Lake Ladon in Griechenland gekreuzt haben. Es gibt einen gemütlichen Spielnachmittag mit guten Gesprächen, gutem Essen und einem gemütlichen Ausklang am Feuer. 


Verkrampfung und Entspannung

Zum Alltag von Madahin gehört auch dazu, dass zwischendurch der Kühlschrank gefüllt und Wäsche gewaschen werden muss. Dazu tuckeln wir nach Denizli, wo offensichtlich rasch eine Wäscherei gefunden wird (gemäss Marlene und Dani ein nicht immer einfaches Unterfangen) und im Carrefour der Grosseinkauf getätigt wird. Bei der Rückkehr in die Wäscherei stellen wir fest, dass unsere Türkischkenntnisse alles andere als überragend sind. Anstatt auf heute haben wir die Wäsche auf morgen bestellt und so nehmen wir sie kurzerhand nass wieder mit. Unser Auto sieht danach wie ein vollgestopfter Trocknungsraum aus. 

 

Always expect the unexpected. Anstatt nach einer Joggingrunde fein zu frühstücken, bleibt bei einem Manöver die Treppe, die wohlvermerkt hätte eingefahren sein sollen, an einem Baum hängen und lässt die Stimmung kurzfristig in den Keller sinken. An einer nah gelegenen Tankstelle erhalten wir jedoch rasch Hilfe. Der Tankwart telefoniert seinem Kollegen, dieser ruft einen weiteren Kollegen an und so weiter und nach kurzer Zeit kümmern sich vier Person um das Missgeschick. Die Treppe wird demontiert und wieder zurecht gehämmert. Dani muss zwar immer wieder eingreifen, da sie sonst sehr kreativ geworden wären, aber nach einer Stunde funktioniert die Treppe (jetzt second hand genannt) wieder und wir können zurück zum Anfang. Den Rest des Tages verbringen wir am Itzuzu Beach, wo es eine Schildkröten Rehabilitationsklinik hat. Diese können wir leider nicht besichtigen, da alle Mitarbeiter in der Quarantäne sind. 

 

Zu dritt an einem 4 km langen und menschenleeren Strand erfinden wir uns neu bei einer Yoga Lektion und einem ausgiebigen Frühstück. Danach machen Marlene und ich uns auf Schildkrötensuche und spazieren bis ans andere Ende des Strandes, wo wir tatsächlich schwimmende Schildkröten sehen. Dani hat übrigens ‚Frauen-frei‘ und kümmert sich um das Auto. Er scheint es genossen zu haben.....


Shopping Day

Es geht zurück in die Zivilisation, genauer gesagt nach Göcek, einem malerischen Dorf mit Jachthafen und wir gönnen uns in einem Hotel ein türkisches Frühstück und ich trinke nach zwei Wochen zum ersten Mal wieder einen Cappuccino. Kleine Sachen können so viel Freude machen. In diesem Jacht-Dörfli gehört Shopping dazu. Für Dani gibt es nach Aussage von Marlene eine masslos überteuerte Salami, die gemäss Dani jedoch jede Lira wert ist. Für Marlene gibt’s ein ‚Hüdeli‘ und für mich eine gehäkelte Tasche (by.esen.macit).

 

 

Auf der Weiterfahrt besuchen wir Fethiye, eine kleine Stadt, welche durch zahlreiche Felsengräber, die in die Felswände gemeisselt wurden, bekannt ist und Kayaköy, türkisch das Wort für ‘Felsdorf’, das auf dem Gebiet einer bis 1922/23 von ethnischen Griechen bewohnten Kleinstadt liegt. Die griechischen Bewohner wurden nach den Bestimmungen des Vertrages von Lausanne vertrieben und so liegt nun eine Geisterstadt von fast 3500 Hausruinen vor uns. Kayaköy wurde von der UNESCO als ‘Word Friendship and Peace Village’ deklariert.

 


Zwei Tage Urlaub

Mit ganz vielen weiteren Eindrücken beziehen wir an der Blue Laguna in der Nähe von Ölüdeniz einen wunderschönen Übernachtungsplatz. Dieser scheint einem Fischer zu gehören, der ebenfalls dort ‘wohnt’. Er hat sich aus unzähligen Plachen und Brettern ein Unikum an Haus gebastelt hat, das direkt am Wasser liegt und einen wunderschönen Blick über die ganze Lagune bietet. Wir beschliessen einen weiteren ‘Ruhetag’ einzulegen und lassen diesen Tag zu einem reinen Energietanken werden. Für umgerechnet 18 Franken kaufen wir dem Fischer fangfrische Krebse, einen Bärenkrebs und vier Fische ab. Einen Teil davon gibt’s zusammen mit Babagnush auf dem Grill, der andere Teil wird eingefroren. Fische sind gut, aber machen nicht dauerhaft satt. Zum Glück gibt’s Salami, sagt sich Dani und geniesst zwei Stunden später ein paar ‘Rädli’ Salami zusammen mit einem Raki. 


BBQ am Fluss

Selten verläuft ein Tag wie geplant, was den Reiz an diesem Leben ausmacht und auch dieser Tag verläuft komplett anders. Nach einer gut zweistündigen Fahrt über einen Pass und durch unzählige Tomatenplantagen, erreichen wir kurz vor der Ortschaft Kas einen der längsten Strände der Türkei, dem wir entlang joggen. Einmal mit brutalem Gegenwind und danach mit herrlichem Rückenwind.

 

Zurück beim Auto begegnen wir einem jungen Türken, der uns spontan zu einem Barbecue an seinem Flusshäuschen einlädt. Er nennt sich Jetin, ist 35jährig und wohnt noch bei seinen Eltern, wo er im Winter auf den Tomatenplantagen arbeitet. Im Sommer arbeitet er in Ölüdeniz in einer Bar, wo er auch Englisch gelernt hat. Er erzählt uns, dass er viel Zeit mit seinem älteren Freund, der Fischer ist, an diesem Platz am Fluss verbringt. Er findet, dass Frauen einfach zu viel reden, weshalb er sich gerne an diesen Ort zurückzieht. Er erzählt uns aber auch, dass er beim Fischen auf dem Meer schon oft tote Flüchtlinge im Wasser hat treiben sehen, die es nicht zu den nahen griechischen Inseln geschafft haben. Auch wenn wir durch die Medien schon davon gehört haben, macht uns die Konfrontation mit der Realität betroffen. 


Die lange Reise ins Landesinnere

Mit einem kurzen Stopp in Kas, wo Dani sich mit neuen T-Shirts und Shorts einkleidet und Marlene einen Cranberry Saft trinkt, der ihr nicht sehr gut bekommt, geht es weiter über Antalya nach Olympos, eine antike Stadt, die eher an ein Hippie Dorf erinnert. Der Name leitet sich von dem Berg Olympos ab, an dessen Fuss die Stadt lag. Von der einst bedeutenden Stadt ist historisch nur Weniges greifbar, aber wir sind fasziniert von den Ruinen, die malerische an einem Bachlauf in Strandnähe liegen. 

 

Am nächsten Tag setzt sich Dani bereits um 6 Uhr ans Steuer, es sind etwa 350 km zu bewältigen. Marlene und ich bleiben gemütlich im hinteren Teil liegen und es fühlt sich fast so an wie in der Business Class der Singapore Airline. Über Konya geht die Fahrt ins Ihlarra Tal mit seinen über 50 Höhlenklöstern. Den Tag beschliessen wir mit einem fantastischen japanischen Essen von Marlene sowie ihrer Reflektion über ihre ersten 10 Monate auf ihrer Reise. Sie sind dankbar für alles Erlebte. So viele positive Menschen kennengelernt und ganz viele Geschenke erhalten zu haben, macht dankbar und demütig. Was die weitere Reise wohl alles noch bringt?


Die Unterwelten

In Selime, wo wir als einzige Touristen die Höhlenwohnungen bestaunen, erhalten wir von einem Einheimischen weitere Informationen über die früheren Zeiten. Sein Grossvater sei noch in diesen Höhlen geboren und auf dem Weg treffen wir eine über hundertjährige, gebückt gehende Greisin, die selbst noch in diesen Höhlen gelebt hat. Sie hört wohl kaum mehr etwas, aber sie winkt uns mit ihren knorrigen Händen zu und in ihrem faltigen Gesicht bereitet sich ein Lächeln aus. Beim anschliessenden Chay trinken im angrenzenden Shop, fahren zwei vollgepackte Velofahrer an uns vorbei. Wir winken ihnen zur Begrüssung und so erfahren wir, dass sie aus der Schweiz sind. Die Welt ist eben doch klein. Nach dem Kauf von frischen Eiern und 3 Flaschen Wein, geht es weiter in die erste unterirdische Stadt nach Derinkuyu, wo wir uns auf eine faszinierende Wanderung in die Unterwelt begeben. Wir steigen mehrheitlich gebückt in die Tiefe, kriechen zwischendurch auf allen vieren durch kleine Tunnels und werden ab und zu von unserem Guide in abgelegene Räume hochgestossen. Zum Glück hat Dani die Stirnlampe dabei, da es keine Beleuchtung gibt. In dieser Stadt lebten bis zu 10000 Menschen auf mehr als 8 Stockwerken in die Tiefe. Die Luft ist erstaunlich gut und wir sind fasziniert von der Belüftungstechnik, die bereits zu dieser Zeit angewandt wurde. Klaustrophobische Gedanken müssen aktiv verbannt werden und dennoch sind wir froh, als wir wieder an der Oberfläche auftauchen. In Kaymakali, dem zweiten Halt mit unterirdischen Städten, werden wir zuerst von der Jandarma begrüsst, die vordergründig unsere Pässe kontrollieren wollen, hauptsächlich aber Interesse am Auto haben. Marlene und ich machen danach eine kurze Besichtigung der Unterwelt, die touristischer und auch etwas moderner daherkommt. Ohne Guide halten wir uns schön brav an die Richtungspfeile, da wir befürchten, Dani müsse sonst ohne uns weiterziehen. Nach so viel Kultur geht’s weiter ins Zentrum von Kappadokien, wo wir unterhalb von Uchisar, auf einem Plateau mit einer umwerfenden Aussicht auf die fairy chimneys im Pigeon Valley unser Tag beenden. 


Hoch über Kappadokien

Wir starten mit einer Wanderung nach Goereme, wo wir nach langer Suche nach einem Chay Tee und Frühstück in einem Hotel fündig werden, das uns bewirten will, denn Restaurants sind grundsätzlich nur für Hotelgäste offen. Bei einem gemütlichen Brunch entschliessen wir uns spontan eine Ballonfahrt zu buchen, was in dieser Gegend fast ein ‘Muss’ ist. Der Wirt ist fasziniert, wie wir Reisen und offeriert uns spontan, in einem Hotelzimmer duschen zu dürfen. Dieses Angebot nehmen wir dankbar an und geniessen es unter fliessendem warmem Wasser unsere Haare zu waschen. Den Rest des Tages verbringen wir gemütlich im Auto, während ein Gewitter über uns vorbeizieht. Zudem haben wir noch etwas zu feiern. Ich erhalte die finalen Resultate meines Studiums und bin happy. 

 

Tagwach ist um 4:30, denn um 5 Uhr werden wir abgeholt, um Kappadokien in einem Heissluftballon bestaunen zu können. Wir beobachten, was es braucht, einen Ballon fahrtauglich zu machen und um 6 geht’s in die Luft. Nach gut einer Stunde sind wir zurück am Boden, wo es zum Abschluss einen non alkoholischen Champagner gibt, der einer Mundspülung gleichkommt und wir aus reinem Anstand trinken. Nach einem reichhaltigen Frühstück geht’s auf eine Wanderung durch Rose und Red Valley und wir sind immer wieder erstaunt, wie die Leute damals riesengrosse Felsen mit primitiven Werkzeugen ausgehöhlt und zu imposanten Kirchen oder Wohnräumen ausgebaut haben. Nach dem Besuch des Freilichtsmuseum in Zelve geht’s auf den Rückweg und nach fast fünf Stunden und 14 Km später sind wir zurück beim Auto und geniessen den Abend mit einer spektakulären Sicht über das Love Valley. 


Hiking Tour durchs Love Valley

Auch an diesem Morgen gibt es ein frühes Erwachen und wir bestaunen über 30 Ballone dieses Mal von unten. Die anschliessende Yoga Session weckt unsere Sinne und wir sind bereit für eine weitere Wanderung, die uns dieses Mal durch das Love Valley nach Uchisar ins Schloss führt. Dieser Burgberg ist eine recht spezielle Form der kappadokischen Wohnhöhlen. Von oben hat man einen grossartigen Ausblick über die verschiedenen Täler.

 

Der Rückweg verläuft etwas abenteuerlicher. Als erstes gelangen wir in ein falsches Valley und müssen uns wieder auf die Fläche hochkraxeln, ein Stück zurückgehen, um dann wieder ins Love Valley eintauchen zu können. Kurz vor Ende begegnen wir einem jungen Schakal, der uns ebenso neugierig wie wir ihn aus naher Distanz betrachtet.

 

Erstaunt über diese Begegnung treffen wir kurz darauf auf zwei Schildkröten, die uns auf illustrative Weise erklären, weshalb das Tal ‚Love Valley‘ genannt wird. Last but not least, kommen wir vom Weg ab und müssen die letzten 100 Meter über rutschige Felsen zu unserem Standplatz hochklettern. Ich bin fast etwas stolz auf mich, da ich weder zu den sehr mutigen noch schwindelfreien Personen zähle.  


Der Abschied

Das Ende meiner Reise naht und Dani und Marlene möchten wissen, was meine Highlights waren. Eine Frage, die sich nicht mit bestimmten Ereignissen beantworten lässt, denn es ist die Summe aller Eindrücke, das Gesamterlebnis, das ein riesen Highlight für mich ist und meine Erwartungen an diese Zeit bei weitem übertroffen hat.

 

Wir fahren nach Kaysari, damit Dani und Marlene vor dem angekündigten Lockdown alle Reserven nochmals aufstocken können. Mein Kleider-Kästli, das Dani mir netterweise zur Verfügung gestellt hat und auf das er sich schon Tage zuvor gefreut hat, es wieder zu erobern, wird kurzerhand in ein Bierdepot umfunktioniert. Ganz wichtig, denn in den nächsten zwei Wochen (harter Lockdown) wird kein Alkohol verkauft.

 

Die Verabschiedung am Flughafen von Kaysari fällt mir nicht leicht. Es waren wunderbare Tage, voller Abwechslung, Neuem und Unerwartetem und ich fliege mit einer grossen Dankbarkeit zurück in die Schweiz und im Gegensatz zum Hinflug ist mein Koffer vollgefüllt mit positiven und wunderschönen Erfahrungen.

 

 

Aus Mabadahin wird wieder Madahin und ich sage ‘DANKE’. 

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