Blog #16, Marlene:

Wo ist der Fluss hin?

Via Gombori Gebirge und Telavi sind wir an den Ilia Lake gefahren. Der See ist künstlich angelegt und dem georgischen Schriftsteller Ilia Chachavadze gewidmet. Am Abend und insbesondere am Wochenende kommen viele Georgier an den See um sich zu vergnügen und das bedeutet in Georgien oft viel Lärm. Deshalb ziehen wir es vor, uns ein paar hundert Meter entfernt, am Zufluss des Sees niederzulassen. Es ist heiss, das Sonnensegel gibt uns den nötigen Schatten und in den im Flusslauf vorhandenen Pools können wir uns abkühlen. Teilweise müssen wir die Badewannen mit einigen Kühen teilen und aufpassen, dass wir nicht in einen frischen Fladen treten.

 

Am 2. Tag haben wir uns mit Lisa und David verabredet. Wir planen die nächste Tour nach Omala über den Abano Pass zusammen zu unternehmen. Mit Fotos von unserem idyllischen Stellplatz am Fluss haben wir sie neugierig gemacht. Am nächsten Morgen, als wir den Kopf aus dem Fenster streckten, war da kein Fluss mehr zu sehen. Alles Wasser weg, ausgetrocknet! Der Fluss wurde durch die Regenfälle in den Bergen, Tage zuvor, gespiesen. Ein schöner Tag hat gereicht um das Wasser versiegen zu lassen. Wir mussten feststellen, dass nur die Flüsse, die vom Kaukasus gespeist werden, das ganze Jahr hindurch Wasser führen. Wir bleiben trotzdem noch einen Tag hier, um uns auf unseren ehrgeizigen Plan mental vorbereiten zu können.


Über den Abano Pass (2’850m)

Der Abano Pass ist einer der höchsten Pässe im Kaukasusgebirge und führt in einer Länge von 72km von Pshaveli nach Omalo. Dass die Strecke zu den gefährlichsten Strassen der Welt gehört, ist unschwer an den unzähligen Gedenksteinen mit Bildern der Verunfallten entlang der Strecke zu erkennen. Teilweise ist auch das Fahrzeug darauf abgebildet oder der Kühlergrill liegt angelehnt an den Gedenkstein. Dani hat vor der Tour einige Bilder und Filme im YouTube angeschaut, um einen Eindruck zu erhalten, ich mag das nicht und lasse mich jeweils gerne überraschen. Unmittelbar nach Pshaveli beginnt die Schotterstrasse, die immer enger wird und in erste Haarnadelkurven führt.

 

 

An einigen Stellen muss ich aussteigen um Dani durch die engen Passagen zu navigieren. Rechts der Fels links ein paar hundert Meter Abgrund. Es hat zu Glück genügend Ausweichstellen um mit dem Gegenverkehr kreuzen zu können. Wir fahren mit Licht, dass man uns gut sehen kann. Die meisten Verkehrsteilnehmen und von denen hat’s einige, halten an oder setzen zurück, wenn sie uns sehen. Ab 2’000m merkt man den Leistungsabfall. Unser Unimog musste massiv keuchen, der Auspuff spuckt schwarze Rauchwolken aus. Nach rund vier Stunden erreichen wir die Passhöhe. Er hat den Höhentest bestanden, wir alle auch. Die Aussicht ist atemberaubend. Die Felslandschaft und die Wälder im unteren Teil wandelt sich oben in steile aber grüne Gebirgsflanken.

 

 

Wir sind allerdings noch nicht ganz am Ziel. Es geht nochmals ca. 800 Höhenmeter auf der anderen Seite und mehrere Haarnadelkurven bergabwärts. Nach weiteren 90 Minuten, es dunkelt schon langsam ein, erreichen wir endlich unseren verdienten Schlafplatz. Am Lagerfeuer gehen wir die heiklen Passagen nochmals durch und sind stolz auf unsere Leistung. 


Eindrückliche Visualisierung der Pass Strasse. (Quelle: YouTube)

 

Tusheti

Wir blieben insgesamt 6 Tage hier in der Region Tushetien und dem angrenzenden Thusheti Nationalpark. Nach dem Frühstücken im schmucken Dörfchen Omalo haben wir die Wehrfestung von Kesselo besichtigt und einen passenden Stellplatz gesucht. Es ist hier so unglaublich grün, ruhig und sieht aus wie in einem Märchenbuch. Wir warten noch auf die Zwerge und Feen. Wir finden sie bestimmt noch in Georgien hinter irgendeinem Hügel. 

 

Eine Wanderung führte uns in eines der unzähligen Seitentäler. Vorbei an kleinen Dörfchen über Wiesen und Schotterhänge mussten wir etliche Male den Fluss überqueren. Brücken gibt es weit und breit keine, so springen wir von Stein zu Stein und bleiben dabei erstaunlicherweise trocken. Wir wurden oben am Berg, kurz vor dem Ziel von Hirten zum Cay eingeladen und durften den selbst hergestellten Käse und Brot probieren. Spannend, wie die Jungs den Geisskäse auf so einfache, traditionelle Art herstellen.

 

Das Endziel Indurta, eine historische Region, ist bis auf ein Haus unbewohnt und man bekommt einen Eindruck wie es früher hier ausgesehen hat und die Einwohner gelebt haben. Die Häuser werden in dieser Region traditionell aus Schiefer errichtet. Die Region ist von Schieferhügeln umgeben, welche bei starkem Regenfall gerne abrutschen und die «Strassen» gerne unter sich begraben. So gefühlt alle 5 Kilometer steht ein Bagger/Raupenfahrzeug bereit um den Schaden zu richten. Wir haben Stellen gesehen, wo auf einer Länge von 200m der ganze Hang über eine Distanz von ca. 500m alles abgerutscht ist. Auch wir kamen in den «Genuss» eines heftigen Gewitters. Der Abano Pass war anschliessend für 24h gesperrt. Wir haben keine Eile, wie ihr wisst.

 

Die Fahrt ins Tal des Pirikita-Alasani bis zum Festungsdorf Dartlo war harte Arbeit für Dani. Er musste sehr viele Äste absägen da der Schotterweg für den Unimog zu eng war. Die Arbeit wurde belohnt, denn das ist einfach nur WOW! Das Dorf ist bekannt für seine historischen Steintürme und Häuser sowie die Dartlo-Kirche. Dartlo ist Teil der historischen Region Tushetien und liegt etwa 12 km von Omalo, dem Hauptort der Region, entfernt. Das Dorf ist restauriert, und es herrscht reges Treiben und sieht sehr bewohnt aus. Rechter Hand liegen mächtige Bergketten, die die natürliche Grenze zu der russischen Teilrepublik Tschetschenien bilden.


Da sind wir Platt

Wir hätten noch länger bleiben können. Die Wettervorhersage hat allerdings starken Regen für die kommende Woche vorhergesagt. So beschliessen wir am nächsten Tag den Rückweg in Angriff zu nehmen. David und Lisa haben uns schon zwei Tage zuvor verlassen. Sie wollen Ende Juli zurück in der Schweiz sein.

 

Die Rückfahrt über den Pass haben wir uns mit einem Besuch im Schwefelbad versüsst, welches wir schon beim Hochfahren gesehen haben. Nach einer wohltuenden Stunde im warmen Wasser, haben wir die restlichen Haarnadelkurven unfallfrei gemeistert.

Kurz vor Ende des Passes hört Dani ein komisches Geräusch, welches vom Fahrzeug stammt und hält an. Wir haben hinten rechts einen Plattfuss.

 

Das ist das erste Mal und wir sammeln uns, gehen die Arbeitsschritte durch die wir, resp. Dani, machen muss. Da wir nur ein Ersatzreifen und keine zusätzliche Felge mitführen, muss der alte Reifen von der Felge entfernt werden. Sogenannte Splitfelgen, die teilbar sind, ermöglichen dies. Es brauchte allerdings zusätzliche Hilfe eines LKW-Fahrers. Zusammen zogen wir den alten Reifen von der Felge. Der neue Reifen und das fertige Rad war anschliessend schnell montiert. Nach drei Stunden, schweissüberströmt aber glücklich konnten wir unsere Fahrt fortsetzten.


Danis Geburtstag

In der Einfahrt in die Winery Giuaani, wo wir uns mit Familie Simml sowie Barbara und Lukas zu Danis Geburtstag treffen, haben wir beim Parken ein dünnes tiefhängendes Kabel übersehen und so touchiert, dass es gerissen ist. Dummerweis handelte es sich dabei um ein Glasfaserkabel, dass den Zugang zum Internet sicherstellt bzw. sicherstellte. Bis die Spezialisten am Nachmittag eintrafen um den Schaden zu reparieren, war die ganze Winery für ca. 6 Stunden ohne Internet. Sie wollten partout nicht, dass wir die Reparaturkosten übernehmen. Wir haben uns für die entstandene Umstände mehrfach entschuldig. 

 

Am Nachmittag durften wir nach alter georgischen Tradition Brot backen. Zur Winery gehört eine voll ausgestattete halb offene Küche, wo traditionelle Kochkurse angeboten werden. In der Mitte steht ein grosser Tonkrug an dessen Boden die heisse Glut den gesamten Krug erhitzt. Der frische Teig wird nach dem Formen per Hand an der Innenwand des Krugs an die Wand gedrückt. Bis der Teig wirklich an der Wand klebt, benötigt der Ungeübte einige Zeit. So lange, dass die Hitze von unten die Härchen an Händen und Armen wegbrennt. Es ist extrem heiss und das Brot ist nach 10 Minuten auch schon fertig. Es schmeckt herrlich knusprig und es geht nichts über warmes knuspriges Brot. Hätte ich gewusst, dass es mir die Härchen gleich abbrennt, so hätte ich den Teig mit den Füssen/Beinen angebracht, dort hätte es mehr zum Abbrennen gehabt.

 

Hier auf dem wunderschönen Areal mit Restaurant und Pool geniessen wir ein paar Tage Urlaub von der Reise. In der Nacht schlafen wir auf dem Parkplatz in unserem mobilen Zuhause. In der tollen Location feiern wir auch den Geburtstag von Dani. Schon der 2. auf Reisen und viele mehr werden hoffentlich folgen.


Ölverlust und sonstige Komplikationen

Heute beim Frühstücken haben wir bemerkt, dass wir am neuen Reifen auf der Innenseite eine Ölspur haben. Offenbar ist der Simmerring (ist irgendeine Dichtung) im Vorgelege undicht. Wir sind statt in die kühlen Berge weitergereist, retour in den Backofen von Tiflis in eine LKW Werkstatt gefahren. Nach dem Zerlegen des Getriebes mussten wir feststellen, dass wir die falschen Dichtungsringe als Ersatzteil in unserem Gepäck mitführen. Lieferzeit der korrekten Ersatzteile 4 – 8 Wochen. Da wir sowieso auf die Reifen warten müssen und sich der aktuelle Ölverlust am Rad in Grenzen hält, bleiben wir entspannt. Dani prüft nun periodisch den Ölstand und füllt gegebenenfalls etwas nach.

 

 

Der unglaublichen, brütenden Hitze in Tiflis entgehen wir in dem wir abends jeweils an den Tiflis See fahren. Ich war heute den ganzen Tag mit Nadine und Marc unterwegs um einzukaufen und Wäsche zu waschen. Wir sind auch mit Marcs Mercedes noch in die Garage gefahren, denn auch er musste Kleinigkeiten reparieren. Als wir dann endlich total platt und KO am abgemachten Strandabschnitt ankamen hat sich Dani mit dem Unimog im Sand eingegraben. Aber so richtig tief. Der Unterboden vom Motor hat bereits den Sandboden berührt. Marc, unser Retter, hat uns souverän rausgezogen. (Ich frage mich schon still, ob man das nicht vorher hätte sehen könne - aber ich war ja nicht dabei).

 

 

Die letzten zwei Tage am See haben wir immer wieder Fahrzeuge aus einem Bachbett ziehen müssen und dachten dabei, wieso kann das passieren es ist doch offensichtlich, dass es nicht geht. Jetzt sind wir selber in dieser Situation. Ihr seht, das Reisen kann sehr anstrengend sein und es können auch mal «Zickigkeiten» ausgeteilt werden vor allem dann, wenn ich Hunger habe. Aber nach einem feinen Essen und einem Bad im See ist die Laune wieder top. Wir geniessen den verdienten «Feierabend».

 

Am nächsten Tag habe ich es gewagt, die Haare von Dani schneiden zu lassen. Nach dem Abano Pass kann uns nichts mehr erschrecken. Das Resultat lässt sich sehen.


PCR Test - einmal mehr

Wir hätten in Georgien eine Aufenthaltsbewilligung von 360 Tagen. Fahrzeuge über 3.5t müssen allerdings nach 60 Tagen aus zolltechnischen Gründen das Land verlassen, ansonsten droht eine Busse. Wir könnten das Fahrzeug im Land prüfen lassen und eine georgische Nummer lösen. Der Prozess schien uns zu umständlich. Zudem öffnete Armenien am 01.07. die Grenzen auf dem Landweg und wir nutzen die Gelegenheit diese Land zu bereisen. Der Plan ist anschliessend wieder nach Georgien zu fahren und somit weitere 60 Tage bleiben zu können.

 

 

 

Für den notwendigen PCR Test mussten wir uns in Geduld üben. Im Megalab in Tbilisi haben wir die Nummern 470-473 gezogen. Auf der aktuellen Anzeige steht 341! Wir haben die Zeit genutzt um in den veganen Shop zu spazieren und meinen Vorrat an Tofu, Hefeflocke und vielem mehr aufzustocken. Entlang der Strasse konnte Dani auch seinen Vorrat mit WD 40, Silikon Fugenkit und einen Fäustling (Hammer) aufstocken. 90 Minuten später stehen wir im Testzimmer und 6 Stunden später erhielten wir die Resultate. 


Ab nach Armenien

Mit den vier negativen Testresultaten in der Tasche steht dem Grenzübertritt nichts mehr im Wege, dachten wir. Beim Losfahren konnte unser Unimog kein Luftdruck aufbauen, sodass sich die Feststellbremse (Handbremse) nicht lösen lies. Die Ursache war schnell gefunden. Der Keilriemen zum Kompressor ist von der Rolle gefallen und musste von beiden Herren neu fixiert werden. Währenddessen Nadine und ich nochmals mit den Hunden spazieren waren. 

 

Auf der Fahrt im Konvoi an die Grenze haben wir noch Wasser und Diesel gebunkert, da wir die aktuelle Situation zu den Ressourcen auf der anderen Seite des Zauns nicht kannten. Die Kontrollen bei der Ausfahrt aus Georgien wurden sehr gründlich vorgenommen, so mussten wir die Haftpflichtversicherung so wie der PCR Test, den wir am 3. Tag nach Einreise gemacht haben, vorweisen. Wir hatten die Dokumente nach etwas Suchen zur Hand und wir konnten weiterfahren.

 

Die Einreise nach Armenien war etwas steiniger, denn wir mussten an unzähligen Schaltern Formulare ausfüllen für die Schwerverkehrsabgaben u.A. für CO2. Danach am Bankomat Geld abheben um die Steuer an einem anderen Schalter in einem separaten Gebäude zu begleichen. Mit der Quittung wieder zurück an ersten Schalter um die Papiere abstempeln zu lassen. Es schreibt sich kompliziert, liest sich sicher auch holperig und genau so war das ganze Prozedere auch. Alle Beamte und Personen die so am Zoll rumstehen waren aber äusserst freundlich und hilfsbereit. In Armenien gibt es offenbar keinerlei Corona Restriktionen. So hat man uns auch am ersten Schalter schon gesagt, dass keine Maskenpflicht besteht und es kein Covid-19 gibt in diesem Land. OK, toll ein Corona freies Land. Hier bleiben wir für immer. Wer von euch kommt auch noch?

 

Als wir dann endlich den letzten Schlagbaum hinter uns gelassen hatten, mussten wir noch die Autoversicherung abschliessen und eine neue SIM Karte lösen. Die Autoversicherung für 4 Wochen kostet 15 CHF, die SIM Karte 9 CHF für 10GB wobei Daten für die gängigsten Apps wie Netflix, Insta, FB, Snapchat, Twitter unlimitiert sind. Es kann losgehen!

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