Griechenland down

Wir standen, einmal mehr, an einem wunderschönen Sandstrand an der Westküste des Peloponnes als wir erfuhren, dass in drei Tagen ganz Griechenland für drei Wochen in den Lockdown geht. Das bedeutet, wir dürfen uns nur noch zum Einkaufen, Arztbesuch und Sport bewegen. Von anderen Campern hatten wir erfahren, dass die fahrenden Touristen während des ersten Lockdowns im März, eingesammelt und in zentrale Camps geleitet wurden – nicht unser Ding.

 

Wir hätten noch die Wahl und die nötige Zeit gehabt Griechenland zu verlassen und retour nach Bulgarien zu fahren. Nach kurzer Absprache mit unseren deutschen Campingkumpels Marc und Nadine hatten wir beschlossen im Land zu bleiben und uns in den Bergen am Stausee zu verschanzen. 

 

Nun hiess es die Westküste des Peloponnes zu verlassen, umdrehen, Grosseinkauf tätigen und retour nach Mouria an den Lake Ladon. Im Rücken dieses wunderbaren Ortes liegt eine verlassene Taverne die heute nur noch eine Ruine ist. Wir beobachteten ausserhalb von Zentraleuropa immer wieder nicht fertiggestellte oder verlassene Gebäude. Es wird nichts abgebrochen, entsorgt oder rückgebaut. Liegt alles einfach nur verlassen da. Oft fühlen wir uns an Pripyat dem verlassenen Ort in der Nähe von Chernobyl erinnert.

Im Lockdown am Lake Ladon

Um mit Neo dem Hund eine Runde zu drehen oder zum Joggen gehen etc. muss eine Maske getragen und eine Selbstdeklaration in Form eines handgeschriebenen Zettels mit Namen, Datum, Standplatz und Grund mitgeführt werden. OK, das machen wir - easy. Drei Wochen am selben Ort stehen haben wir noch nie gemacht. Was macht man den ganzen Tag, dass es nicht langweilig wird? Man nimmt sich kleine Projekte vor. 

Für das allabendliche Lagerfeuer benötigten wir ausreichend Brennholz. Rund um den Stellplatz hat es abgestorbene Bäume. Der kleinste ca. 8m der grösste ca. 15m hoch. Alle hatten einen Durchmesser von ca. 40cm. Die mitgeführten Handsägen haben lediglich eine Länge von 35cm. Marc hat zusätzlich eine mittelgrosse Axt im Gepäck. Unsere Profi-Axt wurde uns an der Grenze zu Moldawien leider abgenommen. Egal, wir haben Zeit. Sechs Stunden später und mit verschiedenen Schnittwunden an den Händen, war der kleinste Baum zerlegt.

Dani findet eine Steckdose und einen Stromverteiler in der Nähe der Taverne. Leider ist nur 130 Volt auf der Dose vorhanden. Auch der mitgeführte 110V/230V Konverter für die USA bringt nicht den gewünschten Erfolg. Projekt erfolglos abgebrochen. Keine Verletzte.

Marlene nimmt sich der Wäsche an, stopft entstandene Löcher in den Klamotten und schreibt ausdauernd am Blog weiter.

In Griechenland stehen überall Mini-Kapellen, z.B. am Strassenrand. Am Standplatz in Meteora hatten wir auch eine solche und zündeten jeden Abend eine Kerze an. Während des Lockdowns benötigen wir natürlich auch eine solche kleine Kapelle. Dani hatte uns dazu ein wunderbares Häuschen gezimmert, Nadine hat Vorhänge gebastelt und Marlene Glasscheiben gesucht, gereinigt und angeleimt. 

Kulinarisch sind wir am Kuchen backen, Stockbrot vorbereitet und Linsen keinem lassen. Mittlerweile wissen wir, dass montags sowie donnerstags der Gemüselaster oben auf der Strasse durchfährt. Mit einem Spurt den Hügel hoch auf die Strasse konnte Marlene diesen zum Anhalten bewegen. Ab diesem Tag hatte er jedes Mal gehalten und wir konnten bequem unsere Früchte und das Obst einkaufen. Quasi Home Delivery Service.

Dani hat ein gebrauchtes Fischernetz am Ufer des Sees gefunden. Ein Netzhaufen mit 1000 gordischen Knoten. Nach mehreren Stunden des Entwirrens hatten wir ca. 10m brauchbares Netz aufgedröselt. An den Enden wurden Petflaschen montiert damit wir es wiederfinden und Gewichte angebracht um das andere Ende des Netzes zu versenken. Abends kurz vor Sonnenuntergang sind wir mit unserem Schlauchboot rausgerudert um das Netz auszulegen. Wir sind kläglich gescheitert, da sich das Netz beim Auslegen erneut zu einem Haufen verknotet hatte. Am nächsten Tag der 2. Versuch mit demselben Resultat. So vergeht die Zeit während des Lockdowns im Fluge.

Marlenes Versuch «Muckefuck» also Kaffee aus Eicheln herzustellen, ist jedoch geglückt. Muckefuck hat eine lange Geschichte. In Zeiten der Not, wurde er als Kaffeeersatz verwendet. Er enthält kein Koffein ist in unserm Fall aber antibakteriell und antiviral. Eicheln hat es hier mehr als genug. Eine Schale voll pflücken und mit einem Stein öffnen, Nussknacker haben wir nicht. Das innere Häutchen hatte sie mit einer Messerspitze abgekratzt, dann zerkleinert und an der Sonne getrocknet. Am nächsten Tag hat Dani die Eichel im Feuer geröstet. Marlene hatte sie danach in einen Sack gesteckt, mit dem Hammer «gemahlen», mit heissem Wasser übergossen und Zucker zugefügt. Wir waren alle erstaunt wie gut dieser geschmeckt hatte. Allerdings nicht so gut, dass wir das Prozedere wiederholt hätten.

Oliven hängen hier direkt hinter uns. Es sind keine Plantagen und es wirkt als gehören die Bäume niemandem. Marlene hat ein Glas voll geerntet und sie nach dem Waschen und Einschneiden für 8 Tage ins Wasser gelegt. Mittlerweile liegen sie im Salzwasser und ziehen vor sich hin. Das Gemüse fermentiert in alten Honiggläser vor sich hin.


Welpenrettungsdienst

Das griechische Gesundheitsministerium verkündete eine Verlängerung des Lockdowns um weitere 3 Wochen, es sollte nicht die letzte sein. Wir beschlossen an Ort und Stelle zu bleiben aber es kam anders.

 

Nadine hatte auf ihrem morgentlichen Spaziergang fünf Hundewelpen im Strassengraben eingepackt in einen Sack gefunden. Mit Decken unter den Armen sind wir los und haben die Kleinen kuschlig eingewickelt und retour zum Stellplatz getragen. Die Tränen sind uns nur so runtergelaufen. Wer macht so was? In Griechenland kommt es leider oft vor, dass Hundewelpen auf diese Art entsorgt werden. Marc hatte in der Zwischenzeit über Deutschland eine Adresse in der Nähe von Kalamata von einer Hundeauffangstation ausfindig gemacht. 

 

Wir haben also unsere Fahrzeuge startklar gemacht und uns auf die dreistündige eigentlich verbotene Fahrt in Richtung Kalamata begeben. Frank, einer der freiwilligen Pfleger in der Auffangstation, schätze das Alter auf ca. 2 Wochen und somit ohne Mutter auf eine minimale Überlebenschance. Er hat uns versichert sich trotzdem um einen Platz bei einer Pflegefamilie in Kalamata zu kümmern. Mittlerweile, 4 Wochen später sind alle Fünf wohlauf, was für eine Freude. Das Tierheim ist auf Spenden angewiesen.

www.dash-tierschutz.de

facebook: dashtierschutzkalamata

 

Unsere Fahrt verlief problemlos und wir wurden nicht kontrolliert. Wir stehen nun direkt am Meer an der Velika Beach und die Temperaturen sind um einiges angenehmer. Wir bleiben sicher noch einen Moment. Der Lockdown, so haben wir erfahren, ist soeben wieder um zwei Wochen verlängert worden. Nicht weiter tragisch, gibt schlimmeres als im gastfreundlichen und schönen Griechenland zu weilen.


Die neue Gegend erkunden

Durch eine Freundin von Marlene lernten wir Anthousa kennen. Sie leitet das Dive Center in Kalamata. Wir haben zwei spannende Abende mit ihr verbracht und viele neue Insider-Tipps erhalten. Auch durften wir bei ihr warm Duschen und den Strom aufladen, was für ein Segen! Vielen Dank Anthousa.

 

Einkaufen ist in Kalamata ist trotz Lockdown ein grossartiges Erlebnis. Es gibt einen lauten, bunten und gutbestückten Markt, der zweimal in der Woche die Tore öffnet. Marlene hat sogar einen rein veganen Laden gefunden. Der Besitzer konnte sein Glück kaum fassen, denn Marlene kam in den Kaufrausch.

 

Es ist auch eine neue Erkenntnis, dass Marlene immer alle Schränke mit Esswaren vollgestopft haben muss ansonsten ist ihr nicht wohl. 5 Liter Mandelmilch auf Vorrat, Nüsse in Hülle und Fülle sowie Dörrfrüchte. Haferflocken haben wir sicher auch bis in die Türkei dabei. Sie weiss aber exakt was wir vorrätig haben und vermeiden stehts Food Waste.

 

Mittlerweile brechen wir regelmässig die Lockdown Regeln und fahren munter durch die Gegend. So haben wir die Burg von Koroni besichtigt und danach in einer einsamen Bucht einige herrliche Badetage genossen und konnten unseren Vorrat an Thymian und Salbei auffüllen. 


Feiertage

 

Pünktlich zu Heiligabend haben wir uns wieder mit Nadine, Marc und Neo an unserem Stellplatz an der Velika-Beach getroffen um gemeinsam die Feiertage zu geniessen.

 

 

Mittlerweile haben sich die Beiden einen zweiten Hund angelacht. Alma, eine Hundedame, ist äusserst liebenswert und kommt aus der Hundeauffangstation. Es ist für uns Vier eine Bereicherung haben wir uns kennen gelernt. Waren wir doch noch nie solange mit Freunden auf so engem Raum zusammen. Wir werden uns vermutlich auch nicht aus den Augen verlieren in nächster Zeit.

 

 

Bei wunderbar milden Temperaturen haben wir an der Beach ein Käsefondue genossen und später am Lagerfeuer Weihnachtsmusik gehört. Wir hoffen Chris Rea ist mittlerweile angekommen. Allerdings will trotz Musik keine wirkliche Weihnachtsstimmung aufkommen. Wen wunderts bei der Umgebung und den frühlingshaften Temperaturen.


Wasserfälle und grosse Steinmauern

Am kommenden Tag unternahmen wir eine Wanderung zu den Polylimnio und Neda Wasserfällen. Wir können es fast nicht glauben, welche unglaubliche schöne Natur der Peloponnes zu bieten hat und wir sind erst am Anfang. Wir fahren noch am selben Tag zum antiken Messene. Es dunkelt schon eine als wir den Stellplatz oberhalb der Ausgrabungsstätte mit Traumsicht über das ganze Tal erreichen.

 

Messene ist eine antike griechische Polis in Südwesten des Peloponneses. Der Feldherr Epameinondes rief nach dem Sieg über Sparta die vor der spartanischen Herrschaft geflüchteten und weithin verstreuten Messenier zurück und gründete 369 v. Chr. mit ihnen Messene als Hauptstadt des neuen Staates Messenien. Messene hatte noch in der römischen Kaiserzeit einige Bedeutung. Messene wurde erst in den letzten Jahren intensiv erforscht und ist das umfangreichste Ausgrabungsgebiet in Griechenland.


Mysteriöses Kloster

Unsere Weiterfahrt über die Berge führte uns, wie oft, durch kleine und sehr enge Dörfchen, wo wir nur mit grosser Mühe keine Balkone mitgenommen und alle Hausecken stehen gelassen haben. Die Einheimischen helfen uns gerne und dirigieren uns jeweils durch die schmalen Gassen.

 

Das Ziel ist das Meer und wir konnten es schon riechen da erblickte Marlene ein riesiges verwinkeltes Kloster oberhalb eines Olivenhains. Nix wie hin. Der Unimog mussten wir stehen lassen, da wir ohne Motorsäge nicht weitergekommen wären. Wir fragen uns noch wie die Mönche das Kloster erreichen und wie diese mit Nahrungsmittel beliefert werden. Die Fragen wurden beantwortet als wir davorstanden.

 

Was ist da wohl geschehen? Das Kloster ist offen aber muss seit Jahren nicht mehr bewohnt sein. Marlene die gerne Geschichten in etwas hinein interpretiert dachte an die Pest oder Spanische Grippe, wobei so alt ist das Kloster gar nicht. Marlenes Papa sagt am Telefon nur trocken «hat wohl mittlerweile zu wenig Mönche oder Nonnen für die vielen Klöster». Könnte ein Grund sein aber der ist zu unspektakulär also bleiben wir bei der Pestvariante.


Beach Urlaub

Wir wurden in den letzten Tagen zweimal massiv verregnet und wir hoffen am neuen Ort auf etwas Sonne. Wir bringen die klitschnassen Klamotten in der Wohnkabine nicht mehr wirklich trocken und es mieft entsprechend. Was auch bedeutete, dass wir wieder mal waschen sollten.

 

Am neuen Standort stehen wir wie so oft an der Beach. Diesmal sehr nahe am Wasser, mitten im Naturschutzgebiet in der Nähe der berühmten Voidokilia-Beach. In unserem Rücken befindet sich die Gialova-Lagune mit vielen Wasservögeln, welche wir mit den Fahrrädern erkundet hatten. Nebst Fischreiher und Kormoranen gibt es auch viele Flamingos zu bestaunen. Gut hatten wir Fernglas und die Kamera dabei, so konnten wir das Federvieh gut beobachten und fotografieren. 

 

Uns gefiel es so gut, dass wir den Jahreswechsel hier verbrachten. Die wunderschöne Natur, die vielen Sehenswürdigkeiten in Laufdistanz und die Beach mit grossem Stehrevier, ideal zum Kiten, lädt zum Verweilen ein. Die vielen schönen Fotos der Umgebung, die wir über unsere WhatsApp-Gruppe mit Marc und Nadine geteilt hatten, locken unsere deutschen Reisebegleiter an. Plötzlich tauchten sie mit ihrem Bimobil an der Beach auf. So konnten wir den Jahreswechsel zusammen angehen. 


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