Blog #40b, Marlene (März 2025, Argentinien Teil II)

In Appenzell

Als wir schliesslich losfahren, fällt mir eine Tafel mit der Aufschrift «Appenzell» ins Auge – benannt wie die beiden Halbkantone in der Schweiz (Innerrhoden und Ausserrhoden). Neugierig folgen wir dem Weg, parken das Auto auf einer Wiese und laufen los. Bei einem grossen Farmhaus werden wir von laut bellenden Hunden gestoppt – sie nehmen ihren Job ernst. Doch bald erscheint der Besitzer und erklärt uns, dass seine Frau Ursula aus dem Kanton Appenzell stammt. Und da kommt sie auch schon um die Ecke, mit einem herzlichen breiten Lachen im Gesicht.

 

Ursula freut sich ehrlich über unseren unangekündigten Besuch. Kurz darauf sitzen wir bei Lindenblütentee aus dem eigenen Garten und einem Glas Wein zusammen und «verhöckeln». Ursula ist eine weltoffene, warmherzige Frau mit wertvollen Gedanken – ihre Haltung knüpft direkt an unsere morgendlichen Gespräche an. Gäbe es mehr Ursulas auf dieser Welt, wäre unsere Zukunft um einiges heller, und wir könnten friedlich miteinander koexistieren.

 

Danke, Ursula, für die Einkaufstipps und den köstlichen Honig von euren Bienen. Ich werde bald ein Dietética (Reformhaus) aufsuchen und mich mit Vollkornprodukten eindecken. Unser Gespräch hat mich auch dazu inspiriert, dem Käse wieder einmal zu entsagen. Ursula war einst Selbstversorgerin und stellte sogar eigenen Käse her, bis sie eine Käserei besichtigte und erkannte, was Tieren in der Milchwirtschaft zugemutet wird. Seither lebt sie vegan. Ein weiteres Schlüsselerlebnis hatte sie mit Fleisch: Sie fragte sich, wie sie Fleisch essen könne, das andere für sie getötet haben, obwohl sie selbst nie ein Tier geschlachtet hatte. Also griff sie zum Huhn – schlug ihm den Kopf ab, bereitete es zu – und beschloss nach dem Essen, fortan kein Fleisch mehr zu essen. Und daran hält sie sich viele Jahre.

 

Als wir uns nach etlichen Stunden verabschieden, beginnt es wie aus Kübeln zu regnen. Wir fahren direkt weiter in die nächste grössere Stadt – und tätigen zum ersten Mal eine Geldüberweisung via Western Union. Der Wechselkurs ist deutlich besser als bei der Kreditkarte, und die Bankgebühren von bis zu 40 % sind schlicht untragbar. Die Abwicklung verläuft blitzschnell, die erste Transaktion ist sogar kostenlos. Wieder etwas gelernt!

 

Wir fühlen uns weiterhin sehr wohl in Südamerika. Besonders Argentinien wirkt entspannt, freundlich und hat oft einen leicht freakigen Groove – genau mein Ding. Überall stehen bunt dekorierte alte Wohnmobile herum: manche liebevoll gepflegt, andere kaum mehr bewohnbar – und doch wohnen Menschen mit Gelassenheit darin. Einige sind fest an Stränden stationiert, andere kurven durchs Land. Ich durfte ein älteres Ehepaar in ihrem alten Mercedes-Lastwagen besuchen – ganz anders als bei uns, aber genau das macht es so schön. Ich finde, wir passen bestens ins Bild dieser vielfältigen Reisekommune.

 

Viele der alten Busse haben ein zweites Leben als Foodtruck erhalten – darunter einige richtig coole, bei anderen würde ich allerdings lieber nichts essen …


Ruinen von Villa Epecuén

Ein Ort wie kein anderer – Villa Epecuén vereint Geschichte, Natur, Tragödie und Hoffnung auf eindrucksvolle Weise. In den 1920er- bis 1970er-Jahren war die Stadt ein florierender Kurort. Das stark salzhaltige Wasser des Lago Epecuén versprach Linderung bei verschiedenen Leiden – Menschen aus ganz Argentinien und darüber hinaus pilgerten hierher zur Erholung.

 

1985 dann die Katastrophe: Nach heftigen Regenfällen bricht der Damm, der See tritt über die Ufer und überflutet die Stadt – bis zu zehn Meter hoch steht das Wasser über den Häusern. Die Bewohner können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, da sich die Flut langsam ankündigt. Dennoch überleben einige ältere Menschen die Tage nach der Evakuierung nicht – sie sterben an Herzversagen.

 

In den 2000er-Jahren beginnt sich das Wasser zurückzuziehen – langsam, aber stetig. Die Ruinen der Stadt kommen wieder zum Vorschein.

 

Ihr kennt uns – wir lieben Geisterstädte. Früh am Morgen brechen wir auf, begleitet von Millionen Mücken, und erkunden die gespenstische Szenerie. Wir wandern durch zerstörte Strassen, vorbei an verrosteten Autos und verfallenen Häusern. Besonders faszinierend sind die bizarr verdrehten Bäume, die hier in Massen stehen – bleiche Skelette in einer surrealen Landschaft. Durch den aufgeweichten Boden wird das Ganze zu einer ziemlich schlammigen Angelegenheit, aber das schreckt uns nicht ab.

 

Im See tummeln sich unzählige Flamingos, und zwei liebe Streuner leisten uns Gesellschaft – einer begleitet uns sogar zurück zum Auto. Klar gibt’s da ein kleines Dankeschön.

 

Als der Regen wiedereinsetzt, beschliessen wir, die örtliche Therme aufzusuchen. Im angenehm temperierten, heilenden Salzwasser des Lago Epecuén lassen wir die Seele baumeln, verbringen einen entspannten Nachmittag und machen uns erst auf den Weg, als sich der Hunger meldet.

 

Die Landschaft verändert sich zusehends – aus der endlosen Pampa wird sattgrünes Land. Wir sind ehrlich froh darüber, denn die monotone Weite hängt uns allmählich zum Hals heraus. Über die Wiesen ziehen schwarze und braune Rinder, geerntete Sonnenblumenfelder und endlose Maisplantagen ziehen an unseren Fenstern vorbei. Vom Stellplatz aus entdecke ich eine Pflanze, die ich nicht kenne – sie sieht aus wie Soja, was gut möglich ist. Meine Neugier bleibt jedoch ungestillt, denn draussen herrscht eine Mückeninvasion, gegen die selbst unsere Abenteuerlust kapituliert.


Monasterio Benedictino Santa María de Los Toldos

Ein spirituelles und zugleich kulturelles Zentrum ist unser nächstes Ziel: das Benediktinerkloster Santa María de los Toldos. 1948 von Mönchen aus Einsiedeln (ja, genau – dem Kloster Einsiedeln in der Schweiz) gegründet, wurde es 1980 zur Abtei erhoben. Wie in Einsiedeln gibt es hier auch eine Virgen Negra – eine Schwarze Madonna. Die Mönche leben nach der Regel des heiligen Benedikt: «Ora et labora» – bete und arbeite. Uns interessiert heute besonders der zweite Teil.

 

Die Gemeinschaft produziert mit grossem handwerklichem Geschick den berühmten Queso de los curas (Käse der Priester), dazu Dulce de Leche und eigenes Bier. Auch wenn ich dem Käse mittlerweile wiederstehe, freue ich mich umso mehr für Dani, der sicher diversen einkaufen wird.

 

Da heute Sonntag ist, bleibt der kleine Klosterladen geschlossen. Stattdessen folgen wir spontan der Tafel «Museo» – und landen nach ein paar Kilometern beim kleinen Heimatmuseum von Raúl. Der pensionierte Lehrer hat die ehemalige Dorfschule in ein liebevoll gestaltetes Museum für Alltagsgegenstände umgewandelt. Mit offenen Armen werden wir empfangen, umarmt, herumgeführt – Raúl begeistert uns mit Geschichten, Vorführungen und seinem spürbaren Herzblut.

 

Wir tauchen ein in eine andere Zeit – vieles erinnert uns an unsere Kindheit oder an die Einrichtung unserer Grosseltern. Zu alter Musik wirbeln wir lachend durch die Räume und am Ende werden wir sogar noch mit eingemachten Feigen beschenkt. 

 

Übernachten dürfen wir auch hier – direkt vor dem Museum, inmitten von riesigen Soja, Quinoa und Maisfeldern. Die Ernte läuft gerade, und Dani ist fasziniert von den gigantischen Maschinen. Einige davon kosten bis zu 500’000 Euro – kaum zu glauben!

 

Beim gemütlichen Abendessen in unserem «Garten» werden wir schliesslich sogar noch mit selbstgebackenem Kuchen verwöhnt. Was für herzerwärmende Momente, die uns hier geschenkt werden!

 

Am nächsten Morgen, vollgepackt mit Käse, brechen wir auf in Richtung Hauptstadt. Unterwegs decken wir uns nochmals mit kulinarischen Köstlichkeiten ein: Salami, mehr Käse, Honig, Dulce de Leche – diese sündhaft leckere, stundenlang eingekochte Milchzuckercreme mit Natron – Olivenöl und fermentierte Spezialitäten. All das findet seinen Weg in unsere Box – unsere Reise ist auch kulinarisch ein Genuss.


Impfen in Buenos Aires

Wo sollen wir uns nur hinstellen? Buenos Aires ist nicht ohne – eine Stadt mit vielen Einbrüchen und Diebstählen. Sollen wir das Risiko eingehen oder lieber etwas ausserhalb in einer gesicherten Campinganlage übernachten? Letzteres entspricht zwar nicht ganz unserem Stil, aber wir fühlen uns dort einfach sicherer. Ja, wir müssen umdenken. In Asien war das nie ein Thema.

 

Ich möchte hier die Gelbfieberimpfung machen lassen. Sollte eigentlich machbar sein – aber ich stelle mich vorsichtshalber auf eine kleine Odyssee ein. Und genauso kommt es dann auch: Beim ersten Versuch warte ich zwei Stunden, nur um am Ende abgewiesen zu werden. Verstanden habe ich kaum etwas – immerhin wird mir noch irgendwie klar, dass ich mich hätte registrieren müssen. Als Ausländerin kann ich mich jedoch gar nicht anmelden, weil mir eine argentinische Versicherungsnummer fehlt. Frustrierend – ich lerne doch stetig spanisch, aber wenn die Worte so undeutlich und schnell kommen, bin ich einfach chancenlos.

 

Beim nächsten Impfzentrum stehen wir vor einer Ruine. Gut, also auf ein Neues – ich halte euch auf dem Laufenden. Und so kommt es, dass wir – obwohl wir es vermeiden wollten – mitten im Herzen der Stadt parkiert und dort auch übernachtet haben. Nun gut, hoffen wir das Beste.

 

Am nächsten Tag dann die Wendung: Ich komme gerade frisch geimpft zurück – keine grosse Geschichte, kein Drama. Ich werde erwartet, eine Stunde später geimpft, bekomme noch eine Umarmung obendrauf und werde als «grosse Liebe» des Mitarbeiters verabschiedet. Buenos Aires kann eben auch anders.


Zwischen Tango, Vergangenheit und urbanem Leben

Ich mache meine Runde durch den Dietética (Südamerikanisches Reformhaus) und schwebe im siebten Himmel. Endlich darf ich wieder vieles auffüllen – in guter Bioqualität: Tofu, Getreide, Nüsse und alles, was das vegetarische Herz für eine eiweissreiche Ernährung begehrt. Jetzt kann ich wieder Keimen, Backen und mich kulinarisch kreativ ausleben. Danke, Ursula – dein Tipp war Gold wert, und ich habe ihn bereits mehrfach an andere Reisende weitergegeben.

 

Gut gelaunt machen wir uns auf den Weg zum Campingplatz, der sich am anderen Ende der Stadt befindet. Eine Stunde später treffen wir dort ein und werden herzlich empfangen – vom Besitzer und einem jungen Paar aus Winterthur, unweit von Zürich. Die Chemie stimmt sofort, und wir verbringen einen langen, inspirierenden Abend zusammen.

 

Demi und Raffi arbeiten beide im Gesundheitswesen und engagieren sich auch ausserhalb des Berufs sozial – es ist einfach schön, solch engagierte junge Menschen kennenzulernen. Es macht Hoffnung, dass noch nicht alles verloren ist. Liebe Demi, du weisst: Meine Stimme hast du! Go for it… por favor 😊.

 

Der sportliche Start in den Tag, fällt heute aus – ich komme einfach nicht richtig in Gang. Also nehmen wir gemeinsam mit Raffi und Demi ein Uber ins Zentrum von Buenos Aires. Freunde von ihnen haben hier eine Wohnung für sie zur Verfügung gestellt – und das im für mich schönsten Viertel der Stadt: San Telmo. Dieses Quartier sprüht vor Leben und Überraschungen. San Telmo ist das Buenos Aires der Vergangenheit: Kopfsteinpflaster (mit dem Velo eher mittelmässig charmant), koloniale Fassaden und Antiquitätenläden erzählen vom einstigen Glanz. Mitten im Trubel entdecken wir das Café Federal, eines dieser altehrwürdigen bares notables, wie es sie nur in Buenos Aires gibt: dunkles Holz, hohe Decken, Marmortische, viel Patina – als wäre die Zeit stehen geblieben.


Palermo – jung, kreativ, kontrastreich

Das Kontrastprogramm zu San Telmo finden wir in Palermo. In den Untervierteln wie Soho und Hollywood herrscht ein urbaner, junger Vibe. Streetart, vegane Cafés, internationale Boutiquen und trendige Bars prägen das Strassenbild. In farbenfrohen Kulissen posieren gestylte Frauen für professionelle Fotos. Zum ersten Mal sehen wir hier brasilianische Frauen mit operierten Gesässen – prall, rund und waagrecht abstehend. Für mich wirkt das eher unpraktisch als ästhetisch – aber hey, gefallen muss es ja nicht mir.


La Boca – Farbe, Kunst und Fussballfieber

La Boca zählt zu den bekanntesten Vierteln der Stadt – mit seinen knallbunten Wellblechhäusern, Tangotänzern, Kunstständen und Souvenirshops wirkt es fast ein wenig inszeniert. Doch trotz des touristischen Charmes ist der Stolz auf die Arbeitertradition spürbar. Und La Boca ist auch Heimat des legendären Fussballclubs Boca Juniors, gegründet 1905 von italienischen Einwanderern. Hier begann die Karriere vieler grosser Spieler – allen voran Diego Maradona, der für die Fans fast eine Heiligenfigur ist. Das Stadion La Bombonera ist das ikonische Wahrzeichen des Viertels, an Spieltagen tobt hier das Leben. Selbst ausserhalb der Hauptgassen ist alles in Blau-Gelb gestrichen. Als wir weiter in den Stadtteil vordringen, landen wir plötzlich in weniger sicheren Gegenden – inmitten von Obdachlosen und Spuren städtischer Armut. Eine ältere Frau spricht uns eindringlich an: Wir sollten uns hier nicht länger aufhalten. Das sehen wir genauso – wir radeln schleunigst zurück auf eine belebte Hauptstrasse.


Cementerio – mystische Ruhe unter Zypressen

Eine Oase der Stille finden wir auf dem grössten Friedhof Argentiniens. Monumental und menschenleer radeln wir zwischen Mausoleen, Statuen und historischen Gräbern umher. Hier liegt Carlos Gardel, die grosse Tangolegende, begraben. Uralte, teils verfallene Mausoleen gewähren Einblick in ein anderes Zeitalter – stellenweise schaurig, fast wie eine Filmkulisse. Die Grabstätten erzählen Geschichten aus über hundert Jahren argentinischer Geschichte. Evita Perón, die Hoffnungsträgerin der descamisados, der «Hemdlosen», ruht zwar auf einem anderen Friedhof – aber ihr Name, ihr Gesicht, ihre Geschichte sind überall präsent. Sie bleibt Ikone, Wohltäterin und First Lady zugleich. Der Song Don't Cry for Me, Argentina aus dem Musical Evita lebt weiter – genau wie ihr Vermächtnis.


Casa Rosada & Teatro Colón – Macht, Kultur und Kontraste

Das politische Herz Argentiniens schlägt auf der Plaza de Mayo – mit der Casa Rosada, dem rosa Präsidentenpalast. Die Polizeipräsenz ist massiv und demonstrativ. Kein Wunder: Hier finden regelmässig Demonstrationen statt. Rentner kämpfen um ihre Pensionen, und dabei treffen nicht selten Gehstöcke auf Schlagstöcke. Heute, an Karfreitag, ist es ruhig – und das passt gut zu unserer Stimmung.

 

Nur wenige Strassenzüge weiter steht das prachtvolle Teatro Colón. Eine Führung hätte sich sicher gelohnt, doch wir sind erschöpft – und hungrig. Wir strampeln kräftig in die Pedale, denn wir sind im Café Federal mit Demi, Raffi und Benjamin verabredet. Demi und Raffi kennt ihr ja bereits. Benjamin haben wir in Georgien kennengelernt – ein Wiedersehen, das uns besonders freut. Unsere Wege kreuzten sich später in Pakistan und Nepal immer wieder.

 

Der Abend ist ein Geschenk – voller spannender Gespräche, feinem Essen und exzellentem Wein. Es wird spät, sehr spät, bis wir wieder aufbrechen. Demi, die Gute, schenkt mir zum Abschied noch Wasserkefir – eine Kostbarkeit, die sie in einem Dietética gefunden hat. Ich musste meinen eigenen Vorrat damals schweren Herzens vor der Verschiffung entsorgen.

 

Übrigens: Das Lokal war bis auf den letzten Platz besetzt. Von der wirtschaftlichen Krise war hier nichts zu spüren – vielleicht, weil Orte mit so viel Seele und Qualität auch in schwierigen Zeiten bestehen können.


Papst Franziskus – von Buenos Aires in die Welt

In der Nacht, als wir Argentinien verlassen, erreicht uns die Nachricht vom Tod des Papstes. Für viele Argentinier war er El Papa del Pueblo – der Papst des Volkes. Die Welt trauert, und auch für mich ist das ein Moment des Innehaltens – Anlass genug, ein paar Gedanken über einen aussergewöhnlichen Menschen mit euch zu teilen.

 

Jorge Mario Bergoglio wird in einem einfachen Arbeiterviertel in Buenos Aires geboren. Er ist der erste Papst aus Lateinamerika – und der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri. Aufgewachsen als Sohn italienischer Einwanderer, arbeitet er zunächst als Chemietechniker und sogar als Türsteher in einem Nachtclub, bevor er seinen Weg im Glauben findet.

 

 

Als Erzbischof ist er für seine Bescheidenheit bekannt: Er lebt in einer kleinen Wohnung, fährt mit Bus und Metro und nimmt sich Zeit für die Armen, Ausgegrenzten und Vergessenen. Ein Mann, der nicht Macht, sondern Menschlichkeit ins Zentrum stellte.


Buenos Aires – lebendig, widersprüchlich, unvergesslich

Hinter uns liegen intensive Tage in einer absolut empfehlenswerten, lebendigen Stadt. Wer weiss – vielleicht kehren wir eines Tages zurück. Es gäbe noch so viel zu entdecken.

 

Wir verlassen Buenos Aires später als geplant, verpassen die Fähre nach Uruguay – und entscheiden uns, den Landweg zu nehmen. Zeit haben wir ja genug.

 

Adiós, Argentina – wir kommen wieder, bestimmt.

Deutsche Namen in Südamerika

Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrieren zehntausende Deutsche nach Südamerika – allein in Argentinien sollen es zwischen 30’000 und 40’000 gewesen sein. Unter ihnen befinden sich auch einige hundert ehemalige Nationalsozialisten, die der Strafverfolgung entgehen wollen. Viele fliehen über sogenannte «Rattenlinien», oft mit Unterstützung aus dem Umfeld der katholischen Kirche, auch nach Paraguay, Brasilien, Uruguay, Bolivien und Chile.

 

Berüchtigte Namen tauchen dabei immer wieder auf:

• Adolf Eichmann, Hauptorganisator des Holocausts, lebt jahrelang unter falschem Namen in Argentinien, wird vom Mossad entführt und 1962 in Israel hingerichtet.

• Josef Mengele, der «Todesengel von Auschwitz», entgeht der Justiz. Er stirbt 1979 bei einem Badeunfall in Brasilien.

• Klaus Barbie, der «Schlächter von Lyon», wird schliesslich aufgespürt und stirbt 1991 in einem französischen Gefängnis.

Auch heute begegnen wir deutschsprachigen Argentiniern, die die Sprache über Generationen weitergegeben haben – und deutsche Nachnamen sind vielerorts sichtbar.

Dies & Das aus Argentinien

  • Lionel Messi und Che Guevara stammen beide aus Rosario, einer der grössten Städte Argentiniens.
  • Diego Maradona, der Fussball-Gott mit der «Hand Gottes», wird in Lanús bei Buenos Aires geboren.
  • Auf Lebensmitteln sind Fett-, Salz und Zuckergehalt prominent deklariert. Verpackte Produkte, bei denen der Inhalt nicht einsehbar ist, entpuppen sich oft als Mogelpackung – der Inhalt hat selten etwas mit dem Bild auf der Verpackung zu tun.
  • Mate-Tee ist hier allgegenwärtig. Aus getrockneten Blättern des Mate-Strauchs wird ein kräftiger, bitterer Tee zubereitet, den man mit heissem Wasser übergiesst und durch eine Bombilla – ein Metallröhrchen mit Sieb – aus einer Kalebasse trinkt. Ob morgens, im Park oder im Bus – geschlürft wird immer.
  • Der "Blue Dollar" ist ein inoffizieller, aber alltäglicher Teil der argentinischen Wirtschaft. Der Schwarzmarkt-Wechselkurs liegt oft weit über dem offiziellen, weshalb Einheimische wie Touristen ihre Devisen häufig auf der Strasse tauschen. Klingt schräg – ist aber in dieser Dauerkrise für viele überlebensnotwendig. (Tipp: SRF International Podcast)
  • Auf den Strassen kurven auffällig viele alte, rostige Fahrzeuge. Wir entdecken aber auch liebevoll erhaltene Ford, Renaults, und sogar Fiat 500 in allen Farben. In Europa würde man mit den defekten, rostigen Wagen wohl direkt den Führerausweis verlieren – hier gehören sie charmant zum Strassenbild.

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